Ein feuriger Gentleman: Roman (German Edition)
nordwestlichen Teil der Cotswolds. Avening hatte sich in den besten Händen befunden; er vertraute Griggs, so wie sein Vater vor ihm. Wesentlich dringlicher hatte er sich mit den verschiedenen Beteiligungen und verstreuten Besitzungen befassen müssen, die er völlig unerwartet von seiner Großtante Sophia geerbt hatte.
Seine Mutter war die Tochter eines Earls gewesen und sein Vater der Enkel eines Herzogs. Großtante Sophia war eine exzentrische alte Jungfer gewesen, einer der zahllosen Zweige im Familienstammbaum seines Vaters. Ihr Steckenpferd war es gewesen, ihr Vermögen zu mehren. Obwohl Jack sich nur daran
erinnern konnte, sie zweimal in seinem Leben getroffen zu haben, hatte Großtante Sophia ihm bei ihrem Tod vor zwei Jahren einen beachtlichen Teil ihres Reichtums vermacht.
Als er nach England zurückgekehrt war, war es unumgänglich gewesen, sich über seine neuen Besitztümer und seine Investitionen zu informieren. Pflichtbewusst hatte er die tief verwurzelte Sehnsucht hintangestellt, nach Avening zu fahren – um sich zu vergewissern, dass alles beim Alten war, dass nach all den Jahren sein Zuhause immer noch so war wie in seiner Erinnerung. Stattdessen hatte er die letzten sechs Monate der Aufgabe gewidmet, sich einen Überblick über seine Erbschaft zu verschaffen und daraus einen Besitz zu machen, der sich anständig verwalten ließ.
Obwohl er nun mehrere elegante Landhäuser besaß, bildete Avening immer noch den Mittelpunkt, dort war sein Zuhause, dorthin gehörte sein Herz.
Deshalb war er jetzt hier und ritt langsam die Straße entlang, während er mit seinen matten Sinnen die schmerzlich vertraute Umgebung wahrnahm, die eine lindernde Wirkung auf seine innere Unruhe, auf seine vage Unzufriedenheit, den dumpfen, aber hartnäckigen Schmerz in seinem Kopf entfaltete.
Die Unruhe und die Unzufriedenheit waren seiner Unfähigkeit geschuldet, eine passende Braut zu finden. Er hatte beschlossen, in den sauren Apfel zu beißen. Während er in London mit dem Ordnen der Erbschaft beschäftigt gewesen war, hatte er sich in der guten Gesellschaft umgesehen. Sobald die Saison begonnen hatte, hatte er angenommen, an passenden jungen Damen werde kein Mangel herrschen. Denn schließlich ging es bei dem Heiratsmarkt ja darum, nicht wahr? Stattdessen hatte er feststellen müssen, dass zwar süße und auch weniger süße Damen die Wege, Parks und Ballsäle zuhauf bevölkerten, solche Frauen jedoch, von denen er sich vorstellen konnte, sie zu heiraten, nirgends zu finden waren.
Er hätte gesagt, er sei wohl zu alt und zu wählerisch, aber er war erst vierunddreißig, in bestem heiratsfähigem Alter für einen Gentleman, und er hatte keine besonderen Ansprüche an das Äußere möglicher Gattinnen. Klein oder groß, blond oder brünett, es war ihm alles gleich – was zählte war, dass sie fraulich waren, weiche, süß duftende Haut, weibliche Rundungen hatten und wenn sie dann unter ihm lagen, ihnen diese leisen atemlosen Seufzer über die vollen Lippen kamen. Es sollte nicht allzu schwer sein, ihn zufriedenzustellen.
Doch zu seiner Enttäuschung hatte er herausgefunden, dass er die Gesellschaft von jungen Damen nicht länger als fünf Minuten ertrug. Danach begann er sich derart zu langweilen, dass es ihm schon schwerfiel, sich nur an ihre Namen zu erinnern. Aus Gründen, die er nicht begriff, besaßen sie alle nicht die Fähigkeit, seine Aufmerksamkeit zu erregen, geschweige denn zu fesseln. Unweigerlich begann er nur Minuten nach der Vorstellung nach einer Fluchtmöglichkeit zu suchen.
Darin war er gut; oder wenigstens hatte er das gedacht, bis er Miss Lydia Cowley kennengelernt hatte und ihren Drachen von Tante.
Miss Cowley war die Tochter eines wohlhabenden Fabrikbesitzers, deren Tante Verbindungen zum Adel in den Midlands hatte. Jack hatte an Miss Cowley wenig gefunden, das ihn interessierte. Im Gegenzug hatten Miss Cowley und ihre Tante allerdings eine Menge an ihm entdeckt, was sie interessierte.
Sie hatten versucht, ihm eine Falle zu stellen. In Gedanken woanders, hatte er die Gefahr erst bemerkt, als es schon zu spät war. Aber sobald er sich bewusst war, was vor sich ging, hatten seine perfekt entwickelten Überlebensinstinkte die Herrschaft übernommen, ebenjene Instinkte, die ihn am Leben gehalten und dafür gesorgt hatten, dass er bis zum Ende unter den Feinden unentdeckt geblieben war. Sie hatten gedacht, sie hätten ihn mit Miss Cowley allein in einen Salon im ersten
Stock gelockt, doch
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