Ein Fall von Liebe
unverletzliche Reinheit, die sich sogar darin kundtat, daß er keinen Versuch machte, ihn zu berühren, selbst hier in der Bar nicht. Und gerade dadurch fühlte sich Charlie einsam. »War das wirklich dein Ernst, als du sagtest, ich solle zu der Party mitkommen?«
»Würdest du’s tun?« Peters Gesicht hellte sich auf.
»Ja. Hattie wird mich zwar umbringen, aber ich möchte Sapphire auch sehen.«
Peter schien seiner Sache plötzlich nicht mehr sicher zu sein.
»Es wäre wunderbar – aber ich weiß nicht, wer alles dort sein wird. Wahrscheinlich viele andere Schwule. Du bist noch nie auf einer solchen Party gewesen. Warte nur, bis du die anderen siehst, dann wirst du mich nicht mehr verdorben finden. Wird dir das wirklich nichts ausmachen.?«
»Ich werde mein Bestes versuchen. Wer weiß, vielleicht lasse ich mich auch anstecken.«
»Du?« Peter lachte, aber in seinen Augen spiegelte sich wieder Trauer.
Charlie ging zum Telefon und kam nach ein paar Minuten wieder. »Sie hat getobt. Ich hatte vergessen, daß wir bei ihren Eltern zum Essen eingeladen sind.«
»Was hast du ihr gesagt?«
»Dies eine Mal die Wahrheit. Ich habe ihr alles von uns berichtet.«
»Wirklich? Weißt du, das ist komisch. Ich habe mich oft gefragt, wenn ich auf dich wartete, was du machtest, mit wem du zusammen wärst. Jetzt wartet jemand anders, und ich bin mit dir zusammen. Früher sind wir nie ausgegangen.«
»Nun, jetzt tun wir’s.« Sie sahen einander in die Augen, und Charlie wandte hastig seinen Blick ab.
Sie stiegen in der Fifth Avenue in einen doppelstöckigen Bus und fanden oben Platz. Obwohl sie dicht nebeneinander saßen, trennten ihre dicken Mäntel sie. Charlie sagte sich, er würde auf der Party nicht lange bleiben, würde nur Sapphire begrüßen und dann wieder gehen. Selbst wenn sich dort eine Gelegenheit böte, einen Augenblick mit Peter allein zu sein, würde er sich die nicht zunutze machen. Er würde sein Hattie gegebenes Versprechen halten, um halb neun bei ihren Eltern zu sein.
Sie gingen eine hellerleuchtete, sehr belebte, schmuddelige Straße in Harlem hinauf.
»Ich bin hier noch nie gewesen«, sagte Charlie, der sich unter den Tausenden von schwarzen Gesichtern fremd und unwohl fühlte.
»Ich war schon ein paarmal hier. Das Viertel hat viele Reize. Es gibt hier ein paar verrückte Lokale.«
»Wer, sagtest du, gibt die Party?«
»Hughie Hayes.«
»Ist er ein Neger?«
»Hughie Hayes. Na, hör mal, das ist der Pianist. Er hat gerade im Village ein Lokal eröffnet. Er war jahrelang in Paris.«
»Wenn ich dich so reden höre, komme ich mir wie ein Mann vom Lande vor. Ich verkehre in deinen farbenfrohen Kreisen nicht.«
Peter achtete auf die Hausnummern. Sie betraten ein großes, halb verfallenes Haus, kamen in eine schlechte beleuchtete und schlecht riechende Halle, in der die Farbe von den rissigen Wänden abblätterte. Als sie die ausgetretenen Treppenstufen hinaufgingen, wurde der Geruch immer schlimmer.
»Warum wohnt er in einem so verwahrlosten Haus?« fragte Charlie. »Hast du dich auch nicht in der Adresse geirrt?«
»Ich habe hier schon so manches verfallene Haus gesehen. Es ist wahrscheinlich schwer, hier etwas Anständiges zu finden.«
Sie stiegen zwei Treppen hinauf und gingen dann einen hohen, breiten, dunklen Korridor hinunter.
»Gott, wie das stinkt! Ich kann das, glaube ich, nicht aushalten.«
»Vielleicht ist es drinnen besser.«
»Kennst du den Mann gut?«
»Nein. Ich habe ihn nur ein paarmal in seinem Klub gesehen.«
Am Ende des Korridors gelangten sie zu einer Tür, und Peter drückte auf einen Klingelknopf. Sie hörten leise Musik. Gleich darauf wurde die Tür geöffnet, die Musik wurde lauter, und Peter wurde von einem schlanken, attraktiven jungen Neger begrüßt. Er wirkte sehr elegant.
»Ach, da ist ja mein Engel!« Er zog Peter herein und küßte ihn leicht auf den Mund. »Wie geht’s meinem Kleinen?« Einen Moment hatte er nur Augen für Peter. Aber dann machte der sich los, und es gelang ihm mit sichtlicher Verlegenheit, Charlie vorzustellen.
»Er kennt Sapphire auch. Ich dachte, du hattest nichts dagegen, wenn ich ihn mitbrächte.«
Charlie beherrschte sich mühsam, kochte innerlich vor Wut, aber Hughie Hayes machte keinen Versuch, ihn zu küssen. »Du kannst all deine Freunde mitbringen, Kleiner, besonders wenn sie jung und hübsch sind. Sie ist schon da. Werft eure Sachen irgendwohin und kommt herein.«
Er führte sie in einen großen blitzsauberen, sehr gut
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