Ein ganzes halbes Jahr
Arbeitslosenunterstützung. Ich absolvierte ein 45-minütiges Einzelgespräch und ein Gruppengespräch, zu dem ungefähr zwanzig Männer und Frauen wahllos zusammengewürfelt worden waren, von denen die Hälfte den gleichen leicht geschockten Gesichtsausdruck hatte wie ich vermutlich auch und die andere Hälfte die ausdruckslosen, desinteressierten Mienen von Menschen, die so etwas schon zu oft mitgemacht hatten. Ich trug, was mein Dad für meine ‹Zivilkleidung› hielt.
Das Ergebnis dieser Bemühungen war, dass ich eine Kurzzeitvertretung in der Nachtschicht einer Fabrik für Hühnerverarbeitung überstehen musste (nach der ich noch wochenlang Albträume hatte) und eine zweitägige Ausbildung als Energieberaterin für Privathaushalte. Ich begriff ziemlich schnell, dass die eigentliche Ausbildung darin bestand, die Tricks zu lernen, mit denen man alte Leute dazu überredete, ihren Energieversorger zu wechseln, und ich erklärte Syed, meinem ‹persönlichen Berater› beim Jobcenter, so etwas könne ich nicht machen. Er bestand darauf, dass ich dabeiblieb, also zählte ich ihm ein paar der Methoden auf, die ich hätte anwenden sollen, worauf er ein bisschen schweigsam wurde und vorschlug, wir (es hieß immer ‹wir›, obwohl ziemlich offensichtlich war, dass einer von uns einen Job hatte) sollten etwas anderes versuchen.
Also arbeitete ich zwei Wochen bei einer Fast-Food-Kette. Die Arbeitszeiten waren okay, und ich kam damit klar, dass die Uniform meine Haare statisch auflud, aber ich schaffte es einfach nicht, mich an die Sprachregelung mit ihrem ‹Wie kann ich Ihnen heute helfen?› und ‹Möchten Sie dazu die große Portion Pommes?› zu halten. Ich war entlassen worden, nachdem mich eine Frau von der Doughnut-Abteilung dabei erwischt hatte, wie ich mit einer Vierjährigen über die unterschiedliche Qualität der Gratis-Spielfiguren diskutierte. Was soll ich sagen? Sie war ziemlich clever für eine Vierjährige. Ich fand das Dornröschen auch dämlich.
Jetzt saß ich bei meinem vierten Beratungsgespräch, und Syed suchte im Computer nach weiteren ‹Jobchancen›. Sogar Syed, der das grimmig-aufgekratzte Verhalten eines Menschen zeigte, der auch noch die unwahrscheinlichsten Kandidaten in eine Arbeitsstelle gepresst hatte, klang mittlerweile etwas erschöpft.
«Mmm … Haben Sie schon einmal daran gedacht, in die Unterhaltungsbranche zu gehen?»
«Als Märchentante, oder was?»
«Eigentlich nicht. Aber hier ist ein Angebot für eine Tänzerin. Poledance. Es sind sogar mehrere Stellen.»
Ich hob eine Augenbraue. «Das soll wohl ein Witz sein.»
«Es ist eine Dreißig-Stunden-Stelle auf selbständiger Basis. Ich vermute, das Trinkgeld ist ziemlich gut.»
«Bitte, bitte sagen Sie mir, dass Sie mir eben nicht geraten haben, einen Job anzunehmen, bei dem ich in Unterwäsche vor Fremden herumhüpfen soll.»
«Sie haben gesagt, Sie können gut mit Menschen umgehen. Und Sie scheinen … bühnenreife Kleidung zu mögen.» Er warf einen Blick auf meine grünen Glitzerstrumpfhosen. Ich hatte gedacht, sie würden mich aufheitern. Thomas hatte mir beim Frühstück beinahe die ganze Zeit die Titelmelodie von Die kleine Meerjungfrau vorgesummt.
Syed tippte etwas in seine Tastatur. «Und wie wäre es mit Kundenbetreuerin bei einem Telefonservice für Erwachsene?»
Ich starrte ihn bloß an.
Er zuckte mit den Schultern. «Sie haben schließlich gesagt, dass Sie gern mit Leuten reden.»
«Nein. Und auch nicht als Tresenkraft in einer Oben-ohne-Bar. Oder Masseuse. Oder Webcam-Filmerin. Kommen Sie, Syed, es muss doch etwas geben, was ich machen kann, ohne dass mein Dad deswegen einen Herzinfarkt kriegt.»
Das brachte ihn ein bisschen aus der Fassung. «Es gibt kaum noch etwas, außer Jobs im Einzelhandel mit flexiblen Arbeitszeiten.»
«Nachts Regale auffüllen?» Ich war nun oft genug da gewesen, um den Code zu verstehen.
«Und dafür gibt es eine Warteliste. Das machen Mütter gern, weil sie es mit den Schulzeiten ihrer Kinder vereinbaren können», sagte er entschuldigend. Er schaute wieder auf den Bildschirm. «Also bleibt eigentlich nur noch eine Stelle als Pflegehelferin übrig.»
«Alten Leuten den Hintern abwischen.»
«Ich fürchte, Louisa, mit Ihren Qualifikationen kommen Sie nicht viel weiter. Wenn Sie eine Umschulung machen möchten, gebe ich Ihnen gern die notwendigen Informationen. Das Erwachsenenbildungszentrum bietet sehr viele Kurse an.»
«Aber das haben wir doch schon besprochen, Syed.
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