0457 - Satans bester Freund
Sid Amos, wie er sich nannte, seit er vor einiger Zeit der Hölle den Rücken gekehrt hatte, hing seinen Gedanken nach. Er wollte mit Julian Peters reden. Wenigstens einmal. Es war ihm ein natürliches Bedürfnis. Doch man ließ ihn nicht. Von Anfang an hatte Robert Tendyke, Julians Vater, ihn daran gehindert. Bereits damals, als Julian geboren worden war, hatte Tendyke Amos verweigert, den Jungen zu sehen. Dann hatten sie als tot gegolten, und Amos hatte den Killer gejagt, bis er merkte, daß er auf der Spur des Falschen war. Er hatte den richtigen Bombenleger entlarvt und ihm schwer zugesetzt. Leonardo deMontagne hatte sich von diesem Angriff nie wieder richtig erholt. Doch was hatte dies Amos genützt?
Als sich dann nach etwa einem Jahr herausstellte, daß die Totgeglaubten doch noch lebten und daß sie im Château Montagne Unterschlupf gefunden hatten, in Zamorras Domizil, hatte Amos abermals versucht, Julian sehen zu können. Es hatte ihn nicht einmal überrascht, daß Julian innerhalb dieses einen Jahres vom Säugling zum etwa achtzehnjährigen Burschen herangewachsen war - was das Körperliche anging. Geistig war er noch viel weiter vorgeschritten. Er war ein junger Erwachsener, dem lediglich die Erfahrung von rund 17 Jahren fehlte. Aber das schnelle Heranreifen war für ein Wesen seiner Abkunft normal. Die Höllischen hatten es gefürchtet. Deshalb hatten sie, vornehmlich Leonardo deMontagne, alles daran gesetzt, Julian auszulöschen. Deshalb hatte Robert Tendyke die Welt ein Jahr lang im Glauben gelassen, die ganze Familie sei damals ausgelöscht worden. In diesem Jahr hatte er Ruhe gehabt, und Julian hatte ungestört und in Sicherheit heranreifen können. Nicht einmal die besten Freunde hatten etwas davon gewußt.
Und nun hatte Julian, Sohn des Robert Tendyke und der Telepathin Uschi Peters, sie alle damit überrascht, daß er sich selbst zum Fürsten der Finsternis gemacht hatte. Genau in jenem Moment, als sein Vergänger Leonardo deMontagne von einem Dämonen-Tribunal zum Tode verurteilt und hingerichtet worden war.
Aber nun gelang es Sid Amos erst recht nicht mehr, mit ihm zu reden. Seit er damals die Seiten gewechselt und zu Merlins Stellvertreter geworden war, galt er als Abtrünniger und Verräter. Auch jetzt noch, da er Caermardhin nach Merlins Rückkehr verlassen hatte und seine eigenen Wege ging. Sie ließen ihn immer noch nicht ungeschoren zurück in die Schwefelklüfte.
Vielleicht konnte ein Machtwort von LUZIFER selbst daran etwas ändern. Doch LUZIFER würde den Teufel tun, sich offen für Sid Amos einzusetzen. Auch Lucifuge Rofocale nicht.
Deshalb mußte Sid Amos versuchen, Julian zu sich zu locken.
Einmal hätte er fast schon die Gelegenheit gehabt, mit ihm zu reden. Gesehen hatte er ihn, sie hatten sich gegenüber gestanden. Sid Amos hatte Zamorras Freund und Mitstreiter, den Geisterreporter Ted Ewigk, zur Rechenschaft ziehen wollen und ihn in eine Falle gelockt. Rechenschaft dafür, daß Ewigk Julian mit einem Dhyarra-Kristall angegriffen hatte mit der Absicht, den jungen Fürsten der Finsternis zu töten. Doch Julian selbst war dazwischen gekommen und hatte deutlich gemacht, daß dies, wenn überhaupt, allein seine Sache wäre. Amos hatte unter dem suggestiven Druck von Julians Macht nachgeben müssen. So waren sie auseinandergegangen, ohne daß Amos Ted Ewigk an den Kragen gehen konnte, und ohne daß er mit Julian das hatte bereden können, worum es ihm eigentlich ging.
Sie hatten sich nur flüchtig gegenübergestanden, und Sid Amos hatte den Eindruck, daß Julian in ihm einen Gegner sah. Das mochte daran liegen, daß er während seiner ganzen kurzen Entwicklungszeit unter dem Einfluß von Tendyke gestanden hatte - später unter dem Einfluß auch von Zamorra und seinen Gefährten. Und vor allem Tendyke hatte immer wieder deutlich werden lassen, daß er Sid Amos nicht mochte, daß er in ihm nach wie vor den Oberteufel Asmodis sah.
Sid Amos wollte das Feindbild in Julian abbauen, sofern es entstand -wenngleich ihm nicht ganz klar war, wie Julian ihn als Feind sehen konnte, nachdem er Fürst der Finsternis wurde und selbst der Herr aller Dämonen geworden war. Mußte er da nicht erst recht versuchen, mit einem Ex-Teufel in Berührung zu kommen, den alle anderen Weißmagier immer noch für den Bösewicht hielten und der ihm mit seiner jahrtausendealten Erfahrung wertvolle Hinweise und Hilfen geben konnte?
Etwas stimmte mit Julian Peters nicht.
Sid Amos wollte herausfinden, was es
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