01 - Suche bissigen Vampir furs Leben
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Für diejenigen unter Ihnen, die mich noch nicht kennen: Mein Name ist Gräfin Lilliana Arabella Guinevere du Marchette (ja, ich weiß), aber meine Freunde nennen mich Lil.
Ich meine, also ehrlich, was hat sich meine Familie dabei bloß gedacht?
Heutzutage ist es schon schwierig genug, ein alleinstehender, arbeitsloser, fünfhundertjähriger weiblicher Vampir zu sein, ohne dieses ganze angeberische Getue von wegen französischer Adel und dazu noch diesen ganz altmodischen, schwachsinnigen Namen, der noch nicht mal in die Zeile auf dem Antrag für eine Visa-Karte passt. So hat halt jeder sein Kreuz zu tragen.
(Ups, das war wohl eine eher unglückliche Wortwahl. Mein Fehler.) Sagen wir einfach, das Leben ist ohnehin schon hart genug für eine Frau, und der Tod ist auch nicht viel besser. Nach wie vor erwartet man von uns, diesem Image von wegen Barbie der Nacht gerecht zu werden - perfekte Figur, perfekte Haare, perfekte Klamotten, perfekte Eckzähne - und uns fortzupflanzen, für die Familie zu jagen und dafür zu sorgen, dass die kleine Morticia nicht die Wände anmalt oder Baby Vlad seiner Graf-Dracula-Puppe nicht die Augen rausdrückt und sie runterschluckt. So viel zum Thema Stress.
Das betrifft natürlich nur den typischen, hingebungsvollen weiblichen Vampir.
Ich auf der anderen Seite habe in den letzten einhundert Jahren noch nicht mal eine anständige Verabredung gehabt, geschweige denn einen Traum-Graf-Dracula gefunden. Deshalb ist mein Leben ein bisschen unkomplizierter. Denn ich bin nicht - ich wiederhole: nicht - einsam.
Ich bin ein heißer, absolut hammermäßiger Single-Vampir mit einem Gespür für Accessoires, einer Handvoll supersüßer Freunde - im wahrsten Sinne des Wortes - und einem sehr teuren Therapeuten. Genug fürs Erste.
Also, wo war ich? Ach ja - wie ich in dieser Welt zurechtkomme. Ganz oben auf meiner Liste steht die Suche nach einer Wohnung. Ein Mädchen kann schließlich nur eine begrenzte Anzahl von Jahrhunderten bei seinen Eltern wohnen, ohne einen Nervenzusammenbruch zu bekommen. Als Zweites muss ich mir einen Job suchen. Das beides sollte für jemanden wie mich kein Problem darstellen. Echte Vampire (solche, die von Geburt an Vampire sind und nicht erst dazu gemacht werden) stellen eine ziemlich ehrgeizige Rasse dar. Sie nehmen die Dinge gern in die eigene Hand und sorgen dafür, dass es vorwärtsgeht. Darum sind die meisten von uns auch so schweinereich. Wenn ich wollte, könnte ich mit Leichtigkeit die Kohle meiner Eltern nehmen, um damit ein passendes Apartment in Manhattan zu finden (einschließlich der Hausangestellten, und das wäre es fast schon wert, bis in alle Ewigkeit bei meinen Alten in der Kreide zu stehen, angesichts der Tatsache, dass ich es hasse zu putzen). Und ich könnte für meinen Vater arbeiten, indem ich die Leitung seiner Filiale an der New York University, das Midnight Moe's, übernehme.
Sie wollen wissen: Was ist das Midnight Moe's?
Denken Sie an Kopierer. Denken Sie an diverse Druckereidienste. Denken Sie an zweihundert Franchise-Unternehmen über die Vereinigten Staaten verteilt (jeweils in der Nähe einer Universität).
Denken Sie an pure Langeweile.
Ich habe ja gar nichts gegen Kopieren oder Drucken. Ich kann mir bloß einfach nicht vorstellen, von Sonnenuntergang bis Sonnenaufgang hinter dem Ladentisch zu stehen und ein limetten-grünes Poloshirt, auf dessen Tasche „Midnight Moe's“ aufgestickt ist, und dazu passende Dockers zu tragen. Limettengrün ist ja so was von gar nicht meine Farbe (ich bin ein Wintertyp, und alle anderen Farben lassen mich, na ja, ziemlich tot aussehen).
Und was die Dockers betrifft... es sind Dockers. (Schauder.) Sie verstehen also sicher, dass schon der Gedanke, die Ewigkeit als Angestellte im Familienbetrieb zu verbringen, ausreicht, um in mir den Wunsch zu wecken, mir höchstpersönlich einen Pfahl ins Herz zu jagen.
Vermutlich haben Sie inzwischen gemerkt, dass ich nicht so wie die meisten anderen Vampire bin. Vielleicht mit einer einzigen Ausnahme. Mein Vater sagt immer, dass ich meiner Großtante Sophie aufs Haar gleiche, die sich letztes Jahr auf einer Sonnenbank, die sie bei QVC gekauft hatte, selbst atomisiert hat. Sie dachte überhaupt nicht daran, sich an dieses Vampir-Image zu halten, und trug blonde Strähnchen, apricotfarbenen Nagellack und war geradezu süchtig nach Sarongs mit Hawaiimuster.
Ich persönlich möchte in Klamotten mit Hawaiimuster - ganz egal, um was es sich handelt - nicht mal
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