Ein Fall von Liebe
Handtuch eng um sich. Charlie zog die Laken ab, rollte sie zusammen und warf sie in eine Ecke. Aus einem Wäscheschrank im Flur holte er frische. Als Peter, immer noch das Handtuch um die Lenden geschlungen, wieder erschien, war Charlie schon angezogen.
»Was machen wir jetzt?« fragte Peter, ohne Charlie anzusehen.
»Ich dachte, wir würden ein wenig ausfahren.«
Peter ging zum Fußende des Bettes, wohin Charlie seine Kleidungsstücke gelegt hatte, und zog sich verlegen an. Seine Schüchternheit war plötzlich eine fast fühlbare Schranke zwischen ihnen. Er war schnell mit dem Anziehen fertig, und Charlie ging zu ihm und legte ihm beruhigend die Hand auf den Arm. Manche Jungen waren hinterher verwirrt und romantisch, andere dagegen brachten vor Scham kein Wort heraus. Er hoffte, bei Peter würde es anders sein.
»Komm«, sagte er.
Peter drehte sich zu ihm um und blickte ihn angstvoll an. Sein in die Stirn fallendes Haar war feucht. Er roch wieder nach Seife, und seine Lippen bewegten sich, als wolle er etwas sagen.
»Es tut dir doch nicht leid, oder?« murmelte er schließlich.
Charlie schmolz das Herz. »Leid! Du lieber Gott. Es ist wundervoll, Kleiner.«
»Ja, nenn mich so. Dann ist alles gut.«
Ihre Münder begegneten sich und öffneten sich einander. Sie umarmten sich, und Peter seufzte erleichtert. Charlie machte sich von ihm los und gab ihm einen kleinen Klaps auf die Wange.
»Wir wollen jetzt spazierenfahren. Ich soll dir die Stadt zeigen.« Der Junge erregte ihn in einer Art, gegen die er sich instinktiv wehrte. Er fühlte sich durch Abgründe bedroht. Wahrscheinlich hatte Peter, sagte er sich, sich darum so hemmungslos hingegeben, weil es das erste Mal war. Bei ihm war es sicher auch so gewesen. Er konnte sich nicht mehr daran erinnern. Er würde ein Exempel statuieren, ihn zügeln. Es war schließlich alles nur ein harmloser Spaß.
Als sie das Zimmer verließen, faßte Peter ihn unter. Oben auf der Treppe blieb er einen Moment stehen und legte dann seine Hände auf Charlies Schultern, als sie hinuntergingen.
Charlie schüttelte sie ab. »Laß das«, sagte er, »es könnte uns jemand sehen.«
»Ach ja. Ich hatte das ganz vergessen. Mir ist zumute, als wären wir die einzigen Menschen auf der Welt.«
Sie gingen durch das stille Haus und auf die im Schatten liegende Auffahrt hinaus, wo Charlie sein kleines Kabriolett geparkt hatte.
»Gehört das dir?« fragte Peter, als sie einstiegen.
»Ja. Nun, eigentlich gehört es C. B. Sie hat es für mich angeschafft.« Charlie ließ den Motor an und gab Gas. Als sie draußen auf der Straße waren und er sich ganz auf das Fahren konzentrieren mußte, fand Charlie wieder zu seinem normalen Selbstgefühl zurück. Daß sie einander umarmt, geküßt, es leidenschaftlich miteinander getrieben hatten, verband sie auf eine besondere und geheimnisvolle Weise miteinander, aber auf das alltägliche Leben wirkte sich das nicht aus. Sie waren nichts weiter als gute Freunde, die an einem heißen Sommernachmittag eine Ausfahrt machten.
»Glaubst du, C. B. wird erraten, was geschehen ist?« fragte Peter.
»Um Gottes willen, nein. Sie würde nicht einmal im Traum an so etwas denken.«
»Dessen bin ich nicht so sicher. Sie hat vieles gesagt, worauf ich mir zunächst keinen Reim machen konnte. Es war fast so, als hätte sie es gewollt.«
»Ich weiß, was du meinst, aber du verstehst das nicht. Es ist schwer zu erklären. Sie hat so etwas wie ein romantisches Ideal, und das bezieht sich auf junge Männer. Es macht ihr Freude, sie sich entwickeln zu sehen usw. Aus Frauen macht sie sich nichts. Ich glaube aber nicht, daß sie je an Sex denkt.«
»Das mag sein. Doch da ist noch etwas anderes. Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl, als ob sie für mich etwas vorbereitete. Sie setzt einem alles Mögliche in den Kopf und beobachtet dann, was daraus wird.«
»Ja, das stimmt. Und meistens wird daraus das, was sie will. Sie ist von dir fasziniert. Sie ist entschlossen, dich zu einem ihrer Projekte zu machen. Ich soll dich sozusagen aus dir herausholen und deinen Gesichtskreis erweitern.« Sie blickten einander an und brachen in schallendes Gelächter aus.
»Du hast einen guten Anfang gemacht«, sagte Peter.
»Ich bin nicht so sicher, ob du nicht meinen Gesichtskreis auch erweitern wirst.«
»Ach, du hast doch alles getan. Ich will dir ehrlich sagen, ich habe mich immer danach gesehnt, daß dies geschähe, ohne es mir selber einzugestehen. Bedeutet das, daß ich schwul
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