Ein Feuer Auf Der Tiefe
von Sonnenlicht. »In Ordnung.« Johanna zog die Oberkleidung aus. Sie legte sich hin und zog eine leichte Decke über sich. Die meisten von Holzschnitzerin schienen schon zu schlafen. Wie üblich, waren ein oder zwei Augenpaare offen, doch ihre Intelligenz würde beschränkt sein – und jetzt eben sahen sogar sie müde aus. Komisch. Holzschnitzerin hatte so viel mit dem Datio gearbeitet, ihre menschliche Stimme erfasste sowohl Gefühle als auch die Aussprache. Gerade eben hatte sie so müde geklungen, so traurig.
Johanna langte unter ihrer Decke hervor, um den Hals von Holzschnitzerins Nächstem, dem Blinden, zu streicheln. »Glaubst du, was du allen erzählt hast?«, fragte sie leise.
Einer der ›Wachköpfe‹ schaute zu ihr herüber, und ein sehr menschliches Seufzen schien aus allen Richtungen zu kommen. Holzschnitzerins Stimme war sehr schwach. »Ja…, aber ich habe große Angst, dass es keine Rolle mehr spielt. Sechshundert Jahre lang hatte ich das rechte Selbstvertrauen. Doch was am Südhang geschehen ist…, hätte nicht geschehen dürfen. Es wäre nicht geschehen, wenn ich Feilonius’ Rat gefolgt wäre und die Neue Straße genommen hätte.«
»Aber wir hätten gesehen werden können…«
»Ja. In jedem Falle ein Versagen, verstehst du nicht? Feilonius hat genaue Informationen aus den höchsten Räten des Flensers. Aber in Dingen des Alltags ist er ein ziemlich sorgloser Narr. Ich wusste das und dachte, ich könnte es ausgleichen. Aber die Alte Straße war in viel schlechterem Zustand, als ich mich erinnerte; das Wolfsnest hätte sich niemals dort festsetzen können, wenn es in den letzten paar Jahren mehr Verkehr gegeben hätte. Wenn Feilonius seine Patrouillen ordentlich geführt hätte, oder ich ihn, wären wir niemals überrascht worden. Statt dessen sind wir beinahe überrannt worden – und mein einziges verbliebenes Talent scheint es zu sein, diejenigen, die mir vertrauen, glauben zu machen, ich wüsste noch, was ich tue.« Sie öffnete ein zweites Paar Augen und machte die Geste eines Lächelns. »Sonderbar. Diese Dinge habe ich nicht einmal Pilger gesagt. Ist das noch ein ›Vorteil‹ menschlicher Beziehungen?«
Johanna tätschelte den Hals des Blinden. »Vielleicht.«
»Jedenfalls glaube ich, was ich über die Dinge gesagt habe, die sein könnten, aber ich fürchte, meine Seele wird womöglich nicht stark genug sein, sie wahr werden zu lassen. Vielleicht sollte ich die Führung an Pilger oder Feilonius abgeben; darüber muss ich nachdenken.« Holzschnitzerin unterband mit einem »Psst« Johannas überraschten Widerspruch.
»Schlaf jetzt bitte.«
ZWEIUNDDREISSIG
Es hatte eine Zeit gegeben, da Ravna glaubte, ihr winziges Schiff könnte den ganzen Weg bis zum Grund unbemerkt fliegen. Zusammen mit allem anderen hatte sich das geändert. Momentan war die Aus der Reihe II vielleicht das berühmteste Sternenschiff, von dem das Netz wusste. Eine Million Rassen beobachteten die Verfolgungsjagd. Im Mittleren Jenseits sendeten ausgedehnte Antennenschwärme in ihre Richtung und lauschten den Geschichten – größtenteils Lügen –, die die Verfolger der ADR ausstrahlten. Sie konnte diese Lügen natürlich nicht direkt hören, aber die Übertragungen, sie sie empfing, waren so deutlich, als befänden sie sich in einem Hauptkanal.
Ravna brachte einen Teil jedes Tages mit der Lektüre der Nachrichten zu, um Hoffnung zu finden, um sich selbst zu beweisen, dass sie richtig handelte. Mittlerweile wusste sie ziemlich sicher, wer Jagd auf sie machte. Zweifellos würden dem sogar Pham und Blaustiel zustimmen. Warum sie verfolgt wurden und was sie am Ende finden könnten, war jetzt der Gegenstand endloser Spekulationen im Netz. Wie immer war die Wahrheit, was immer das sein mochte, gut zwischen Lügen versteckt.
CRYPTO: 0
EMPFANGEN VON: ADR ad hoc
SPRACHPFAD: Triskweline, SjK-Einheiten
VON: Hanse
[Keine Erwähnung vor dem Untergang von Relais. Keine wahrscheinliche Quelle. Das ist jemand sehr Vorsichtiges.]
GEGENSTAND: Allianz für die Verteidigung betrügerisch?
VERTEILER:
Pestgefahr
Interessengruppe Kriegsbeobachter
Interessengruppe Homo sapiens
DATUM: 5,80 Tage seit dem Untergang von Sjandra Kei
SCHLAGWÖRTER: Törichtes Unterfangen, unnötiger Genozid
TEXT DER BOTSCHAFT:
Zu einem früheren Zeitpunkt habe ich vermutet, es gäbe keine Zerstörungen bei Sjandra Kei. Ich entschuldige mich. Das beruhte auf einem Fehler bei der Katalogidentifikation. Ich stimme den Botschaften
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