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Ein Fall von Liebe

Ein Fall von Liebe

Titel: Ein Fall von Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon Merrick
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abgewandt und sprach mit jemand anderem. Charlie sagte sich, es sei sinnlos, das tragisch zu nehmen. Er hatte sicherlich viel im Kopf. Andy Mars begann, Stühle hin und her zu schieben. Drei Stühle waren ein Sofa; zwei ein paar Meter davon entfernte waren eine Tür oder ein Fenster. Er markierte mit Kreide auf dem Fußboden die Stelle, wo die Bühne aufhörte.
    »Nun wollen wir mal anfangen.«
    Die Schauspieler traten auf und lasen ihren Text. Mars gab ihnen Anweisungen. Charlie hatte seinen ersten Auftritt und las eine Zeile. Auch ihm gab Mars eine Anweisung. Charlie bewegte sich entsprechend und las eine zweite Zeile. Auch danach gab Mars ihm eine Anweisung. Charlie las eine dritte Zeile. Mars unterbrach ihn.
    »Machen Sie sich Notizen. Ich habe keine Lust, Ihnen das alles zweimal zu sagen.«
    »Ich brauche mir keine Notizen zu machen. Ich behalte das so.«
    »Ich habe gesagt, machen Sie sich Notizen.«
    Charlie blickte ihn an. Wut regte sich in ihm. Er konnte den Kerl nicht leiden. Mach dir nichts draus, sagte er sich. »Ich soll doch meinen Text auswendig sprechen, warum soll ich mir dann Notizen machen?«
    »Ich habe nichts davon gesagt, daß Sie den Text auswendig sprechen sollen. Ich habe gesagt, Sie sollten wie ein Mensch sprechen. Dies ist kein Shakespeare, verdammt nochmal.« Man hörte amüsiertes Gemurmel. »Reden Sie nicht lange, sondern tun Sie, was ich sage.«
    Charlie blickte ihn weiter an, und in seinem Gesicht spiegelte sich Verachtung. »Entscheiden Sie sich, entweder das eine oder das andere.«
    Mars’ Augen funkelten. »Nun gut, Sie Eierkopf. Wollen Sie mitspielen oder nicht?«
    »Sie halten die Probe auf, nicht ich.«
    Mars wandte sich abrupt ab. Charlie lächelte vor sich hin, als die Probe weiterging. Gegen Abend, als eine Eßpause eingelegt wurde, verlangte es Charlie sehr nach einem Drink. Mars war offenbar entschlossen, ihn zu provozieren, bis er die Beherrschung verlor. Er redete ihn nur noch mit Eierkopf an, unterbrach ihn beständig, spottete über sein Lesen. Aber er tat es indirekt, sah Charlie nie an, und das machte es Charlie möglich, es hinzunehmen.
    »Was für eine Scheiße«, brach es aus ihm heraus, als er und Hattie die Straße hinunter zu einer Bar eilten.
    »Er glaubt vielleicht, er könne mehr aus dir herausholen, wenn er dich in die Zange nimmt. Du sitzt auf zu hohem Roß, Liebster. Er will dem wahrscheinlich psychologisch begegnen.«
    Er trank drei Whisky, während sie einen trank, und begann sich zu beruhigen. »Ach, es ist mir gleich«, sagte er, die Schultern zuckend. »Das macht es nur sehr schwer, sich zu konzentrieren.«
    Sie lachte. »Armer Andy. Es sieht aus, als ob ein kleiner Schlepper gegen einen Luxusdampfer bumse. In ein paar Tagen wird es ihm wahrscheinlich selber über sein.«
    »Wenn ich das so lange aushalte.«
    »Ich glaube, ich weiß, was er hinsichtlich deines Lesens meint. Wir können es später noch mal proben. Ich werd’s dir zeigen.«
    »Mir braucht man nichts zu zeigen.« Mars war schon schlimm genug, er wollte nicht auch noch von Hattie begönnert werden. »Ich habe noch gar nicht die Zeit gehabt, richtig anzufangen. Jetzt bin ich bereit.« Er hatte Zeit für einen vierten Whisky, ehe sie wieder an die Arbeit gingen.
    Die Whiskys waren eine Hilfe. Er las seinen Text ohne Stocken. Selbst Mars schien beeindruckt; jedenfalls widmete er seine Aufmerksamkeit anderen Mitgliedern des Ensembles. Aber das Duell war noch nicht beendet. Es begann am nächsten Tage von neuem.
    Charlie hatte gerade mit einer seiner bedeutenderen Szenen begonnen. Nach ein paar Augenblicken winkte Mars ab. »Halt, Eierkopf. Ich habe Ihnen gesagt, wie Sie sich bei dieser Zeile bewegen sollen. Ich habe Ihnen gesagt, ich würde nicht alles zweimal sagen.«
    »Das brauchen Sie auch nicht. Ich weiß, welche Anweisung Sie mir gegeben haben. Ich habe aber das Gefühl, die Bewegung paßt da nicht ganz. Sie ist bei der nächsten Zeile natürlicher.«
    »Sie müssen es eben so spielen, daß die Bewegung paßt. Wer führt hier Regie, Sie oder ich?«
    »Oh, Sie natürlich! Ich würde das gar nicht wollen!«
    Entsetztes Murmeln war zu vernehmen. Mars blickte auf den Fußboden. Zählte er bis zehn? Er ging zu seinem Stuhl zurück. »Nun gut, David Belasso, wollen wir uns mal ansehen, wie Sie sich die Szene vorstellen.«
    Der Wortwechsel bestimmte den Ton des ganzen Tages. Charlie begegnete Mars’ scharfem Angriff mit Überheblichkeit. Es gelang ihm, sich äußerlich zu beherrschen, aber

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