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Ein Fall für Al Wheeler

Ein Fall für Al Wheeler

Titel: Ein Fall für Al Wheeler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carter Brown
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Cousine vom Lande, die ihr immer im Wege stand«, fuhr ich
liebenswürdig fort. »Wie das dumme Geschöpf immer ihre Nase in anderer Leute
Angelegenheiten steckte. Daß sie vom Theater besessen war und eine große
Schauspielerin werden wollte. Wie sie eines Abends, als sie in Dolores Wohnung
war, zu einer Tür schlich, die nicht ganz geschlossen war und eine vertrauliche
Unterhaltung belauschte, die Dolores Keller und Rovak über das lateinamerikanische Geschäft führten.«
    Ich schüttelte bewundernd den
Kopf. »Diese Patty! Was immer man von ihr halten mag, man muß zugeben, sie war
zielstrebig. Sie war bereit, auf einen Handel einzugehen — ihr Schweigen als
Gegenleistung dafür, daß die Organisation einen großen Star aus ihr machte! Ich
glaube, man muß wirklich aus einem Kuhdorf stammen, um ein solches Geschäft auf
Gegenseitigkeit anzubieten !«
    Meine Zigarette war
heruntergebrannt, und es gab keinen Aschenbecher im Zimmer, so ging ich zum
Schreibtisch und ließ den Stummel in die Vase mit den verwelkten Nelken fallen.
Es gab einen schwachen Zischlaut, als er ins Wasser fiel, und es klang nach
einem passenden Requiem für den guten alten Harvey — den Burschen, der immer
eine Nelke im Knopfloch getragen hatte.
    »Als sie auf diesem
Mauervorsprung am Hotel draußen stand, habe ich mich mit ihr durchs Fenster
unterhalten«, sagte ich. »Es sah gar nicht danach aus, als ob sie
hinunterspringen wollte. Das einzige, woran sie interessiert war, war die
Uhrzeit — sie fragte alle paar Minuten, wieviel Uhr
es sei. Als es drei Uhr war, erklärte sie, sie wolle zurückkommen. Sie
kletterte auf mich zu, und dann wurde ihr plötzlich schlecht, sie verlor das
Gleichgewicht und stürzte hinunter. Die Autopsie ergab, daß sie eine Apomorphineinspritzung bekommen hatte. — Wissen Sie das?«
    »Kein Wort, ohne daß wir
unseren Rechtsanwalt...« Sarahs Stimme zitterte derartig, daß sie den Satz
nicht beenden konnte.
    »Als uns Dolores von Pattys
Vorschlag erzählte — daß Patty über Ihren Mädchenhandel den Mund halten wolle,
wenn man sie zu einem großen Star mache«, ich zuckte die Schultern, »da wurde
mir alles schlagartig klar. Sie war eben das naive Landkind, das von nichts
eine Ahnung hatte. Es mußte einfach — ganz einfach sein, sie davon zu
überzeugen, daß ihr ein vorgetäuschter Selbstmordversuch Schlagzeilen in den
Zeitungen einbringen und sie in eine erfolgreiche Schauspielkarriere lancieren
würde. Nachdem sie davon einmal überzeugt war, brauchte sie nichts weiter zu
tun, als sich für eine gewisse Zeit auf einen schmalen Mauervorsprung zu
stellen und dann wieder durchs Fenster zurückzuklettern .
Ebenso leicht war es, sie davon zu überzeugen, daß sie sich eine Spritze geben
lassen sollte, bevor sie hinauskletterte — um ihre Nerven zu beruhigen.
    »Ich vermute«, fuhr ich fort,
»daß Sie ihr einredeten, es bedürfte, sagen wir, etwa einer halben Stunde
Aufenthalts auf diesem Mauervorsprung draußen, um auf die Leute wirklich
Eindruck zu machen — die Länge der Zeit, die Sie ihr vorschlugen, spielt keine
besondere Rolle, wenn es nur lange genug war, um die Injektion wirken zu
lassen. Aber als sie dort draußen stand, kamen ihr fünf Minuten wie fünf Jahre vor, und als sie die Menschenmasse sah, die sich
unten angesammelt hatte, dachte sie, sie könnte die Prozedur abkürzen und
früher hereinkommen. Ich war da und merkte, wie sie zu diesem Entschluß kam —
aber sie faßte ihn um zehn Sekunden zu spät .«
    Ich legte meine Hände auf den
Rand der Schreibtischplatte und beugte mich darüber.
    »Wer von Ihnen beiden hat Patty
Keller diese Idee suggeriert ?« fragte ich leise. »Wer
hat ihr absichtlich die Spritze mit Apomorphin verabreicht, weil er wußte, daß
die Reaktion heftig genug sein würde, um sie hinabstürzen zu lassen ?«
    Jacob senkte den Kopf, so daß
man nur noch seinen weißschimmernden Schädel mit den durch Pomade festgeklebten
Restbeständen seiner Haare sehen konnte.
    »Es war ein Fehler«, murmelte
er, und über seine Wangen tröpfelten Tränen der Reue, die, verdammt, zu spät
kamen. »Ein Fehler! Ich war im Grund nie damit einverstanden, daß wir uns der Kleinen
auf diese Art entledigt haben, Sarah, das weißt du !«
    »Oh — hör mit dem Geplärre
auf«, sagte Sarah verächtlich. Die Knöchel ihrer Finger knackten, als sie die
verschlungenen Hände voneinander löste. »Ja, Lieutenant, alles, was Sie sagen,
stimmt. Es war mein Einfall, das dumme Mädchen dazu zu

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