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Ein Fall von Liebe

Ein Fall von Liebe

Titel: Ein Fall von Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon Merrick
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vorzustellen, daß du etwas Schändliches oder Häßliches tust. Glaubst du wirklich, solche Eigenschaften hätten einen Platz im Dschungel des Theaters? Du bist immer ein so ungewöhnlicher Mensch gewesen, ein wahrer Gentleman. Was wird daraus werden? Nein, ich fürchte, dies ist so etwas wie ein Abschied, mein Liebster. Ich bin sehr traurig.« Sie hob das Bild von ihm, an dem festzuhalten sie ihn gelehrt hatte, hoch und zerschmetterte es vor seinen Augen. Es war ein harter Schlag für ihn, ein viel härterer als ihre Drohung, ihn zu enterben. Er mußte in ihren Augen all das bleiben, was sie in ihn hineinsah.
    »Ich habe nichts Schändliches oder Häßliches getan, um diese Rolle zu bekommen«, sagte er, an Meyer Rapper denkend. »Wirklich nicht. Du übertreibst. Bitte, sag mir, du verstehst meinen Wunsch, es zu probieren.«
    »Ich darf sagen, daß ich mich zu erholen wissen werde. Ich versuche, mich weiter für alles im Leben zu interessieren. Ich habe kürzlich einen sehr außergewöhnlichen jungen Mann oft gesehen. Stanley Price. Er ist sehr hübsch. Ich hatte noch keine Gelegenheit, dir von ihm zu berichten. Es ist da so vieles, das ich für ihn tun möchte. Vielleicht brauche ich mich jetzt nicht mehr gehemmt zu fühlen, mein Kapital anzugreifen. Ich habe es so eifrig für dich gehütet. Harold war übrigens sehr zufrieden mit deiner Arbeit für die Firma. Es ist ein Jammer. Wenn du erst ein Jahr dort gewesen wärst, hätte er Interessantes für dich vorgehabt. Wir haben sogar davon gesprochen, daß ich etwas Geld in die Firma stecken würde. Nun, das ist jetzt erledigt. Wenn das Theater dein Schicksal sein soll, dann soll es das sein.«
    »Aber, C.  B., du mußt doch zugeben, daß man Talente nutzen muß, welche man auch hat.« Er wollte nichts weiter über den unbekannten jungen Mann hören, und seine Zukunft in dem Verlag ödete ihn wirklich an.
    »Du weißt, was ich davon halte. Das größte Talent liegt darin, sich ein reiches, abgerundetes Leben zu schaffen. Nun, du hast ja deine Hattie. Sie glaubt sicher, ihr würdet euch mehr und mehr entfremden, wenn sie allein Theater spielte.«
    »Wir haben uns nicht entfremdet. Dies hat nichts mit ihr zu tun. Du hast selber gesagt, du wüßtest, daß es unvermeidlich sei.«
    »Ja, wie so viele traurige Dinge unvermeidlich sind. Nun, ich muß wohl auf deinen Erfolg trinken.« Sie tat es. Er blieb länger, als er vorgehabt hatte, versuchte ein billigendes Lächeln von ihr zu erhaschen, versuchte, sie zu einer Auseinandersetzung zu provozieren, damit er wenigstens zurückschlagen konnte. Ihre traurige Resignation war schlimmer als zorniger Widerstand; sie lastete auf ihm wie ein Urteil, gegen das es keine Berufung gab. Er betete, daß er, so unwahrscheinlich dieser Glücksfall auch war, Erfolg haben möge; selbst sie würde darin Trost finden.
    D IE P ROBEN BEGANNEN Ende des Winters. Das Ensemble, der Regisseur, der Produzent, der Autor und etwa ein Dutzend schwer zu klassifizierender, ziemlich schäbig wirkender Leute (Hattie und Charlie waren blendende Ausnahmen) versammelten sich in einem merkwürdigen Saal in der Gegend des Times Square. Charlie konnte sich nicht vorstellen, wofür der Saal ursprünglich bestimmt gewesen war. Es waren noch Reste vergangener Pracht, ein paar an die Wände gemalte Schnörkel, ein verstaubter Lüster aus Glas und Metall, aber es war undenkbar, daß hier einmal Festlichkeiten stattgefunden hatten. Der Saal war lang und hoch und schlecht beleuchtet. Viele Stühle standen darin. Sie saßen alle in einer Reihe, Andy Mars ihnen gegenüber, und lasen das Stück. Diese Gruppenbemühung machte es nicht besser. Hattie las ihren Text so, daß alle anderen sich amüsierten. Charlie fand, daß das Mädchen, in das er verliebt sein sollte, ein unscheinbares Ding mit einer besonders kratzenden Stimme war. Als sie die Lesung beendet hatten, standen sie alle auf und gingen umher. Andy Mars kam auf Charlie zu.
    »Haben Sie schon begonnen, Ihren Text zu lernen, Mills?« fragte er, seinen Gummi kauend.
    »Ja. Wenn wir ihn erst einmal geprobt haben und ich mir eine Vorstellung machen kann von den Rollen der anderen, werde ich wahrscheinlich meinen Text nicht mehr brauchen.«
    »Ich habe Ihnen eine Frage gestellt. Sie brauchen keine Rede zu halten. Ihr Lesen ist o. k., aber es ist nur Lesen. Ich möchte, daß Sie etwas Leben hineinbringen.«
    »Gewiß, sobald wir mit den richtigen Proben beginnen«, sagte Charlie, aber Andy Mars hatte sich bereits

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