Ein Cottage zum Verlieben: Roman (German Edition)
und achte auf jedes Schlagloch. Zur Feier des Tages habe ich meine neue Strickjacke angezogen; ich liebe die purpurroten Häkelblüten! Innerlich hatte ich zuerst mit mir gerungen, ob ich die Jacke ausziehen sollte oder nicht, doch jetzt – mit dem Kuchen in der Hand – habe ich keine andere Wahl mehr, als sie anzulassen.
Hannelore erzählt von ihrer neuen Buchidee mit dem Thema ›Die Macht der Uniform‹. Ich nicke immer wieder, doch insgeheim denke ich über etwas völlig anderes nach. Wenn mir eine Freundin diese Jacke geschenkt hätte, weil sie weiß, dass ich mir etwas so Teures nicht leisten kann, hätte ich kein so schlechtes Gewissen. Oder? Diese Frage geht mir auf dem Weg zu Charlotte wie eine innere Gerichtsverhandlung immer wieder durch den Kopf.
An einem Gartentisch entdecke ich Adi und die Mädchen. Für den Bruchteil einer Sekunde bin ich mir nicht sicher, ob ich sie überhaupt sehen will. Denn nach nur einem einzigen Tag in London habe ich ein recht fremdes Gefühl und brauche erst ein paar Minuten, um mich wieder zu sammeln. Natürlich will ich sie sehen! Doch allein schon diese Gedanken bereiten mir ein ganz schlechtes Gewissen. Dabei habe ich doch gar nichts Falsches getan, rede ich mir immer wieder ein. Oder etwa doch? Wie hätte ich etwas Falsches tun können? Immerhin war ich doch den ganzen Tag lang von Hannelore umgeben.
»Unsere Ehrengäste sind eingetroffen!«, ruft Charlotte, gibt mir zur Begrüßung ein Küsschen auf die Wange und schüttelt Hannelore die Hand. »Setzen Sie sich doch hierher, Edward wird Ihnen einen Teller von unserer selbstgekochten Möhren-Koriander-Suppe bringen.«
»Mummy! Mummy!«, jubeln die Mädchen. »Wir hatten heute so viel Spaß bei Charlotte! Wir haben ihr dabei geholfen, die Suppe zu kochen. Und dann war Daddy noch mit uns bei René, wo wir eine Pavlova-Torte gebacken haben!«
»Das klingt ja nach einem mächtig tollen Tag!«, stelle ich fest. »Hat denn auch jemand von euch daran gedacht, mit Prada Gassi zu gehen?«
»Das stand nicht auf deiner Liste«, erwidert Adi todernst, als sei dieser Tag zuhause für ihn wie ein gewöhnlicher Arbeitstag gewesen.
Ich mustere Lilly, der Prada eigentlich gehört. Die Arme – sie sieht aus, als würde sie jeden Moment in Tränen ausbrechen. »Tut mir leid, das habe ich vergessen«, druckst sie und starrt auf den Esstisch hinunter.
»Es war gar nicht deine Aufgabe, daran zu denken, meine Süße«, entgegne ich und lächele sie an.
»Aber ich habe ihr Futter gegeben«, fährt sie fort. Gott sei Dank – wenigstens einer scheint bei uns zuhause eigenständig denken zu können!
»Wie war es in London?«, erkundigt sich Adi, ohne sich auch nur mit einem Wort dafür zu entschuldigen, Pradas Gassirunde – oder gar ihr Futter – vergessen zu haben. »Neue braune Strickjacke?«, fragt er dann aber mit hochgezogenen Augenbrauen.
»War reduziert«, erwidere ich und habe mit einem Mal ein so schlechtes Gewissen, dass ich gar nicht eingeschnappt entgegne, dass die Strickjacke rot und nicht braun ist. Adi kann schließlich nichts dafür, dass er farbenblind ist und die Welt nicht wie ich in ihren vielen schönen Farbtönen wahrnehmen kann.
Glücklicherweise findet unser Gespräch durch die Ankunft von Liz und ihrer Familie ein jähes Ende. Sofort tauschen wir alle unsere Plätze. Adi und Mark unterhalten sich lebhaft über irgendwelche Yogahaltungen, während die Mädchen endlich gleichaltrige Spielkameraden haben, mit denen sie sich beschäftigen können.
Ich setze mich zu Liz. »Bald habe ich Declan so weit, dass er vorbeikommt«, stellt sie fest.
»Declan?«
»Tut mir leid, das muss ich vielleicht erklären. Er ist einer der besten Fotografen in der Branche. Du kennst ihn schon, er hat die Fotos bei Hannelores Buchpräsentation gemacht. Ich konnte ihn dazu überreden, ein Fotoshooting für einen Artikel über deine Handarbeiten zu machen. Hast du eigentlich schon einen Namen für deine Sachen? Ich kann sie ja wohl kaum immer nur ›Handarbeiten‹ nennen.«
Ich schüttele den Kopf. Daran arbeite ich noch.
Kapitel 41
Pekingstich – Der Pekingstich ähnelt dem umschlungenen Vorstich. Zuerst wird eine Reihe von Rückstichen genäht. Danach wird jeder Rückstich mit einem zweiten – eventuell andersfarbigen – Garn durch eine Schlaufe mit dem nebenliegenden Rückstich verbunden.
Kaum zu fassen, dass das Interview mit Liz über meine Geschäftsidee mit den Handarbeiten tatsächlich stattfinden soll – und zwar
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