Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom
lange halten. Oder sie kaufen ein akzeptiertes Kleidungsstück gleich in vorsorglich verschiedenen Größen.
Der Kopf kann besonders empfindlich sein
Bestimmte Körperteile sind offenbar empfindlicher als andere, vor allem der Kopf, die Oberarme und die Handflächen. Das Kind kann sehr darunter leiden, wenn seine Haare gewaschen, gekämmt oder geschnitten werden.
Der Friseurbesuch ist oft zusätzlich unangenehm, wenn das Kind das scharfe Klappern der Schere und die Vibrationen des elektrischen Haarschneiders nicht mag oder das Gefühl der abgeschnittenen Haare im Gesicht und auf den Schultern nicht ertragen kann. Kleine Kinder sind manchmal zusätzlich verängstigt, weil sie auf dem hohen Friseurstuhl keinen Bodenkontakt mit den Füßen halten können.
Abneigung gegen die Wasserstrahlen einer Dusche
Hans Asperger beschrieb, dass einige der Kinder das Gefühl von Wasser auf dem Gesicht hassten. Leah schrieb mir dazu: »Als Kind hasste ich es, geduscht zu werden und badete lieber. Das Gefühl des spritzenden Wassers auf meinem Gesicht war unerträglich. Ich hasse es noch heute. Manchmal hatte ich mich wochenlang nicht gewaschen und war erstaunt, als ich herausfand, dass andere Kinder regelmäßig duschten und das sogar jeden Tag!«
Natürlich hat so etwas Auswirkungen auf die persönliche Hygiene und darauf, wie andere auf einen reagieren.
Worauf Sie in der Schule achten sollten
Lehrer sollten darauf achten, ob das Kind möglicherweise eine Aversion gegen Klebstoff an den Händen, gegen Fingerfarben oder Knete hat. Vielleicht verkleidet es sich auch nicht gern und will dann an entsprechenden Spielen nicht teilnehmen. Oder es besteht eine besondere Überempfindlichkeit gegen Kitzeln oder die Berührung bestimmter Körperbereiche. Wenn andere Kinder das herausfinden, machen sie sich möglicherweise einen Spaß daraus, das Kind immer genau so zu pieksen, dass es »in die Luft geht«.
Auswirkungen in einer Partnerschaft
Die Berührungsempfindlichkeit kann sich auch in der Beziehung mit einem Partner auswirken. 38 Alltägliche Gesten der Zuneigung, zum Beispiel eine tröstende Berührung des Armes oder eine Umarmung wird dann nicht als angenehm empfunden. Für den Partner sind die ablehnende Reaktion und die fehlende Erwiderung zunächst unverständlich. Das wird vor allem zum Problem, wenn es um intimere Körperkontakte geht. Man muss also erklären, dass es sich hier nicht um mangelnde Zuneigung, sondern eine besondere Berührungsempfindlichkeit handelt.
Was Sie bei Berührungsempfindlichkeiten beachten sollten
Was kann man bei Berührungsempfindlichkeit tun? Zunächst müssen sich alle Familienmitglieder, Lehrer und Freunde des Problems bewusst sein und sollen so weit wie möglich alle unangenehmen Reize vermeiden. Ein Kleinkind sollte natürlich solche Spielsachen bekommen, bei denen keine taktilen Probleme bestehen. Auch die sensorische Integrationstherapie kann die Überempfindlichkeit verringern, allerdings gibt es wie gesagt bislang noch keine empirischen Beweise für die Wirksamkeit der Therapie.
Die Familienmitglieder sollten Zuneigungsbekundungen entsprechend anpassen und auf jeden Fall vorher ankündigen und denjenigen nicht damit überraschen. Entfernen Sie kratzende Etiketten aus den Kleidungsstücken. Manchmal lässt sich die Überempfindlichkeit der Kopfhaut vor dem Haarschneiden mit einer Kopfmassage oder dem festen Reiben mit einem Handtuch etwas reduzieren. Häufig sind festere Berührungen nicht so unangenehm wie leichte, und manchmal wird fester Druck sogar als angenehm empfunden. Temple Grandin schrieb z.B.: »Ich liebte es, wenn man mir den Rücken rieb. Das Massieren der Haut beruhigt mich. Ich liebe die Stimulation durch festen Druck. Ich habe mich früher immer unter Sofakissen gelegt und meine Schwester oben auf mir sitzen lassen. Als Kind krabbelte ich immer gerne in enge, geschützte Ecken. Da fühlte ich mich sicher und entspannt.« 39
Sie hat eine »Drückmaschine« entwickelt, die sie mit Schaumstoff auskleidete. Sie bot ihr einen festen Druck am ganzen Körper. Dadurch erlebte sie ein beruhigendes Gefühl, das allmählich zu einer Desensibilisierung führte.
AUS DEM LEBEN
»Unter Wasser fand ich Trost«
Liane Holiday Willey bereitet es besonderen Spaß, unter Wasser zu sein:
»Unter Wasser fand ich Trost. Ich liebte es, im Wasser zu schweben. Ich war flüssig, ruhig, sanft; ich war still. Das Wasser war fest und stark. Es hielt mich sicher in seiner schwarzen, großartigen
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