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Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom

Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom

Titel: Ein ganzes Leben mit dem Asperger-Syndrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tony Attwood
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Folgen; allerdings zeigt sich bei genauer Betrachtung solcher Fälle, dass es die zunehmende Häufigkeit und die Art des Bullyings waren, die am Ende für das Kind unerträglich geworden sind. Er oder sie wurde in diese gewalttätige Reaktion getrieben, weil alle anderen empfohlenen herkömmlichen Strategien fruchtlos geblieben waren und die Attacken nicht beenden konnten.
Ein plötzlicher Interessenwechsel
    Ich habe weitere Anzeichen dafür identifizieren können, dass jemand die Zielscheibe von Bullying ist. Es kann etwa eine Änderung der Spezialinteressen geben, wenn das Kind sich beispielsweise statt für Autos und Insekten plötzlich für Waffen, Kampfkunst und Gewaltfilme interessiert, insbesondere solche Filme, in denen es um Vergeltung geht. Auch in den Zeichnungen der Kinder können sich Gewalt und Vergeltungswünsche widerspiegeln.
Nachahmen des Bullyings an Jüngeren
    Kinder mit Asperger-Syndrom können auch die Verhaltensweisen derjenigen Kin der kopieren, die sie mobben, wenn sie selbst mit ihren jüngeren Geschwistern zu Hause spielen. Dem Kind ist dann vielleicht nicht bewusst, dass dieses Verhalten nicht akzeptabel ist und ahmt einfach nur nach, was es in der Interaktion mit Gleichaltrigen erlebt hat oder es wiederholt das Bullying, um zu verstehen, wie jemand sich so verhalten kann.
    AUS DEM LEBEN
    »Ich wollte mich immer rächen, aber habe es nie getan«
    In ihrer Autobiografie beschreibt Nita Jacks on die Auswirkungen von Bullying auf ihre Fantasie und ihr Selbstwertgefühl:
    »Obwohl ich in jeder Hinsicht ein Verlierer war, habe ich doch immer daran geglaubt, dass ich mich einmal rächen könnte. Ich habe mir ausgefeilte Szenarien überlegt, Bilder gezeichnet und Geschichten geschrieben, um mir das im Detail auszumalen. In meinem Fantasieleben war ich siegreich, mutig, stark und beliebt. Ich hatte vor, dorthin spätestens als Teenager zu gelangen.
    Doch der Mut hat sich nie gezeigt und meine geplante Rache wurde niemals ausgeführt. Mein dreizehnter Geburtstag kam und ging und ich war immer noch ein Einzelgänger und pathetischer Schwächling, von den starken Jungen mit Leichtigkeit unterdrückt und willig ihre Forderung erfüllend – still und kriecherisch, wie ein wertloser Sklave zu Füßen seines Herren. Ich fühlte mich weniger als Mensch und eher als ein korpulentes Etwas, das es verdient hat, misshandelt zu werden. Ich war wie eine mit Valium vollgepumpte Schnecke und das einzige Wort, das ich anderen Kindern gegenüber sagte, war »Entschuldigung«. Es war wirklich so, dass ich glaubte, ich sei es nicht wert, gemocht zu werden.« 12
Auswirkungen von Bullying
    Die Forschung hat bestätigt, dass normale Kinder, die zur Zielscheibe von Bullying werden, einem größeren Risiko ausgesetzt sind, ein geringes Selbstwertgefühl, ein höheres Maß an Angst und Depressionen, geringere schulische Leistungen und vermehrte soziale Isolation entwickeln. 13
Untersuchungen an der normalen Bevölkerung
    Die psychologischen Auswirkungen von Mobbing in der normalen Bevölkerung können länger als zehn Jahre andauern. 14 Kinder mit Asperger-Syndrom sind anfälliger für diese Auswirkungen, weil sie oft ohnehin schon über ein geringes Selbstwertgefühl verfügen, eine Prädisposition für Angststörungen (siehe Kapitel 6) und Schwierigkeiten damit haben zu verstehen, warum sich jemand so verhält, wobei sie sich fragen, wieso ausgerechnet sie selbst zur Zielscheibe geworden sind und was sie hätten tun können, um das zu verhindern.
Die klinische Erfahrung zeigt, dass die psychologischen Auswirkungen der Tat sache, dass man zur Zielscheibe von regelmäßigem Mobbing geworden ist, viele Jahre anhalten und ein entscheidender Faktor für die Entstehung von Depressionen, Angststörungen und für Probleme mit der Aggressionssteuerung sein können.
Die Folgen können bis ins Erwachsenenalter reichen
    Ich habe Vorfälle von Bullying in der Kindheit mit Erwachsenen mit Asperger-Syndrom besprochen und dabei festgestellt, dass es ihnen schwerfällt zu verstehen, warum sie so oft zur Zielscheibe von Bullying geworden sind oder die Mot ivation der Kinder zu verstehen, die sie gequält haben. Sie versuchen die Frage, warum man sich ausgerechnet sie herausgepickt hat, dadurch zu klären, dass sie in Gedanken die Ereignisse immer wieder durchspielen. Dadurch durchlebt die Person die vergangenen Ungerechtigkeiten immer wieder aufs Neue, ohne sie lösen zu können. Dieses Durchspielen kann tagtäglich stattfinden, selbst

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