Ein Engel fuer Emily
von uns nichts zu befürchten.«
»Wenn ich Ihnen nicht mehr im Weg bin, sind Sie und Ihre Schwester die rechtmäßigen Erben. Gibt es außer den Rubinen noch mehr Vermögen?«
»O ja, sogar ein beträchtliches«, warf Davids Schwester ein.
»Gerüchten zufolge, sind in diesem Haus Schätze versteckt«, sagte Statler. »Seine Frau besaß eine sagenhafte Sammlung von Juwelen. Offenbar haben ihr die funkelnden Steine über den Verlust des Geliebten und des Kindes hinweggeholfen. Außer den Rubinen gab es Smaragde und Diamanten und eine ganze Reihe von Halbedelsteinen. Das alles ist heute mehrere Millionen wert. Doch nach ihrem Tod wurde der Schmuck nirgendwo gefunden. Sie hat ihn nicht verkauft, deshalb glaubt man, dass er sich noch im Haus befindet.«
»Warum ist der Schmuck in den Aufzeichnungen nicht erwähnt?«, wollte Emily wissen. »Im Grunde müssten sich unendlich viele Legenden um ein Haus ranken, in dem sich ein so kostbarer Schatz befindet.«
»Es gibt die Legende, dass ein Gespenst im Haus spukt. Wir haben eine Menge Geld investiert, um Tonbänder und Ähnliches zu installieren und mit den Geräuschen Kinder und Neugierige abzuschrecken«, meldete sich Charles zum ersten Mal zu Wort. »Die Gespenstergeschichten haben jede Erinnerung an den Schatz im Bewusstsein der Leute ausgelöscht.«
»Wieso haben Sie nicht einfach Ansprüche auf das Haus erhoben und einen Stein nach dem anderen umgedreht, bis Sie auf den Schatz stoßen?«, fragte Emily. »Kein Mensch außer Ihnen wusste, dass ich ein Nachkomme von Rachel Simmons bin. Ich jedenfalls hatte keine Ahnung. «
»Richter Henry Agnew Waiden hat das verhindert. Vor fünf Jahren wollten wir das Haus in unseren Besitz bringen, aber der Richter wollte zuerst in Erfahrung bringen, was aus Rachels Tochter geworden war. Er glaubte uns nicht, als wir ihm erklärten, dass sie als Kind gestorben sei.«
»Ich habe dich gewarnt«, sagte Davids Schwester. »Er glaubt dir nie mehr auch nur ein Wort.« Zu Emily gewandt fügte sie hinzu: »Mein lieber Bruder hat nämlich die Tochter des Richters verführt und sitzen gelassen. Der Richter hat also in der eigenen Familie erlebt, wie schwer es vaterlose Kinder haben.«
»Wie wär’s, wenn ich Ihnen das Haus überlasse?«, schlug Emily vor. »Was sollte ich mit einem so alten Kasten und einer Truhe voller Juwelen anfangen? Ich trage ohnehin nur selten Schmuck.«
Die Blicke aller richteten sich auf sie.
»Ich unterschreibe Schenkungsurkunden - was immer Sie wollen. Sie könnten sofort einen Vertrag aufsetzen.«
»Eine großartige Idee. Sie überschreiben uns ein Millionenvermögen, und später gehen Sie vor Gericht, um alles zurückzufordern. Ein schlauer Plan.«
»Ich hätte viel zu viel Angst vor Ihnen, um Ansprüche zu erheben«, beteuerte Emily jämmerlich. So viel zu meiner Tapferkeit, dachte sie bitter.
»Geld ist etwas Eigenartiges. Wenn es um eine genügend hohe Summe geht, werden sogar die größten Feiglinge zu Helden. Glauben Sie mir, kleine Bibliothekarin, ein guter Anwalt würde Ihnen den nötigen Mut machen und den Fall gewinnen. Immerhin sind Sie ein direkter Nachkomme von Rachel.«
»Es reicht!«, rief Davids Schwester. »Wenn das so weitergeht, bittest du sie noch, dich zu heiraten.«
»Keine schlechte Idee«, meinte Slater und starrte lüstern auf Emilys Busen, der mittlerweile fast ganz entblößt war. »Ich schlage vor, wir bringen’s hinter uns und verschwinden. Je früher ihre Leiche gefunden wird, umso eher können wir als nächste noch lebende Verwandte von Rachel das Erbe antreten«, sagte die Frau. »Und das gibst du mir lieber sofort.« Sie riss ihrem Bruder die Rubine aus der Hand.
Michael!, rief Emily im Geiste und bereute bitterlich, dass sie nicht auf ihn gehört und gegen seinen Rat die Femme fatale gespielt hatte.
Im nächsten Moment spürte Emily, wie eine Nadel in ihren Oberarm gerammt wurde, dann verlor sie das Bewusstsein.
Kapitel 23
Als Emily aufwachte, lag sie in einem Kofferraum. Sie erkannte den Geruch, die Geräusche und das Holpern sofort.
Sie war fassungslos. Geknebelt in einem engen Kofferraum irgendwohin verfrachtet zu werden, kam nur im Film vor, oder es passierte anderen Menschen, aber nicht ihr. Nicht der langweiligen, kleinen Bibliothekarin, deren höchstes Glück es war, eine Erstausgabe im Antiquariat aufzustöbern.
»Michael«, schrie sie in Gedanken. Sie konnte nicht reden, weil man ihr den Mund zugeklebt hatte. Sie hätte Michael gern noch einmal
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