Ein Fall von Liebe
ein schriller Einbruch in die Stille. Peter fuhr zusammen, eilte dann zur Tür und öffnete sie. Charlie wankte herein und lehnte sich an die Wand. Peter drehte sich das Herz im Leibe. »Du lieber Himmel«, stieß er hervor. »Was ist?«
Charlie strich sich mit einer Hand über die Augen und schüttelte den Kopf. »Gott sei Dank, daß du da bist. Ist sonst noch jemand hier? Wenn ich diese Sachen ausziehen kann, wird mir besser sein.«
Peter blickte in das bleiche Gesicht, auf den schlaffen Körper. Er war offensichtlich sternhagelbetrunken. Er sah den dunklen Fleck am Hosenschlitz, und das Blut erstarrte in seinen Adern. »Komm«, sagte er. Er hielt Abstand von ihm, obwohl es ihn verlangte, ihm zu helfen, als er sah, wie schwer ihm das Gehen fiel. Er ging ins Schlafzimmer voraus und wandte sich ab, als Charlie seine Hose herunterfallen zu lassen begann. Er nahm einen Morgenrock aus dem Schrank, bewegte sich langsam, um Zeit zu gewinnen. Er fürchtete sich vor dem Anblick des nackten Charlie; er hielt den Morgenrock hoch, damit er ihn ihm so schnell wie möglich um die Schultern legen konnte. Charlie nahm vorsichtig das blutdurchtränkte Handtuch von seinem Glied. Peter stand wie gelähmt da. Der Magen hob sich ihm, und es kribbelte ihn am ganzen Körper. »Ach«, murmelte er. Er warf den Morgenrock über Charlies Schultern. »Um Gotteswillen geh ins Badezimmer und behandle die Wunde. Wenn sie noch blutet, du findest dort Verbandszeug. Ich werde einen Arzt rufen. Hast du...? Hat ein Junge...?«
»Hattie.«
»Hattie! Das kann doch nicht sein!« Er eilte ans Telefon. Sie hatte Charlies Schwanz zerfetzt. Er würde sie umbringen. Es würde natürlich wieder heilen. Es mußte heilen. Dennoch würde das Glied ihm nie wieder gehören. Der Gedanke, daß Charlie für immer ein Krüppel sein könnte, erfüllte ihn mit Trauer und Verzweiflung. Er wählte eine Nummer.
»Hello, Phil? Hier ist Peter. Verzeih, daß ich so spät anrufe. Aber du mußt herkommen... Nein, ich meine sofort... Ich würde dich bestimmt nicht darum bitten, wenn es nicht ernst wäre... Nun, jemandes Schwanz ist völlig zerfetzt... Ja, danke, Schatz.« Er hängte ein und ging ins Schlafzimmer zurück. Er hörte Wasser laufen. Ein paar Augenblicke später kam Charlie aus dem Badezimmer. Er hatte den Morgenrock an und bewegte sich jetzt schon ungezwungener. Peter verschlug der Anblick des herrlichen geliebten Körpers unter der wehenden weichen Seide den Atem. Er konnte nicht dagegen an; diese Gestalt, dieses Fleisch, dieser Mensch, nach dem er sich so lange gesehnt hatte, ließen ihn die ganzen letzten Monate vergessen. Er wollte ihn festhalten und für ihn sorgen. Aber was war nur mit seinem Gesicht? Spiegelte sich Schmerz darin? Nur mühsam wandte er die Augen von ihm ab.
»Der Arzt kommt. Komm mit ins Wohnzimmer. Ich werde dir einen Whisky geben.« Er ging ihm schnell voraus. Charlie folgte ihm und ließ sich in einen Sessel fallen. Peter brachte den Whisky und reichte ihm das Glas. Er schüttelte den Kopf.
»Ach Gott, ich bin in einer so furchtbaren Lage. Ich weiß nicht, was ich getan hätte, wenn du nicht hier gewesen wärst.«
Peter stellte den Whisky neben ihn. »Es ist das Beste, du berichtest mir alles.«
»Sie hat es mit ihren Zähnen getan.« Seine Schultern verkrampften sich, und er bedeckte das Gesicht mit den Händen. Aus seinem Mund kam ein Stöhnen, das dann zu einem Wimmern wurde. Er ließ die Hände fallen und blickte Peter mit verängstigten Augen an. »Ich habe sie geschlagen«, flüsterte er heiser. Er blickte auf die auf seinen Knien liegenden Hände hinunter und ballte sie zu Fäusten. »Ich habe sie geschlagen, so heftig, wie ich konnte. Ich habe sie vielleicht – ich weiß nicht. Ich habe sie vielleicht getötet.«
»Was meinst du damit, du habest sie vielleicht getötet? Du mußt betrunken gewesen sein. Wovon redest du? Wo ist sie?«
»Sie ist in der Wohnung. Ich bin weggerannt. Ich mußte weg. Ich mußte dich finden.«
»Ach, Liebling.« Er sagte das in vorwurfsvollem Ton, dennoch erfüllte Dankbarkeit sein Herz, weil Charlie ihn brauchte. Sie blickten einander in die Augen. Eine Grimasse verzerrte Charlies Gesicht, und er griff sich mit den Fingern ins Haar. Er schwankte und keuchte und versuchte verzweifelt, die Angst in ihm zu unterdrücken. Peter biß die Zähne zusammen. Er begann am ganzen Leibe zu zittern. »Nein. Nein. Reg dich nicht auf. Wir müssen etwas tun. Sie braucht vielleicht Hilfe. Sie stirbt
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