Ein dunkler Ort
Glück hätte, die eine zu sein, die das alles unbeschadet übersteht, habe ich nicht vor hier zu bleiben, um herauszufinden, ob es wirklich so ist. Du lagst richtig, Kit, die ganze Zeit schon. Ich bin bereit zu gehen.«
»Kit, du holst Lynda«, sagte Jules. »Mutter, wir wollen den Schlüssel zu ihrem Zimmer und den fürs Tor. Wie lange braucht ihr Mädchen zum Packen?«
»Geht ganz schnell«, sagte Kit. »Ich bin bereit, alles hier zu lassen, was ich mitgebracht habe, nur das Bild von meinem Vater nicht. Ich brauche keine Minute, um es zu holen.«
»Ich brauche gar nichts«, sagte Sandy. »Ich will nur in dieses Auto. Im Dorf finden wir dann schon heraus, wann die Busse fahren.«
»Ich fürchte, ihr vergesst etwas«, sagte Madame Duret ungerührt. »Und zwar, dass euch die Schlüssel nicht zur Verfügung stehen.«
»Du hast sie«, sagte Jules.
»Selbstverständlich, aber ich habe nicht vor, sie dir auch nur einen Augenblick lang zur überlassen, und ich werde dir auch nicht sagen, wo ich sie aufbewahre. Das Schloss vom Eingangstor bleibt abgeschlossen und ihr bleibt hier, alle miteinander.«
»Sie können uns nicht hier festhalten!«, rief Kit. »Jules wird das nicht zulassen.«
»Jules kann da nicht viel machen. Ich finde es höchst beunruhigend, dass er dieses unvernünftige, gefühlsduselige Verhalten an den Tag legt, aber junge Männer verfallen eben gelegentlich romantischen Neigungen. In diesem Fall bin ich mir sicher, dass der gesunde Menschenverstand am Ende die Oberhand gewinnen wird. Jules ist ein intelligenter Junge und die Fortentwicklung der Musik ist ihm sehr wichtig.«
»So wichtig aber nicht«, sagte Jules. »Leben und Verstand dürfen dabei nicht auf dem Spiel stehen, Mutter. Ich kann es nicht fassen. Wo ist dein Sinn für Anstand geblieben?«
»Die Werte deiner Mutter sind bedeutend solider als deine, junger Mann«, sagte der Professor gereizt. »Ich hätte gehofft, dass du ihrem Wissen und ihrer Erfahrung mehr Respekt entgegenbringen würdest. Selbst wenn bei diesem Experiment nicht mehr herauskommt als ein kurzes Gedicht eines der unsterblichen Dichter der Geschichte, ist es immer noch mehr wert als das Leben von vier ganz gewöhnlichen Mädchen.«
Man stelle sich mal vor , dachte Kit, dass ich diesen alten Mann so süß gefunden habe. Die Wut in ihr wurde immer größer, Kit war kurz davor zu explodieren.
»Eines haben Sie vergessen«, sagte sie zu Madame Duret, und sie versuchte, ihre Stimme dabei unter Kontrolle zu behalten. »Und zwar, dass wir diejenigen sind, die das Material aus dem Jenseits empfangen. Es gehört uns, es kommt durch uns, und wir werden nicht einen Schritt weitergehen.«
»Wenn das eine Drohung sein soll …«, begann Madame Duret.
»Das ist keine Drohung, sondern nichts weiter als eine Tatsache!« Kit reckte trotzig das Kinn. »Sie können rein gar nichts tun, um an dieses Material zu kommen, wenn wir es nicht wollen. Wissen Sie, was ich machen werde, wenn ich das nächste Mal merke, dass ich Noten schreibe? Ich zerreiße das Papier in winzige Fetzen und spüle sie im Klo runter.«
»Das wagst du nicht!« Madames Augen sprühten Feuer.
»Doch. Warten Sie’s ab.«
»Und ich mach es genauso.« Sandy schien frischen Mut gefasst zu haben, das hörte man an ihrer Stimme. »Von mir kriegen Sie kein weiteres Gedicht, mit diesem fangen wir an!«
Bevor irgendjemandem klar war, was sie tun würde, zog sie zerknitterte Seiten aus der Tasche ihres Pullovers und warf sie ins Feuer. Die Flammen loderten kurz auf und aus sämtlichen Ecken des Raumes schien ein tiefes Stöhnen zu kommen.
»War es das, das ich für dich übersetzt habe?«, fragte Ruth.
»Ja, und jetzt ist es da, wo es hingehört – und ein Häufchen Asche.«
Sandy verzog angewidert das Gesicht. »Widerliches Ding. Jetzt geht es mir schon besser.«
»Unterbinden Sie das!«, rief der Professor. »Das können wir nicht zulassen. Was sie da zerstören, ist unersetzlich!«
»Das gelingt ihnen nicht.« Madames Stimme war ein leises Zischen. »Wir werden sie einfach im Auge behalten, jeden Augenblick, jeden Tag. Wenn es nötig ist, ketten wir sie an und stellen uns neben sie und nehmen ihnen die Arbeiten aus den Händen, sobald sie vollendet sind. Wir lassen uns nicht besiegen! Es steht zu viel auf dem Spiel. Die Arbeit ist zu wichtig!« Sie wandte sich an Ruth. »Gib mir dieses Notizbuch, sofort!«
»Holen Sie es sich doch!«, schrie Ruth. Sie riss den Einband vom Buch, schoss nach vorn und schleuderte
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