Wächter der Macht 04 - Exil
1.
AUSSERHALB DES CORELLIANISCHEN WELTRAUMS, STERNENZERSTÖRER ANAKIN SOLO
Es war nicht so sehr Schuld, was Jacen Nacht für Nacht wach hielt. Vielmehr war es das Wissen darum, dass er sich eigentlich schuldig fühlen sollte, es jedoch nicht wirklich tat.
Jacen lehnte sich in einem Sessel zurück, der bequem genug war, um darin zu schlafen, das Leder so weich wie Butter, und schaute zu den Sternen hinaus.
Die Schutzschilde waren vom übergroßen Sichtfenster seines Privatbüros zurückgefahren, und die Kammer selbst war dunkel, was ihm einen freien Blick auf den Weltraum verschaffte.
Sein Büro befand sich an Backbord des Schiffs; der Bug war zur Sonne Corell hin ausgerichtet, das Heck wies nach hinten, in Richtung Coruscant, sodass er Commenor, Kuat, den Hapes-Sternenhaufen und die lange perlemianische Handelsstraße vor sich hatte... Gleichwohl, er versuchte nicht, diese Sterne einzeln auszumachen. Astronomie war eine lebenslange Beschäftigung für Leute, die ihre gesamte Existenz auf einem einzigen Planeten zubrachten. Um wie viel schwieriger mussten solche Studien für jemanden wie Jacen sein, der sein ganzes Leben lang von Stern zu Stern gereist war?
Er ließ seine Augenlider sinken, doch sein Verstand raste, so wie er es jeden Tag tat, seit er und sein Kampfverband Königinmutter Tenel Ka vom Hapes-Konsortium vor einem Aufstand gerettet hatten, angestiftet von verräterischen hapanischen Adeligen, die von einer corellianischen Flotte
unterstützt worden waren.
Inmitten all dieser Ereignisse hatte Jacen in dem Glauben, dass Han und Leia Solo an dem Putschversuch beteiligt gewesen waren, den Befehl erteilt, die LangstreckenTurbolaser der Anakin Solo gegen den Millennium Falken einzusetzen. Später waren ihm zwingende Indizien dafür zu Ohren gekommen, dass seine Eltern keinen Anteil an dieser Verschwörung gehabt hatten.
Aber wo waren dann die Schuldgefühle? Wo blieb das Entsetzen, das er darüber hätte empfinden müssen, dass er versucht hatte, seinen Vater und seine Mutter zu töten? Was für ein Vater konnte er Allana sein, wenn er imstande war, dergleichen zu tun, ohne Reue zu verspüren?
Er wusste es nicht. Er war sich sicher, dass ihm der Schlaf so lange versagt bleiben würde, bis er eine Antwort darauf fand.
Hinter seinem Sessel erwachte mit dem charakteristischen Zzsssch ein Lichtschwert zum Leben, und mit einem Mal war das Büro in blauem Licht gebadet. Jacen war auf den Beinen, bevor die Klinge des Eindringlings auch bloß komplett ausgefahren war. Sein eigenes Lichtschwert in der Hand, aktivierte er mit dem Daumen die Klinge und vollführte mit seiner freien Hand eine Geste, um mittels der Macht seinen Sessel aus dem Weg zu befördern.
Als der Weg frei war. konnte er einen Blick auf den Eindringling werfen - sie war so klein, dass der Sessel sie bis auf die Spitze ihrer glühenden Waffe vollends verdeckt hatte.
Auf der anderen Seite des Tisches stand seine Mutter, Leia Organa Solo. Sie war allerdings nicht mit ihrem eigenen Lichtschwert bewaffnet. Das erkannte Jacen am Griff des Schwerts, an der Farbe seiner Klinge. Es war das Lichtschwert, das Mara Jade Skywalker so viele Jahre lang getragen hatte.
Luke Skywalkers erstes Lichtschwert. Analem Skywalkers letztes Lichtschwert.
Leia trug braune Jedi-Gewänder, und ihr Haar fiel lose herunter. Sie hielt ihr Lichtschwert im Zweihandgriff, bereit zuzuschlagen.
»Hallo, Mutter.« Der Zeitpunkt schien eine förmlichere Anrede als Mom zu erfordern. »Bist du gekommen, um mich zu töten?«
Sie nickte. »Das bin ich.«
»Bevor du angreifst - wie bist du an Bord gelangt? Und wie bist du in dieses Büro gekommen?«
Sie schüttelte mit trauriger Miene den Kopf. »Glaubst du, gewöhnliche Verteidigungsmaßnahmen haben in einer Zeit wie dieser auch bloß den geringsten Nutzen?«
»Vermutlich nicht.« Er zuckte mit den Schultern. »Ich weiß, dass du eine erfahrene Jedi bist, Mutter, aber einem Jedi-Ritter, der seine gesamte Laufbahn über fortwährend gekämpft und trainiert hat, bist du nicht gewachsen - weil du das nicht getan hast.«
»Und dennoch werde ich dich töten.«
»Das glaube ich nicht. Ich bin auf jede Taktik vorbereitet, auf jede List, die du womöglich anwendest.«
Auf einmal lächelte sie. Es war dasselbe Lächeln, mit dem sie politische Gegner bedacht hatte, wenn sie die letzten Fehler ihrer Karriere begangen hatten, das tödliche Lächeln eines Kriegshunds, der mit seiner Beute spielt. »Die ich womöglich anwende...
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