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Ein fremder Feind: Thriller (German Edition)

Ein fremder Feind: Thriller (German Edition)

Titel: Ein fremder Feind: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Isringhaus
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Hansen. Schulz-Kampfhenkel nickte. Es gab wenig zu sagen. Sie starrten in Richtung der Kanus, die in den vergangenen zehn Minuten nicht nennenswert näher gekommen waren. Schulz-Kampfhenkel fluchte.
    »Strömung und Wellengang sind zu stark. Das wird nichts.«
    Die beiden Männer trieben mit dem Seekadett raus auf den Amazonas, der hier an die sechs Kilometer breit sein mochte. Die Caboclos, wie sich die Einheimischen nannten, mussten schon ein höllisches Tempo anschlagen, um die Havaristen einzuholen. Hansen teilte die Skepsis seines Chefs. Sie würden von der Strömung mitgerissen werden und in dieser stinkenden Brühe versinken. Und niemand würde ihnen eine Träne nachweinen.
    Schulz-Kampfhenkel schirmte die Augen mit der Hand vor der gleißenden Mittagssonne ab, spähte in Richtung ihrer Retter, als könne er sie kraft seines Blickes zu sich herüberziehen. Er murmelte vor sich hin, feuerte sie leise an. In Hansen stieg nach der anfänglichen Erleichterung und dem ersten Schrecken allmählich Wut auf seinen sogenannten Expeditionsleiter hoch. Otto Schulz-Kampfhenkel war kein Teufelsbraten, sondern ein Schwachkopf; ihre glückliche Landung reiner Zufall, der die Zeit bis zu ihrem unaufhaltsamen Ableben nur verlängerte.
    »Sie schaffen es, Heinrich«, triumphierte sein Chef. »Diese wunderbaren braunen Kerle kommen näher.«
    Hansen folgte Schulz-Kampfhenkels Blick. Kein Zweifel, die Caboclos waren jetzt deutlich zu erkennen. Es mussten an die zehn Einbäume sein. Die Männer paddelten wie verrückt,pflügten regelrecht durch die Wellen. Nur noch wenige Minuten, und sie würden bei ihnen sein.
    »Du hast recht«, sagte Hansen.
    Eine Viertelstunde später waren die Einheimischen in Rufweite. Sie bellten in ihrer weichen Sprache Kommandos, die Hansen nicht verstand. Schulz-Kampfhenkel aber nickte und wedelte mit dem Arm. Einer der Männer warf ihm ein Seil zu. Schulz-Kampfhenkel wickelte es um die Verstrebungen der Tragflächen.
    »Sie wollen uns abschleppen«, rief er Hansen zu. Der hatte aber auch kapiert, was zu tun war. Ein zweites Kanu kam längsseits, wieder flog ein Seil herüber. Geschickt verzurrten die Brasilianer nach und nach das Flugzeug. Offensichtlich hatten sie den Ehrgeiz, das Wrack ans Ufer zu bringen. Schulz-Kampfhenkel und Hansen mussten in ein Kanu umsteigen. Am Heck der Einbäume, die den Seekadett zogen, standen Männer mit Macheten, bereit, die Seile zu kappen, falls die Maschine sie in die Tiefe zu reißen drohte. Hansen war froh, im sicheren Boot zu sitzen; gleichzeitig ärgerte er sich darüber, dass die Caboclos jetzt Oberwasser hatten und sich garantiert über sie lustig machten. Aber er durfte sich seinen Zorn nicht anmerken lassen. Sie brauchten die Männer noch.
    Auf der Rückfahrt legten sich die Caboclos mindestens genauso ins Zeug wie eine Stunde zuvor. Allerdings war es selbst ihnen unmöglich, die schwere Fracht gegen die Strömung des Amazonas zum Dorf zu bringen. So erreichte der schwimmende Tross das Ufer ein gutes Stück flussabwärts, weit jenseits der ersten Häuser. Sie landeten auf einer von der Ebbe freigelegten Schlammbank.
    Schulz-Kampfhenkel legte Hansen eine Hand auf die Schulter.
    »Wir müssen den Seekadett auseinanderbauen, bevor die Flut kommt«, sagte er. »Sonst ist er verloren.« Hansen nickte.Otto hatte recht. Sie mussten die Strapazen ignorieren und das Flugzeug retten. Mit dem Werkzeug an Bord und der Hilfe der Caboclos würde es ihnen gelingen, die Maschine in ihre Einzelteile zu zerlegen. Alle packten mit an; unter Schulz-Kampfhenkels Anleitung schraubten sie an dem Doppeldecker herum, bis die Dunkelheit hereinbrach. Das Gröbste hatten sie geschafft, Motor, Tragflächen und Rumpf in den Kanus verteilt. Bei der Demontage entdeckten sie die Ursache des Kenterns, den zersplitterten linken Schwimmer. Das eindringende Wasser hatte den Seekadett auf die Seite kippen lassen.
    Als alles verstaut war, ruderte Schulz-Kampfhenkel mit einigen Caboclos nach Guarupa, um von dort nach Hilfe zu telegrafieren. Hansen sollte mit dem Rest der Männer das Flugzeug bewachen. Es wäre zu riskant gewesen, mit allen Booten in der Dunkelheit über den Amazonas zu fahren. Bei dem Gedanken daran, den Moskitos schutzlos ausgeliefert zu sein, rebellierte Hansen innerlich. Aber er wollte sich nicht gegen Schulz-Kampfhenkels Befehle auflehnen. Noch nicht. Hansen setzte sich auf die Außenwand des Kanus, in dem das Leitwerk des Seekadetten untergebracht war. Mit gemischten Gefühlen

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