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Ein fremder Feind: Thriller (German Edition)

Ein fremder Feind: Thriller (German Edition)

Titel: Ein fremder Feind: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Isringhaus
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und danach verstummte. Mit einem Mal herrschte eine unfassbare Stille. Hansen hörte nur noch das Rauschen des Windes. Es fiel ihm schwer zu glauben, was gerade geschehen war. Der Seekadett senkte seine Nase Richtung Urwald. Das kann nicht wahr sein, dachte Hansen.
    »Halt dich fest«, schrie Schulz-Kampfhenkel hektisch von vorn. Hansen kramte sein fliegerisches Wissen zusammen.Solange die Strömung an den Tragflächen nicht abriss, würden sie nicht wie ein Stein zu Boden fallen. Schulz-Kampfhenkel hatte also das einzig Richtige getan: Er drückte den Seekadett runter, um Tempo zu machen. Auf diese Weise segelten sie und blieben einigermaßen manövrierfähig. Hansen suchte hektisch die Landschaft ab. Alles Segeln würde ihnen nichts bringen, wenn sie den Fluss nicht fanden. Der Seekadett war ein Wasserflugzeug mit Schwimmern anstelle von Rädern. Sie brauchten Wasser, um zu landen. Ein paar Kilometer voraus entdeckte Hansen ein breites, braunes Band, das den Dschungelteppich unter ihnen durchbrach. Der Amazonas. Schulz-Kampfhenkel hatte den Strom auch gesehen, steuerte darauf zu. Der Rest war zumindest zum Teil reine Physik: Waren sie hoch genug, um im Sinkflug bis zum rettenden Fluss zu kommen? Hansen hätte gern gebetet, wenn er dem irgendeine Bedeutung beigemessen hätte, aber so blieb ihm nichts, als untätig zu bangen. Unter anderen Umständen wäre der Flug ohne das lästige Motorengebrüll sogar angenehm gewesen, dachte er. Jetzt aber segelten sie lautlos ins Verderben. Aller Wahrscheinlichkeit nach würde er also fern der Heimat in einem feuchten Urwald verrotten. Hansen schalt sich einen Narren. Er hatte gewusst, dass es so kommen würde, und ein Teil von ihm hatte es genau so gewollt. Der andere Teil aber schrie, als er die Baumwipfel bedrohlich näher kommen sah. Er bereitete sich auf den Aufprall vor. Die Schwimmer, so schien es ihm, streiften gleich die ersten, vorwitzig nach oben gereckten Blätter. Da waren plötzlich Häuser unter ihnen. Das musste Guarupa sein, da wollten sie hin, Station machen auf dem Weg zurück zum Rio Jary. Dann flogen sie über den braunen Strom, der hier so breit war wie ein See. Hansen jubelte, riss die Arme hoch. Schulz-Kampfhenkel blieb stumm. Er hatte zu tun. Noch war es nicht geschafft. Sie hatten keine Gelegenheit, eine günstige, von Wirbeln und Treibgut freieStelle zum Landen auszukundschaften. Die Maschine musste runter, komme, was wolle. Schulz-Kampfhenkel flog eine Linkskurve in Richtung Ufer, zog die Nase leicht hoch. Vom Ufer winkten ihnen Menschen zu. Sie ahnten nichts von der Not der beiden Flieger. Hansen zog den Kopf ein und klammerte sich fest. Er hatte gesehen, wie unruhig das Wasser war. Nicht gut, dachte er. In dem Moment setzte der Seekadett auf. Sanft zunächst. Hansen hob begeistert den Kopf. Der Doppeldecker schaukelte auf den Wellen, hatte noch Fahrt.
    »Du bist ein Teufelskerl, Otto«, rief Hansen seinem Piloten zu. Plötzlich krachte es heftig, und Hansen knallte mit der Stirn gegen die kleine Windschutzscheibe vor sich. Das Flugzeug kippte langsam zur linken Seite weg. Sie hatten ein Hindernis touchiert, vielleicht einen Baumstamm. Hansen öffnete seinen Gurt und kletterte hastig aus dem hinteren Sitz in Richtung des anderen Schwimmers. Auch Schulz-Kampfhenkel stemmte sich hoch, benutzte die Takelage der Tragflächen, um sich festzuhalten. Beide Männer balancierten auf der rechten Seite des Rumpfs, während der Seekadett nach links umkippte und von der Strömung fortgetrieben wurde.
    »Wir saufen ab!«, analysierte Hansen aufgeregt die Lage.
    »Nur wenn wir in den Fluss springen«, antwortete Schulz-Kampfhenkel. »In der Strömung haben wir keine Chance, mit den Stiefeln schon gar nicht.«
    Er hat recht, dachte Hansen. Die Stiefel waren aus Rindsleder, außerdem schwamm er so unbeholfen wie ein Esel. Der Seekadett schien sich in einer stabilen Seitenlage zu befinden, eine Tragfläche keck in die Höhe gereckt. Vorläufig waren sie hier sicher. Aber wohl nicht allzu lange.
    »Da!«, rief Schulz-Kampfhenkel und wies mit der Hand in Richtung des Ufers, das mittlerweile bestimmt weit mehr als zwei Kilometer entfernt lag. Vor den Häusern des Dorfes erkannten sie mehrere Punkte auf den Wellen. Kanus, hoffteHansen. Ihre Retter waren unterwegs. Aber die Freude währte nicht lange. Der Seekadett ruckte und sank ein paar Zentimeter tiefer in die braunen Fluten. Die beiden Männer sahen sich erschrocken an.
    »Viel Zeit bleibt uns nicht«, bilanzierte

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