Ein delikater Liebesbrief
Unterlippe.
»Verstehst du, was ich meine?«
Sie keuchte leise. Der Finger drückte nun ihr Kinn hoch und zwang sie, Darby in die Augen zu schauen. Sie bekam eine Gänsehaut.
»Es ist unmöglich, dass Sie das … für mich fühlen!«, stieß sie hervor.
»Ach ja? Warum denn nicht?«
Sein Finger zeichnete eine brennende Spur ihren Hals hinunter.
»Ich glaube, du willst damit sagen, dass ich dies nicht fühlen sollte . Und das sollte ich in der Tat nicht.« Dennoch neigte er sich näher. Sie roch ihn, seinen sauberen männlichen Duft. Plötzlich nahm er die Hand von ihrem Hals und legte sie um ihren Hinterkopf.
»Du meinst also, ich sollte solche Gefühle nicht haben … warum?«
Henriettas Mund stand offen und sie sprach in einem atemlosen Tonfall, für den sie sich verachtete. »Weil … weil ich hinke.«
»Wohl wahr.« Sie war so zauberhaft, so unberührt, so rein .
Er musste sie in diesem Zustand belassen.
Sie würde immerhin sein Kindermädchen sein, verflixt noch eins! Dienstboten pflegte er in Ruhe zu lassen.
Eine schwache Ausrede.
Henrietta hatte die schönsten Lippen, die er je gesehen hatte: Wohlgeformt und voll, bettelten sie förmlich darum, geküsst zu werden. Eigentlich flehte ihre ganze hübsche Person darum, geküsst zu werden. Das Teuflische daran war, dass er sich soeben für ein Jahrhundert der Sehnsucht an sie gebunden hatte. Er würde seine Frau, seine eigene Ehefrau, mit einer gesteigerten Begierde beobachten, die ihn bei lebendigem Leib verbrennen würde.
Ohne einen weiteren Gedanken daran zu verschwenden beugte Darby sich über sie und legte seine Lippen auf ihren Mund. Für einen kurzen Augenblick gelang es ihm noch, seinen Verstand beisammenzuhalten. Auf ihren Lippen schmeckte er Überraschung. Sie saß ganz still, wie sie es stets tat, wenn sie fürchtete, zu fallen und sich zum Gespött zu machen.
Um ihr zu helfen, sich zu entspannen, ließ er seine Hand ihren Rücken hinabgleiten. Ihr Rücken war wie der Flügel eines Vogels: schlank, zerbrechlich und wunderbar elegant geschwungen. Darby ließ seine große ruhige Hand dort ruhen, so konnte sein kleiner Vogel nicht fortfliegen.
Dann begann er, sie ernsthaft zu küssen, und ließ jeden vernünftigen Gedanken fahren.
Sie öffnete den Mund, hieß ihn willkommen. Darby hatte ihr eigentlich eine Lektion erteilen wollen. Doch nun öffnete Henrietta ihren Mund, als ob sie ihn begehrte, als ob die Wellen des Begehrens im gleichen Maße über ihr zusammenbrachen wie über ihm.
Ihre Zungen trafen sich. Elektrisierende Hitze schoss sein Rückgrat entlang.
Henrietta keuchte an seinem Munde. Die Hitze bündelte sich in seinen Lenden, das Blut rauschte in seinen Ohren. Er nahm ihren kleinen Mund in Besitz, als wäre dieser eine Welt, die erobert werden müsste. Sie ließ ihn gewähren … und wie! Sie stöhnte. Er schmeckte ihr Stöhnen auf seiner Zunge.
Sie keuchte und er stahl ihren Atem mit seinem Mund.
Er schmolz in einer siedenden Woge der Lust dahin, verspürte ein drängendes Verlangen, sie zu schmecken, zu berühren. Er spreizte seine Hand auf ihrem Rücken. Sie war nicht gegen ihn gesunken, wie es Frauen bei dieser Art Kuss zu tun pflegten. Nein, Henrietta saß immer noch aufrecht wie eine Statue.
Doch ihr Atem ging rasch, in kleinen Stößen. Sie hielt die Augen geschlossen und doch saß sie einfach nur da, ohne ihn zu berühren. Immer noch hielt sie die Hände im Schoß gefaltet.
»Henrietta«, sagte er.
Langsam öffnete sie die Augen. Sie hatten die Farbe des Abendhimmels, verschleiert vor Verlangen.
»Leg deine Arme um meinen Hals.«
Sie blinzelte und schaute auf ihre Hände, als hätte sie deren Existenz vergessen.
»Natürlich«, murmelte sie. Endlich hob sie ihre Arme und schlang sie wie befohlen um seinen Nacken. Ihr Rücken war so schlank, dass er die Bewegungen darin spürte.
Dann schaute sie ihm gerade in die Augen.
Verwerflich waren sie, die Wünsche, die er hegte. Nie hatte er eine Frau so sehr begehrt. Selbst wenn er in ihrem Blick versank, konnte er ihr Gesicht, ohne zu zögern, beschreiben: eine schmale Nase, die klügsten Augen, die er je bei einer Frau gesehen hatte, zierlich geschwungene Augenbrauen und tiefrote Lippen. Ihre Haut war normalerweise porzellanweiß, doch nun erblühte auf jeder Wange eine Rose.
»Ich habe ein …«, platzte sie heraus und verstummte jäh.
Er küsste sie auf die Nase, auf die Augen. »Du raubst mir den Verstand«, sagte er. »Das ist das Schlimme daran, Henrietta. Ich
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