Ein delikater Liebesbrief
falls ich nicht sehr irre, brauchen Sie meine Mitgift dringend für den Unterhalt Ihrer Schwestern. Jedenfalls habe ich das so verstanden.«
Sie wartete zitternd. Würde er nun vor Zorn in die Luft gehen, oder … oder …
Er grinste ironisch.
Henrietta fuhr tapfer fort. »Sie wissen ja, dass Lady Rawlings’ Kind durchaus ein Knabe werden kann. Es mag bloßes Gerede sein, aber es heißt, dass der Besitz Ihres Vaters …«
»Er hat nichts eingebracht«, fiel er ihr ins Wort. »Die Klatschmäuler haben recht, was die Spielschulden meines Vaters betrifft.«
»Sie müssen also heiraten«, schloss Henrietta und schaute ihn an. »Sie haben gar keine andere Wahl.«
»Wenn ich ein Mitgiftjäger wäre, hätte ich mir gern selber die reiche Erbin ausgesucht.«
»Englische Gentlemen heiraten häufig, um der Schuldenfalle zu entkommen«, sagte sie mit diesem gewissen ironischen Ton, der viele ihrer Folgerungen auszeichnete. »Sie hätten wahrscheinlich die Tochter eines Kaufmannes heiraten müssen.«
Darby zuckte die Achseln. »Sie haben absolut recht, Mylady. Ich hätte tatsächlich außerhalb meiner gesellschaftlichen Klasse heiraten müssen. Doch immerhin hätte ich mit dieser Frau schlafen können.«
Das brachte Henrietta zum Schweigen.
»Der wichtigste Punkt, in dem die Gerüchte irren, betrifft meine finanzielle Lage«, bemerkte er leichthin. »Ich bin ungefähr doppelt so viel wert wie der gesamte Besitz Ihres Vaters.«
Sie starrte ihn mit offenem Mund an.
»Ich besitze eine Spitzenmanufaktur«, fuhr er leise fort. »Hätten Sie für Ihre neue Kutsche eine Spitzenbordüre bestellt, so hätte ich das Gewünschte geliefert. Die Spitze ihres Schultertuchs ist unzweifelhaft von mir importiert worden und die Spitze am Pompadour Ihrer Stiefmutter ist in einer Fabrik in Kent gefertigt worden, die zufälligerweise mir gehört.«
»Aber niemand weiß davon … Esme hat keine Ahnung!«
Diese Bemerkung schien nicht zur Sache gehörig, dennoch nickte er. »Das stimmt. Ich habe es nie vorteilhaft gefunden, meinen Reichtum zur Schau zu stellen. Alle Welt nahm an, dass mein Onkel mir ein Taschengeld gezahlt hat. Stattdessen habe ich in den letzten fünf Jahren meinen Onkel unterstützt.«
»Das ändert natürlich alles«, sagte Henrietta nachdenklich. Entschlossen reckte sie ihr Kinn in die Höhe. »Ich werde meiner Stiefmutter sagen, dass ich nicht kompromittiert bin, und ich werde ihr auch gestehen, dass ich den Brief selbst verfasst habe. Sie haben recht: Dann wird sie unverzüglich ihre Forderung zurücknehmen, dass Sie mich heiraten müssen.«
Darby schwieg und schaute in ihr kleines spitzes Gesicht. Wie konnte eine Frau, die so zart wirkte, zugleich so furchtlos sein? Er kannte Frauen, die aussahen wie Feldwebel und doch so schwach waren wie neugeborene Kätzchen. Es war auf seltsame Weise erotisch, einer Frau gegenüberzusitzen, die zwar wie ein Kätzchen aussah, aber die Kühnheit eines Offiziers besaß.
Henrietta erhob sich. »Ich gehe sofort zu ihr. Ich muss Sie wirklich um Verzeihung bitten, Mr Darby.«
Er stand gar nicht erst auf, streckte nur die Hand aus und zog sie wieder zurück auf ihren Platz. »Sie haben vermutlich recht. Ich bin wütend … aber ich werde es überleben.«
»Darum geht es nicht. Wenn Sie mein Vermögen brauchen würden so wie ich Ihre Kinder, wäre es ein fairer Handel. Doch es gibt keinen Grund für Sie, zu heiraten, da Sie doch genug eigenes Geld besitzen. Sobald die Saison beginnt, oder vielleicht auch schon früher, werden Sie eine Mutter für Josie und Anabel finden. Eine Frau, mit der Sie, wie Sie sagen, auch schlafen können.«
»Ich möchte Ihnen einen anderen Handel vorschlagen«, sagte Darby. »Meine Kinder gegen …«
»Ich habe im Gegenzug nichts anzubieten«, erklärte Henrietta ruhig. Wieder rang sie die Hände im Schoß. »Ich kann keinen Antrag annehmen, durch den Sie so viele für Sie wichtige Dinge einbüßen würden.«
Plötzlich schlug ihr Herz hart gegen ihre Rippen. Seine Augen hatten sich wieder verdunkelt. Gefahr , dachte sie. Gefahr . Doch es war eine Gefahr ganz anderer Art.
Darby fuhr mit seinem ausgestreckten Finger zärtlich über ihre klare Stirn, ihre zarte Nase … und hielt inne. An ihren Lippen.
»Ich glaube«, begann er mit einer Stimme, die nicht länger ausdruckslos klang, »das Problem besteht darin, dass ich verrückt werden würde, wenn ich dich heirate.«
Sie erbebte.
Sein Finger strich ein wenig zitternd über die Wölbung ihrer
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