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Ein Gebet für die Verdammten

Ein Gebet für die Verdammten

Titel: Ein Gebet für die Verdammten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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heulen, wie er heftig um die grauen Steinmauern des Klosters fegte. Es war
dubhluacran,
die dunkelste Jahreszeit,und obwohl es erst später Nachmittag war, hätte man es von der Finsternis her gut und gerne für Mitternacht halten können. Wenige Tage noch, und sie hatten die Mondphase, die sie von alters her
mi faoide,
die Ruhephase nannten. Der Brauch wollte es, daß sie völlig im Gegensatz zu der Namensgebung den Jahresabschnitt mit dem Imbolc-Fest begrüßten, wenn die Schafe lammten. Dann war die lange und sorgenvolle Zeit vorüber.
    Gegen Mittag war Abt Ultán mit seinen drei Gefährten im Kloster angekommen und hatte verkündet, er käme als Abgesandter von Ségéne, dem Abt und Bischof von Ard Macha, dem Comarb oder Nachfolger des heiligen Patrick. Ségéne wurde von vielen als ranghöchster Kirchenmann im nördlichen Königreich Ulaidh angesehen. Die Ankömmlinge erfuhren die ihnen gebührende Gastfreundschaft, und Abt Ultán hatte sich mit seiner Begleitung in Abt Ségdaes Privatgemach eingefunden, um seine Botschaft zu überbringen.
    Das Anliegen, das er vorbrachte, war einfach: Abt Ségdae, höchster Kirchenmann in Muman, sollte Ségéne von Ard Macha als
archiepiscopus,
Hauptbischof aller Königreiche von Éireann anerkennen. Um der Forderung den nötigen Nachdruck zu verleihen, wies Abt Ultán darauf hin, daß der heilige Patrick das
pallium
vom Bischof aus Rom erhalten hätte, der als oberster Bischof des Glaubens galt. Patrick hatte dann begonnen, die Bewohner von Éireann zu bekehren. Er hatte sich Ard Macha zum Hauptsitz erkoren, und daraus leitete man den Anspruch ab, daß die dort ansässigen Bischöfe von eben dem Ort aus die religiöse Herrschaft über die fünf Königreiche und die ihnen unterstellten Stammesfürstentümer ausüben sollten.
    Höflich schweigend hatte Abt Ségdae zugehört, wie derGeistliche aus dem Norden sein Begehren vortrug. Das war in so unverblümter Wortwahl geschehen, daß es praktisch einer Forderung gleichkam. Als der Gesandte fertig war und sich zurücklehnte, wies Abt Ségdae in aller Höflichkeit, aber mit Entschiedenheit darauf hin, daß Kirchenmänner und Gelehrte aus den anderen Königreichen von Éireann die Auffassung vertreten würden, daß Patrick der Britannier, geheiligt wie er war, nicht der erste gewesen sei, der den Neuen Glauben im Land gepredigt hätte. Viele vor ihm hatten es bereits getan, und einer von ihnen hatte Ailbe, den Sohn des Olcnais von Araid Cliach im Nordwesten Mumans, bekehrt, und der wiederum hatte Imleach als seinen Sitz gewählt. Es handelte sich um eben die große Abtei, in der sie jetzt zusammensaßen und die das Volk von Muman als das Hauptzentrum seines Glaubens ansah. Immer wenn Äbte und Bischöfe von Ard Macha versucht hatten, ihre Ansprüche geltend zu machen, waren sie von Imleach und den meisten anderen Kirchen in den fünf Königreichen von Éireann zurückgewiesen worden.
    An diesem Punkt der Ausführungen hatte Abt Ultán nicht länger an sich halten können. Aufgebracht hatte der etwas düster wirkende, durchaus gutaussehende, aber eitle Mann mittleren Alters – nicht daran gewöhnt, daß ihm widersprochen wurde – mit der Faust auf den Tisch geschlagen.
    Nach Abt Ségdaes gemessener Zurechtweisung herrschte Schweigen in der Runde. Aller Blicke waren auf den arroganten Gesandten von Ard Macha gerichet.
    Abt Ultán errötete, als er begriff, daß er bei Bruder Madagan und den anderen links und rechts von seinem Gastgeber Sitzenden auf Widerstand stieß. Bruder Drón, sein Schreiber neben ihm, ein dünner, älterer Mann mit scharfkantigem Gesicht und vogelähnlicher Körperhaltung, war bemüht, den Abt zur Zurückhaltung zu bewegen, ihm »den goldenen Mittelweg«nahezulegen, und flüsterte ihm die Worte
»Aurea mediocritas«
ins Ohr. Angesichts einer derart geschlossenen Gegnerschaft war Angriff keine kluge Vorgehensweise.
    Abt Ultán zuckte schließlich mit den Schultern und rang sich ein Lächeln ab.
    »Im Eifer des Gefechts habe ich mich zu unbedachten Äußerungen hinreißen lassen und möchte sie nicht als tätliche oder anderweitige Drohung verstanden wissen«, erklärte er salbungsvoll, »weder dir gegenüber, lieber Bruder in Christo, noch gegenüber einem der Anwesenden hier.« Wortwahl und Ton konnten nicht über seine wahre Meinung hinwegtäuschen. »Ich hätte nur gern mein Begehr noch einmal erläutert, damit es nicht mißverstanden bleibt.«
    »Wir haben den Standpunkt von Ard Macha nun vernommen und

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