Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom
wenn die betreffenden Vorfälle Jahrzehnte zurückliegen. Dabei wiederholen sich nicht nur die Ereignisse im Kopf der Person, sondern auch die damit verbundenen Gefühle.
Erwachsene mit Asperger-Syndrom benötigen dann oft eine Psychotherapie, um die tief sitzenden Traumata, die sich in ihre Seele eingegraben haben, zu bewältigen. Sie können nicht so einfach vergeben und vergessen oder die Sache für sich abschließen, solange sie die Ursachen nicht verstehen.
Strategien gegen Bullying
Leider kommt Bullying an allen Schulen vor und das Verhalten ist auch nicht auf die Kindheit beschränkt – am Arbeitsplatz gibt es Mobbing. Seit Jahrhunderten gibt es verschiedene Strategien, die als Gemeingut gelten und mit denen man die Häufigkeit und die Auswirkungen von Mobbing zu begrenzen versucht, doch erst seit Kurzem gibt es Forschungsergebnisse, mit denen die Effektivität dieser Strategien näher bestimmt wird. 15 Die folgenden Strategien basieren auf aktuellen Bewertungsstudien, mit denen die Häufigkeit von Bullying deutlich reduziert werden konnte.
Ein Team bilden
Es ist wichtig, dass man ein Team bildet, um die Häufigkeit von Bullying zu verringern. Zu diesem Team gehören das Opfer des Bullyings, die Schulverwaltung, Lehrer, Eltern, ein Kinderpsychologe, andere Kinder sowie das Kind, das das Bullying ausführt. 16 Schulen müssen einen Verhaltenskodex entwickeln und umsetzen, der genau definiert, was Bullying ist und mit welchen Mitteln man es beenden kann. Diese Definition sollte umfassend sein und nicht auf direkte Akte der Einschüchterung oder der Körperverletzung beschränkt sein. Es bedarf entsprechend ausgebildeter Teilnehmer sowie Einigung und Konsistenz in der Frage, was unter Bullying zu verstehen ist und was die angemessenen Konsequenzen sein sollen.
Ausbildung des Schulpersonals
Die erste Stufe in einem Programm zur Reduzierung von Bullying an einer Schule und für das entsprechende Kind ist eine interne Ausbildung des Schulpersonals. Dieses Personal wird darin trainiert, Situationen zu beobachten, in denen Bullying häufig auftritt sowie darin, auf Bullying zu rea gieren und angemessene Konsequenzen und Lösungen anzubieten.
Gerechte Lösungen finden
Die Idee der Gerechtigkeit ist sehr wichtig. Bevor man sich Gedanken über das Maß an Verantwortlichkeit machen kann, ist es notwendig, eine ruhige und objektive Bewertung aller Fakten vorzunehmen – um als unparteiischer Ermittler zu agieren. Dabei sollte nicht nur auf das Ausmaß der Verletzung oder des Schadens abgestellt werden. Das Kind mit Asperger-Syndrom war möglicherweise zuvor bereits seit Langem die Zielscheibe von zahlreichen Bullying-Attacken und hat darauf schließlich mit einem aggressiven Akt geantwortet, der vielleicht dramatisch erscheint,aber manchmal der einzige Weg ist, mit dem das Kind solche Angriffe beenden kann.
Wenn in der Schule Akte körperlicher Aggressionen Konsequenzen haben sollen, dann muss auch das Kind mit Asperger-Syndrom solche Konsequenzen in Kauf nehmen. Ich bin aber der Meinung, dass diejenigen, die das Kind gequält und damit den aggressiven Akt verursacht haben, in gleicher Weise bestraft werden sollen, denn das entspräche einer gerechten Lösung, bei der auf die moralische Verantwortung abgestellt würde, wie das auch bei strafbaren Handlungen Erwachsener der Fall wäre.
Wenn Kinder mit Asperger-Syndrom dagegen den Eindruck haben, dass nicht gerecht geurteilt wird, können sie versucht sein, das Gesetz in die eigene Hand zu nehmen und Vergeltung nach dem Motto »Auge um Auge« zu üben. Kinder mit Asperger-Syndrom neigen eher dazu, sich physisch statt verbal zu rächen.
Gerechtigkeitsskala
Ich habe eine »Gerechtigkeitsskala« entwickelt, die einem Kind helfen kann, das dazu neigt, in sozialen Konflikten, wie zum Beispiel beim Hänseln und Bullying, ein unreifes, egozentrisches und falsches Maß für die Verantwortlichkeit anzuwenden.
Kinder unter 9 Jahren verwenden oft das »Auge-um-Auge-Prinzip«
Normale Kinder mit einem Entwicklungsniveau von unter neun Jahren neigen dazu, das Maß an Verantwortlichkeit für einen Konflikt danach zu bestimmen, wer ihn angefangen hat. Das rechtfertigt in ihren Augen nahezu jede Form der Vergeltung, ohne dass die Schwere der eigenen Reaktion kritisch beurteilt wird und ohne dass auf die Auswirkungen dieser Reaktion auf das Kind selbst oder auf andere geachtet wird. In dieser Phase der kog nit iven Ent wick lung gilt das Prinzip »Auge um Auge«, sodass mindestens
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