Ein Earl kommt selten allein
passieren.«
Christiana blinzelte. »Das hier ist nicht so wie in deinen Romanen.«
»Doch«, beharrte Lisa. »George war der üble Verbrecher, du bist die wunderschöne Heldin, und Richard ist der kühne Held, der dich liebt und rettet.«
»Es gibt keine Liebe«, sagte Christiana mit fester Stimme.
»Natürlich gibt es welche. Wieso sollte er dich sonst heiraten wollen?«
»Weil er ein guter Mann ist und nicht möchte, dass wir den Preis für die Sünden seines Bruders zahlen.«
»Oh, er ist so gut.« Lisa schnappte nach Luft. »Du musst ihn lieben, Chrissy.«
»Um Himmels willen, Lisa«, sagte Suzette; es klang ziemlich verzweifelt. »Er bewahrt auch sich selbst vor einem Skandal.«
»Männer leiden nicht wirklich unter einem Skandal«, sagte Lisa heftig. »Das tun nur die Frauen. Seht doch, als sich die Nachricht verbreitet hat, dass Lord Mortis Penelope Pureheart angegriffen und entjungfert hat, hat der Skandal ihm kaum etwas anhaben können. Er wurde immer noch in den besten Häusern willkommen geheißen und konnte in seinen Club gehen. Es war Penelope, die verbannt wurde und in der Wildnis vo n …«
»Lisa, das ist eine ausgedachte Geschichte«, unterbrach Suzette sie ungeduldig.
»Wenn ich jemandem die Geschichte erzählen würde, die Christiana mir gerade erzählt hat, würde er wahrscheinlich auch denken, dass ich mir das ausgedacht habe. Ich – Oh!« Sie unterbrach sich, und ihre Augen weiteten sich. »Ich könnte sie schreiben!«
»Nein!«, sagten Christiana und Suzette wie aus einem Mund, beide gleichermaßen entsetzt. Dann war Suzette diejenige, die erklärte: »Jemand könnte erkennen, dass es um Christiana und Richard geht und …«
»Oh, ich würde die Namen ändern«, sagte Lisa gereizt. »Keine Angst. Es wird nichts passieren.«
Christiana öffnete den Mund, um weitere Einwände vorzubringen, aber in diesem Moment wurde die Kutsche langsamer, und sie ließ es sein. Ein Blick durch das Fenster nach draußen verriet ihr, dass sie den Fahrweg zu einem großen Haus entlangfuhren. Sie erkannte sofort, dass es Radnor war.
»Wir sind da«, murmelte Suzette, die aus dem Fenster auf der anderen Seite der Kutsche schaute.
»Gott sei Dank«, murmelte Christiana und wandte sich dann an Lisa. »Du wirst niemals ein Wort über das hier schreiben. Ist das klar?«
»Oh, schon gut«, sagte Lisa aufgebracht. »Aber es wäre eine schöne Liebesgeschichte geworden.«
»Es ist keine Liebesgeschichte«, beharrte sie.
»Es wird eine werden«, versicherte Lisa ihr feierlich. »Glaub mir, Chrissy. Er ist dein Held, und du wirst ihn lieben.«
Christiana verdrehte die Augen und öffnete die Kutschentür. Sie sprang heraus, noch bevor die Kutsche vollständig zum Stehen gekommen war. Das Letzte, was sie jetzt brauchte, war Lisas Geschwätz darüber, dass sie sich in Richard verlieben würde. Sie verspürte nicht den Wunsch, sich erneut das Herz brechen zu lassen. Sie hatte das bereits mit Dicky-George durchgemacht, und es war alles andere als angenehm gewesen. Bei Richard allerdings, fürchtete sie, könnte es noch tausendmal schlimmer sein, wenn sie dumm genug war, sich in ihn zu verlieben. Und besonders niederschmetternd war, dass sie befürchtete, es schon halb getan zu haben.
»Christiana! Wieso zum Teufel springst du einfach aus der Kutsche, bevor sie zum Stehen gekommen ist?«, fragte Richard, während er von Daniels Kutsche aus das Gleiche tat und zu ihr ging, um mit ihr zu schimpfen. »Du hättest dich verletzen können.«
»Habe ich aber nicht«, sagte sie rasch, und dann gab sie ihm den Brief. »Abgesehen davon ist das hier wichtig.«
Richard sah sie noch einen weiteren Moment vorwurfsvoll an, dann nahm er den Brief und betrachtete das aufgebrochene Siegel.
»Ein Junge hat ihn heute Morgen Lisa gegeben und gesagt, er wäre für den Earl. Sie wurde abgelenkt und hat vergessen, ihn dir zu geben. Ich habe ihn erst vor fünf Minuten in der Kutsche geöffnet. Ich dachte, er wäre für George, aber er ist für dich.«
Stirnrunzelnd öffnete Richard den Brief und begann zu lesen.
»Worum geht es?«, fragte Daniel, als er zu ihnen trat.
»Erpressung«, sagte Suzette, stieg ebenfalls aus der Kutsche und stellte sich zu ihnen. »Jemand weiß, was George getan hat und dass er tot ist. Er glaubt tatsächlich, dass Richard ihn getötet hat, um seinen Namen und seine Position zurückzubekommen, und droht jetzt damit, alles zu enthüllen, wenn ihm nicht eine beträchtliche Summe gezahlt
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