Ein feuriger Gentleman: Roman (German Edition)
Langsam ließ Jack die Kutsche herab, dann kam er zu ihr.
Stirnrunzelnd betrachtete sie das Gesicht des Verletzten und ließ sich neben ihm auf die Knie nieder.
»Kennen Sie ihn?« Jack kniete sich auf der anderen Seite ins Gras.
Sie schüttelte den Kopf.
»Er stammt nicht aus der Gegend hier.«
Was bedeutete, dass sie von hier kam, und das verwunderte ihn. Sie hatte jedenfalls nicht vor sieben Jahren irgendwo hier in der Nähe gelebt. Beerdigung hin oder her, sie wäre ihm aufgefallen, und er hätte sich an sie erinnert.
Methodisch begann er den Mann auf Verletzungen zu untersuchen, richtete Arme und Beine geradeaus und fand die Brüche.
Immer noch mit einer steilen Falte zwischen den Brauen verfolgte sie sein Tun.
»Wissen Sie, was Sie da tun?«
»Ja.«
Ihre Lippen wurden schmal, aber sie widersprach ihm nicht.
Seine erste Einschätzung der Verletzungen war weitestgehend zutreffend gewesen. Mit einem raschen erfahrenen Ruck kugelte er die Schulter wieder ein, dann schiente er unter Verwendung von Holzstücken, die von der Kutsche stammten, und des Halstuches des Mannes den Arm und verband ihn und die Schulter. Dann wandte er sich dem Bein zu, das an zwei Stellen gebrochen war. Immerhin hatte er genug Holz zum Schienen.
Er blickte die Dame an.
»Ich nehme nicht an, Sie könnten in Erwägung ziehen, einen Saum Ihres Unterrockes zu opfern, oder?«
Sie schaute auf und blickte ihn an. Ihr stieg schwache Röte in die blassen Wangen.
»Oh, selbstverständlich tue ich das.«
Ihre geröteten Wangen straften ihren Ton Lügen; sie gestattete sich keine Zimperlichkeit. Einen Moment später hörte er das Reißen von Stoff.
Er stand auf und ging zur Kutsche, um nach längeren Holzstücken zu suchen. Als er zurückkehrte, lag ein langer weißer Leinenstreifen neben dem bewusstlosen jungen Mann.
Er bückte sich und machte sich ans Werk. Sie half ihm, arbeitete schweigend unter seiner Anleitung.
Jacks Erfahrung nach waren Frauen nur selten stumm.
Mit ihren Händen fasste sie dort an, wo er es ihr zeigte, und hielt die Schienen fest, und er konnte nicht umhin zu bemerken,
dass ihre Hände so elegant und feingliedrig waren wie ihr Gesicht, die Handflächen waren schmal, die Haut feinporig und weiß.
Eindeutig die Hände einer Adeligen.
Er schaute kurz in ihr Gesicht, das er nun, da sie sich beide über den Mann beugten, aus nächster Nähe betrachten konnte. Auch ihre Züge waren eindeutig vornehm. Was den Rest betraf …
Er senkte den Blick wieder auf den Verletzten und zwang sich, sich auf ihn und sein gebrochenes Bein zu konzentrieren, was ihm nicht leichtfiel.
Sie hatte die Art von Figur, die man gemeinhin als üppig bezeichnete.
Wörter wie »sinnlich« fielen ihm ein, Ausdrücke wie »gut gebaut«.
Dann musste er wieder an ihren stechenden Blick von vorhin denken und fand die passende Umschreibung: gebieterisch wie die Königin Boudicca.
Sehr englisch, sehr weiblich und auch sehr kämpferisch.
Er verknotete die Enden des letzten behelfsmäßigen Verbandes. Sie hatten es dem Verletzte so angenehm wie möglich gemacht.
Boudicca setzte sich mit einem leisen Seufzen auf die Fersen.
Jack lehnte sich zurück und richtete sich auf. Er klopfte sich die Hände ab und hielt ihr eine hin.
Sie starrte an ihm vorbei die Straße hinab. Ohne ihn anzusehen – und offensichtlich auch ohne groß nachzudenken –, legte sie ihre Hand in seine und ließ sich von ihm auf die Füße ziehen.
Sie löste sich von ihm, schaute nach unten und betrachtete ihren Patienten.
»Das Schloss ist das nächstgelegene Haus. Wie transportieren wir ihn dorthin?«
Damit hatte sie ihn erneut überrascht. Nicht nur hatte sie über sein Haus verfügt, ihre Frage war zudem rhetorisch.
Obwohl er versucht war, abzuwarten, um zu sehen, wie sie das Problem lösen würde, erbarmte er sich des bewusstlosen Mannes. »Vermutlich können wir irgendein Teil der Kutsche als eine Art Trage verwenden, auf die wir ihn legen können.«
Er ging nachsehen. Die eine Seitentür war vollkommen kaputt, die andere war zwar unversehrt, aber zu klein. Das Brett unter dem Kutschbock war zersplittert.
»Könnte das hier gehen?«
Jack drehte sich um und entdeckte Boudicca, die auf die Rückseite des Phaetons deutete. Er stellte sich zu ihr und betrachtete prüfend das lange leicht gebogene hintere Brett, das sich auf der einen Seite gelöst hatte, aber ansonsten intakt schien.
»Machen Sie einen Schritt zurück.«
Natürlich bewegte sie sich keinen
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