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Ein Feuer Auf Der Tiefe

Ein Feuer Auf Der Tiefe

Titel: Ein Feuer Auf Der Tiefe Kostenlos Bücher Online Lesen
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Eingang Licht hereinfiel. Johanna ließ sich auf die Kissen fallen, wo sie für gewöhnlich schlief. Die ganze Zeit seit dem Nachmittag, seit der großen Auszeichnungsgeschichte, hatte sie vor, der Königin ordentlich die Meinung zu sagen. Jetzt… nun ja, die Feier bei den Kanonieren war eine fröhliche Sache gewesen. Es schien irgendwie schade um die Stimmung zu sein.
    Holzschnitzerin reckte ihr einen Kopf entgegen. Gleichzeitig vollführten die beiden Welpen dieselbe Geste. »Ich habe dich bei der Feier gesehen. Du bist immer nüchtern. Du isst jetzt das meiste von unserer Nahrung, trinkst aber nie Bier.«
    Johanna zuckte die Achseln. Ja, warum eigentlich? »Kinder sollten nicht trinken, bevor sie achtzehn Jahre alt sind.« Das war der Brauch, und ihre Eltern waren derselben Ansicht gewesen. Johanna war vor ein paar Monaten vierzehn geworden, das Datio hatte sie an die genaue Stunde erinnert. Sie fragte sich: Wenn nichts von alledem geschehen wäre, wenn sie sich noch daheim im Hochlabor oder im Straumli-Bereich befände – würde sie sich mit Freunden wegschleichen, um derlei verbotene Dinge auszuprobieren? Wahrscheinlich. Hier jedoch, wo sie ganz auf sich allein gestellt und gegenwärtig gerade eine große Heldin war, hatte sie keinen Tropfen versucht… Vielleicht lag es daran, dass Mutti und Vati nicht da waren, und wenn sie ihre Wünsche befolgte, schienen sie ihr näher zu bleiben. Sie fühlte, wie ihr die Tränen kamen.
    »Hmm.« Holzschnitzerin schien es nicht zu bemerken. »Pilger hat gesagt, das sei der Grund.« Sie tätschelte ihre Welpen und lächelte. »Ich glaube, das hat Sinn. Diese beiden bekommen kein Bier, bis sie älter sind – obwohl ich weiß, dass sie heute durch mich ein bisschen aus zweiter Hand von der Feier abbekommen haben.« Im Zelt hing eine Spur von Bieratem.
    Johanna wischte sich grob übers Gesicht. Sie hatte keine Lust, ausgerechnet jetzt darüber zu reden, dass sie eine Halbwüchsige war. »Weißt du, das war ein ziemlich gemeiner Streich, den du Scrupilo heute nachmittag gespielt hast.«
    »Ich… Ja. Ich habe mit ihm vorher darüber gesprochen. Er wollte nicht, aber ich dachte, er sei einfach nur… ist halsstarrig das richtige Wort? Wenn ich gewusst hätte, wie schwer er es genommen hat, dann…«
    »Er ist praktisch vor aller Augen zerfallen. Wenn ich richtig verstehe, wie das funktioniert, dann wäre er damit in Ungnade gefallen, nicht wahr?«
    »… Ja. Im Angesicht der Gefährten Ehre gegen Treue tauschen ist eine wichtige Sache. Zumindest so, wie es bei mir üblich ist; gewiss können Pilger oder das Datio ein Dutzend andere Arten nennen, wie man führt. Siehst du, Johanna, ich brauchte die Zeremonie des Austauschs, und ich musste dich und Scrupilo dabei haben.«
    »Ja, ja, ich weiß. ›Wir, die Retter.‹«
    »Sei still!« Ihre Stimme war plötzlich kantig, und Johanna fiel wieder ein, dass dies eine mittelalterliche Königin war. »Wir sind zweihundert Meilen nördlich von meinen Grenzen, fast im Herzen des Flenserreichs. In ein paar Tagen werden wir auf den Feind treffen, und noch viele von uns werden sterben, ohne recht zu wissen, wofür.«
    Johanna sackte das Herz in die Hose. Wenn sie nicht zurück zum Schiff gelangen, nicht vollenden konnte, was Mutti und Vati begonnen hatten… »Bitte, Holzschnitzerin! Es ist es wert!«
    »Ich weiß das. Pilger weiß es. Die Mehrheit meines Rates stimmt zu, wenn auch widerwillig. Doch wir vom Rat haben mit dem Datio gesprochen. Wir haben eure Welten gesehen, und was eure Wissenschaft vollbringen kann. Andererseits sind die meisten Leute hier« – sie deutete mit einem Kopf auf das Lager jenseits des Zeltes – »auf Treu und Glauben und aus Loyalität zu mir dabei. Für sie ist die Lage tödlich und der Zweck verschwommen.« Sie hielt inne, obwohl ihre Welpen noch eine Sekunde lang heftig gestikulierten. »Ich weiß nun nicht, wie du deinesgleichen überzeugen würdest, solche Risiken auf sich zu nehmen. Das Datio spricht von Wehrpflicht.«
    »Das war auf der Nyjora, vor langer Zeit.«
    »Egal. Der springende Punkt ist, meine Truppen sind aus Treue hier, größtenteils zu mir persönlich. Sechshundert Jahre lang habe ich mein Volk gut beschützt, ihre Erinnerungen und Legenden lassen daran keinen Zweifel. Mehr als einmal habe ich allein das Verderben gesehen, und es war mein Rat, der alle jene gerettet hat, die sich hineinstürzen wollten. Das ist es, was die meisten Soldaten, die meisten Kanoniere hier hält. Jedem von ihnen

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