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Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom

Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom

Titel: Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tony Attwood
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Fremden gegenüber mit Leidenschaft über Deltic-Züge spricht. In ihrer Autobiografie schrieb meine Schwägerin: »In den Ferien verlebte ich glückliche Zeiten und deshalb liebe ich Schiffe und Züge (denen wir nur in den Ferien begegneten). Die Reise mit einem Zug oder Schiff empfand ich als besonders sicher und beständig.«
    AUS DEM LEBEN
    »Überwältigende Erregung«
    In seinem Ratgeber für Jugendliche mit Asperger-Syndrom erklärte Luke Jackson:
    »Wenn ich mich auf mein faszinierendes Spezialgebiet konzentriere, egal, ob es Dinosaurier (jedenfalls als ich jung war), Pokemon, ein bestimmtes Play Station-Spiel oder Computer – bis heute eine Obsession für mich – oder sonst et was sind, dann fühle ich eine überwältigende Erregung, die sich nicht beschreiben lässt.« 26
Euphorie beim Achterbahnfahren
    Eine Assoziation mit einem freudigen Erlebnis zeigte sich auch bei einem Kind, das einmal einen Freizeitpark besucht hatte und das erste Mal mit der Achterbahn fuhr. Für dieses Kind war das Erlebnis der Beschleunigung und des Fallens besonders berauschend und es bestand drauf, stundenlang in der Achterbahn ganz vorne zu sitzen, wobei es vor Freude schrie. Immer, wenn das Kind später über Achterbahnen las oder darüber redete, erlebte es erneut eine leichte Euphorie. Als ich dieses Kind kennenlernte, hielt es mir einen faszinierenden und detaillierten Vortrag über die Geschichte der Achterbahn und über die verschiedenen Typen von Achterbahnen. Es war gerade acht Jahre alt.
Neologismen und Witze
    Das Interesse kann auch eine Quelle des Humors sein. Grace, eine junge Frau, erdachte sich eine Fantasiewelt und zeichnete imaginäre Maschinen mit eigenwilligen Namen, etwa »Turbopropellerknuddelwürfel« und »Glinkerflinkermatchomaschine«. Neologismen, also selbst erfundene Wörter, und imaginäre Welten sind ein Merkmal des Asperger-Syndroms und Grace bezieht ihr Interesse in ihre Ängste und Freuden mit ein. Sie hasst Cordhosen und hat einen »Cordhosengreifer« erfunden. Ihre Sprachspiele und Witze basieren auf ihrem Interesse und dienen nicht dazu, andere zu erheitern oder den Spaß mit anderen zu teilen. 27
Große Befriedigung
    Es zeigt sich, dass diejenigen Freuden, die mit dem Spezialinteresse zu tun haben, eine weit größere Befriedigung verschaffen als jede andere Form der Freude. Die Entdeckung eines besonders seltenen Exemplars, das man der persönlichen Sammlung hinzufügen kann, wird wie ein intellektueller oder ästhetischer »Orgasmus« empfunden, der jede zwischenmenschliche Erfahrung in den Schatten stellt.
    Die Freude kann sich auch aus dem Erwerb einer besonderen Fähigkeit ergeben und sie kann für ein gesteigertes Selbstwertgefühl und persönliche Reife sorgen. 28 Die besondere Fähigkeit kann das Lob der Familienmitglieder hervorlocken oder zu echten Freundschaften führen. Sie kann eine Art Kompensation darstellen und das Selbstbewusstsein fördern, insbesondere wenn es im zwischenmenschlichen und sozialen Bereich wenige Erfolge gibt.
Es wirkt entspannend
    Wiederholte Aktivitäten können auch helfen, Stressgefühle zu verringern und sich in der Vorhersagbarkeit einer Routine zu entspannen. Das Ausmaß, in dem die Interessen den Alltag bestimmen, verhält sich proportional zum Stresslevel: Je größer der Stress, desto intensiver wird auch das Spezialinteresse verfolgt. Im psychologischen Sinne dienen die Interessen als negativer Verstärker, d. h. sie beenden ein unangenehmes Gefühl. Das Interesse kann auch bestimmte Gedanken blockieren: Gedanken der Angst, der Selbstkritik oder der Depression können nicht ins Bewusstsein gelangen, solange die Person ganz von einem Spezialinteresse gefangen ist. Auch die Wahrnehmung der Zeit ändert sich. Wenn man einem Jugendlichen sagt, dass er sich schon fünf Stunden nur mit dem Computer beschäftigt habe, wird er antworten, das könne nicht sein, ihm sei das nur wie fünf Minuten vorgekommen. Die Zeit verfliegt, wenn man Spaß hat.
Erfolgreicher Rockmusiker
    Einer meiner Klienten ist ein sehr erfolgreicher Rockmusiker. Er ist sehr nervös und schüchtern. Als er zur Oberschule ging, kam er immer geistig erschöpft nach Hause, zog sich in sein Zimmer zurück und hörte Rockmusik. Ganz besonders interessierte er sich für die Musik eines bestimmten Jahres, das einige Zeit vor seiner Geburt lag. Für ihn wirkte das Musikhören entspannend, doch er begann auch selbst zu komponieren, um seine Gedanken und Gefühle auszudrücken. Er gründete

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