Ein Cottage zum Verlieben: Roman (German Edition)
gerade wegen ihrer Möhren-Koriander-Suppe durch. Und Renés Pavlova wird vermutlich dann auch nur aus Baiser und Sahne bestehen. Laura, das sind alles erwachsene Leute. Das müssen sie unter sich klären.
Erfrischt verlasse ich die Waschräume und habe das Gefühl, in meinem Kimono zum Museumsshop zu segeln. Doch von Hannelore und Juneko ist weit und breit nichts zu sehen. Chris dagegen ist vollkommen von den Kopien alter osteuropäischer Designs in Beschlag genommen.
»Wir sollten uns lieber die echten Ausstellungsstücke in der Galerie ansehen gehen, meinst du nicht? Diese Duplikate sind wahrscheinlich in China hergestellt worden«, stelle ich fest.
Er lächelt mich verschmitzt an. »Die ganze Welt ist made in China .«
Ich habe Chris wirklich gern. Dabei habe ich keine Ahnung, warum. Seinen Auftritt im College habe ich ihm ebenso schnell verziehen wie seine Eitelkeit. Es macht einfach nur Spaß, mit ihm zusammen zu sein, außerdem denkt er über viele Dinge genau wie ich. Plötzlich entdecke ich eine wunderschöne scharlachrote Häkeljacke und bleibe bewundernd vor ihr stehen.
»Die würde dir gut stehen«, erklärt Chris. »Sie würde deinen Kimono perfekt abrunden und aus ihm etwas Neues entstehen lassen.«
»Ich hätte in die Handtaschen eine zusätzliche kleine Tasche mit Reißverschluss für das Portemonnaie nähen müssen. Ein kleiner Fehler im Design, den ich ausbügeln sollte«, murmele ich, während ich in meiner Handtasche nach dem Portemonnaie suche. Dann überlege ich es mir jedoch noch einmal; weder kann ich es mir leisten noch irgendwie rechtfertigen, teure Designerstücke zu kaufen.
Als ich aufschaue, entdecke ich Hannelore, die uns vom entgegengesetzten Ende des Museumsshops verzweifelt zuwinkt. Neben ihr, ganz folgsam, steht Juneko. Manchmal frage ich mich wirklich, was Juneko wohl von uns allen hält. Aber es ist unwahrscheinlich, dass sie es mir jemals verraten wird – dazu ist sie einfach zu höflich. Da ist sie ganz anders als Hannelore, die, nach ihrer Meinung über uns befragt, gern frank und frei die Wahrheit berichten würde und uns alle Fehler und Schwächen vor Augen halten würde.
»Laura, ich glaube, wir ungezogenen Kinder werden gerade von Hannelore herbeizitiert«, kichert Chris.
Schnell folgen wir Hannelore zu einem abgesperrten Restaurant, das aus drei Räumen besteht. Ich sehne mich danach, mich hinzusetzen und genüsslich einen Drink zu schlürfen. Doch erst da merke ich, dass – wie für die Wanderausstellung »Stoffe der Gesellschaft« – die alten Erfrischungsräume, genauer gesagt der Gamble-, der Poynter- sowie der Morris-Room, exklusiv für uns Gäste abgesperrt sind.
»Ich glaube, wir sollten dieses Bibelzitat hier für die Buddhisten übernehmen«, erklärt Chris und betrachtet ein Fliesenfries, bevor er dann vorliest: »Ist’s nun nicht besser für den Menschen, dass er esse und trinke und seine Seele guter Dinge sei bei seinem Mühen?«
Es gibt jedoch keine Sitzplätze. Vielleicht wird da mein Alter deutlich, weil ich bei einem Empfang gern einen Sitzplatz hätte. Stattdessen stehen wir uns nun mit den Reichen und Berühmten die Beine in den Bauch. Ich lächele einen der hübschen Kellner an. Seine weiße Uniform passt hervorragend zu dem nüchternen Weiß und dem vielen Chrom des Cafés. Die lange weiße, gestärkte Schürze gefällt mir besonders gut; sie erinnert mich an die Pariser Cafés und die dort arbeitenden professionellen Kellner, anstelle der Studenten mit zahllosen Nebenjobs und überqualifizierten Arbeiter mit Migrationshintergrund, die es hier gibt.
Der hübsche Kellner legt eine Hand auf den Rücken und schenkt dann mit ausgestrecktem Arm noch einmal Champagner in mein Glas nach. Du meine Güte, es scheint eine Ewigkeit her zu sein, seit ich das letzte Mal bei einer Veranstaltung wie dieser gewesen bin! Mein Blick fällt auf das Schildchen mit seinem Namen, der aus lauter unaussprechlichen polnischen Ws, Ys und Zs zu bestehen scheint. Bevor ich dem jungen Mann danken kann, ist er jedoch schon wieder weitergelaufen. Er hätte ja wohl wenigstens einmal kurz lächeln können! Oder habe ich etwa meine besten Tage schon hinter mir? Früher haben mich Männer immer angelächelt oder eine Sekunde lang ihren Blick auf mir ruhen lassen. Manchmal wünscht man sich, dass Fremde ein zweites Mal zu einem hinschauen, damit man weiß, dass man noch im Rennen ist. Ich gehöre doch wohl noch nicht zu der Gruppe der Frauen, die man übersieht, oder etwa
Weitere Kostenlose Bücher