Ein Fest der Liebe – Nacht der Wunder
alle”, rief Lizzie und zwang sich zu einem fröhlichen Lächeln. Sie lief zu dem Baum, hob ihren kostbaren Mantel hoch und reichte ihn Mrs. Halifax. “Für Sie.” Ellen und Jack bekamen John Henrys Farben, Whitleys handgeschneiderter Übermantel ging an John Brennan. Die Pfeife, die sie für ihren Vater gekauft hatte, bekam Mr. Christian. Für Whitley war das Buch und für Morgan die Taschenuhr. Mr. und Mrs. Thaddings reichte sie eine kleine Schachtel handgeschöpfter Schokolade aus einem Laden in San Francisco, die sie für Lorelei ausgesucht hatte.
“Und was ist mit Ihnen?” Ellen starrte auf ihren Farbkasten und dann zu Lizzie. “Haben Sie nichts bekommen?”
Zum ersten Mal, seit Mr. Christian mit dem kleinen Baum unterm Arm zum Zug zurückgekehrt war, sprach er einen zusammenhängenden Satz. “Aber wieso? Der Weihnachtsmann will, dass sie die Spieluhr bekommt”, erklärte er mit schwacher Stimme.
Ellen war zufrieden und begann, Malkasten, Pinsel und Papier zu untersuchen. Natürlich würde Lizzie die Spieluhr nicht annehmen. Denn so großzügig Mr. Christians Angebot auch war – die Uhr hatte seiner verstorbenen Frau gehört und war somit ein Erbstück.
Aus Furcht, dass der Kamin mit Schnee bedeckt war, machten sie kein Feuer. Es wurde immer kälter. Aber wenn wir schon sterben müssen, dachte Lizzie, dann wenigstens gut gelaunt.
Sie straffte die Schultern und hob das Kinn, doch noch bevor sie etwas sagen konnte, hörte sie ein leises Geräusch – und dann noch eins.
“Still!”, rief sie.
Ein weiteres Klirren – Metall, das gegen Metall schlug. Spaten? Es kam aus einiger Entfernung, vielleicht aus Richtung der Lokomotive.
“Sie sind da”, flüsterte Lizzie. “Sie sind da!”
Alle sahen nach oben, als erwarteten sie, dass ihre Retter durch die Decke kämen.
Die Zeit schien stillzustehen.
Klirr, klirr, klirr
.
Und dann – wenige Minuten später – hörten sie Schritte auf dem Dach der Kombüse und eine gedämpfte Stimme.
Die Stimme ihres Vaters.
“Lizzie!”, rief Holt McKettrick.
“Ich bin hier, Dad!”, schluchzte Lizzie laut auf. “In der Kombüse!”
Nun wurde das Klirren der Spaten lauter.
“Lizzie?”, rief ihr Vater wieder. “Halt durch, Liebling.”
Keine fünf Minuten später ruckelte die Tür, die Morgan nicht hatte öffnen können, in den Angeln und wurde mit einem ohrenbetäubenden Kreischen aufgestoßen. Holt McKettrick stand im Türrahmen.
Groß. Stark. So gut aussehend, dass Lizzie vor Stolz und Glück das Herz anschwoll. Holt McKettrick konnte Himmel und Hölle in Bewegung setzen, wenn es sein musste – für seine Tochter und für einen Zug voller Fremder.
Lizzie flog in seine Arme.
Er riss sie in die Höhe und küsste sie auf den Kopf. Sie spürte seine warmen Tränen in ihrem Haar. “Gott sei Dank”, murmelte er. “
Gott sei Dank
.”
Weinend klammerte sie sich an ihn und versuchte nicht einmal, das erleichterte Schluchzen zu unterdrücken, das sich nun nach all den Strapazen Bahn brach. “Daddy … Daddy!”
“Ssch”, sagte Holt heiser, “jetzt ist alles gut, mein Mädchen!”
Hinter ihm betraten ihre Onkel den Zug – zuerst Rafe, dann Kade und Jeb. Ihnen folgte ein weiterer Mann, den Lizzie nicht kannte.
“Pa!”, kreischten Ellen und Jack und warfen sich in die ausgebreiteten Arme des großen, schlanken Cowboys. Über die Köpfe seiner Kinder hinweg tauschte er einen Blick voll ehrfürchtiger Dankbarkeit mit Mrs. Halifax, die ihr Baby so fest an sich gedrückt hielt, dass es sich zu wehren begann. Auch ihr liefen Tränen über die Wangen.
Als Lizzie von ihrem Vater wieder auf den Boden gestellt wurde, hatte sie zumindest ein Mindestmaß an Fassung zurückgewonnen. Sie schluckte einmal schwer, dann sah sie ihn an. “Ich wusste, dass ihr kommen würdet”, sagte sie.
Holt grinste. “Aber natürlich. Ohne dich wäre es kein Weihnachten gewesen, Lizzie.”
“E…einige der anderen sind verletzt”, fuhr Lizzie beschämt fort, weil sie ihre Mitreisenden in ihrem Glück vollkommen vergessen hatte.
Doch ihre Onkel hatten die Situation bereits überblickt. “Wir sollten besser schnell machen, Holt”, meinte Rafe mit einem Blick zur Decke. Er war ein großer Mann, stämmig und mit dunklem Haar. Seine Augen leuchteten wie die indigoblauen Hemden der Farmarbeiter.
Unterdessen begrüßte Kade Morgan mit einem Handschlag. “Willkommen in Indian Rock”, sagte er, während Lizzie ihren Onkel strahlend ansah – kräftig gebaut mit
Weitere Kostenlose Bücher