Ein Drama am Ufer des Meeres (German Edition)
prügelte er sich mit aller Welt und amüsierte sich damit, den Hühnern den Hals abzuschneiden, er schlitzte den Schweinen den Bauch auf und sielte sich dann in dem Blute rum wie ein Steinmarder. ›Das wird ein glänzender Soldat,‹ sprach Cambremer, ›er mag gern Blut sehn.‹ Sehen Sie, was mich betrifft, ich habe mich alles dessen erinnert,« sagte der Fischer. »Und Cambremer auch«, fügte er nach einer Pause hinzu. »Mit fünfzehn oder sechzehn Jahren war Jacques Cambremer ... was? ein Raubtier, ein Haifisch. Er ging nach Guérande, um sich zu amüsieren, oder nach Savenay, um zu poussieren. Dann begann er seine Mutter zu bestehlen, die ihrem Manne nichts zu sagen wagte. Cambremer war ein Mann, der imstande war, zwanzig Meilen zu machen, um jemandem zwei Sous zurückzugeben, die man ihm auf eine Rechnung zuviel bezahlt hatte. Nun, eines Tages wurde die Mutter vollständig ausgeraubt. Während sein Vater auf Fischfang war, trug der Sohn das Büfett weg, die Schüsseln, die Wollsachen, die Wäsche, er ließ nichts zurück als die vier Wände. Er hatte alles verkauft, um davon in Nantes zu schlemmen. Die arme Frau hat darüber Tag und Nacht geweint. Sie hätte es dem Vater bei seiner Rückkehr sagen müssen, sie fürchtete den Vater, nicht ihretwegen, keineswegs! Als Peter Cambremer wiederkam und sein Haus mit Möbeln eingerichtet sah, die man seiner Frau geliehen hatte, sagte er: ›Was soll denn das sein?‹ Die arme Frau war mehr tot als lebendig, sie sprach: ›Wir sind bestohlen worden.‹ ›Wo ist denn Jacques?‹ ›Jacques ist angeheitert. Niemand wußte, wo der Kauz hin ist.‹ ›Er amüsiert sich zuviel!‹ sagte Peter. Sechs Monate später erfuhr der arme Vater, daß sein Sohn von der Justiz in Nantes gefaßt worden war. Er macht den Weg zu Fuß dorthin, kommt schneller hin als zu Wasser, nimmt seinen Sohn in Gewahrsam und bringt ihn her. Er fragt ihn nicht: ›Was hast du gemacht?‹ Er sagt zu ihm: ›Wenn du hier nicht zwei Jahre vernünftig mit deiner Mutter und mit mir zusammenlebst, zum Fischen gehst und dich wie ein anständiger Mensch benimmst, bekommst du es mit mir zu tun.‹ Der Rasende, der auf die Dummheit seiner Eltern baute, hat ihm ein Gesicht geschnitten. Darauf versetzt ihm Peter eine Maulschelle, die den Jacques sechs Monate aufs Bett geworfen hat. Die arme Mutter war halbtot vor Kummer. Eines Abends schläft sie friedlich an der Seite ihres Mannes, da hört sie einen Lärm, erhebt sich und bekommt einen Messerstich in den Arm. Sie schreit, man sucht nach Licht. Peter Cambremer sieht seine Frau verwundet; er glaubt, daß es ein Dieb ist, als wenn es hier zu Lande Diebe gäbe, wo man ohne Furcht zehntausend Franken in Gold von le Croisic nach Saint-Nazaire bringen kann, ohne daß einen die Leute fragen, was man unterm Arme trägt. Peter sucht Jacques, er kann seinen Sohn nicht finden. Am nächsten Morgen, hat dieses Ungeheuer nicht noch die Stirn, zurückzukommen, mit der Erklärung, daß er nach Batz gegangen wäre! Brauche ich Ihnen zu sagen, daß seine Mutter nicht wußte, wo sie ihr Geld verstecken sollte? Cambremer seinerseits brachte das seine zu Herrn Dupotet in le Croisic. Die Streiche ihres Sohnes hatten sie Hunderte von Talern, Hunderte von Franken und Goldstücken gekostet, sie waren gewissermaßen ruiniert, und das war hart für Leute, die ungefähr zwölftausend Franken hatten, einschließlich ihrer Insel. Niemand weiß, wieviel Cambremer in Nantes gegeben hat, um seinen Sohn wieder zu bekommen. Das Unglück richtete die Familie zugrunde. Der Bruder von Cambremer hatte Pech gehabt. Um ihn zu trösten, erzählte ihm Peter, daß Jacques und Pérotte (die Tochter des jüngsten Cambremer) sich heiraten würden. Dann beschäftigte er ihn, um ihm seinen Lebensunterhalt zu verschaffen, bei seinem Fischfang; denn Joseph Cambremer war darauf angewiesen, von seiner Hände Arbeit zu leben. Seine Frau war vom Fieber dahingerafft worden; es mußten die Nährmonate für Pérotte bezahlt werden. Die Frau von Peter Cambremer schuldete eine Summe von hundert Franken verschiedenen Personen für diese Kleine, für Wäsche, Sachen, und zwei oder drei Monatsgelder der großen Frelu, die ein Kind von Simon Gaudry hatte und Pérotte nährte. Die Cambremer hatte ein spanisches Goldstück in die Matratze eingenäht und drauf gestickt: ›Für Pérotte‹. Sie hatte eine gute Erziehung genossen, sie schrieb wie ein Kanzlist, und sie hat ihren Sohn lesen gelehrt, das ist es, was ihn zugrunde
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