Ein Geschenk der Kultur
Die Fahrt über die berühmte Straße der Schädel gestaltet sich ein wenig unsanft…
»Mein Gott, was ist denn los?« schrie Sammil Mc9, als er erwachte.
Der Karren, in dem er und sein Gefährte als Anhalter mitfuhren, erbebte heftig.
Mc9 legte die schmutzigen Hände auf ein Brett aus verfaultem Holz, das eines der Seitenteile des Karren bildete, und sah hinunter auf die legendäre Straße, während er sich fragte, was wohl die Ursache dafür sein mochte, daß das bisherige lediglich unangenehme Rumpeln des Karrens sich zu einer Reihe von markerschütternden Stößen entwickelt hatte. Er rechnete damit zu entdecken, daß sie ein Rad verloren hatten oder daß der vor sich hindösende Kutscher das Fahrzeug von der Straße abkommen und in einen steinigen Acker hatte holpern lassen, doch er sah nichts dergleichen. Er starrte eine Weile glotzäugig auf den Straßenbelag, dann ließ er sich in den Karren zurücksinken.
»Donnerwetter!« sagte er zu sich selbst. »Ich wußte gar nicht, daß das Imperium jemals Feinde mit derart großen Köpfen hatte. Die Vergeltung aus dem Jenseits, nichts anderes ist das.« Er wandte den Blick nach vorn; der greise Kutscher schlief immer noch, trotz des heftigen Schütteins des Fahrzeugs. Vor ihm hatte der schlappohrige Vierfüßer zwischen den Deichseln einige Mühe, auf den überdimensionalen Schädeln, die diesen Teil der Straße bildeten, Tritt zu fassen; die Strecke führte – Mc9 folgte mit den Augen der dünnen weißen Linie in die Ferne – zur Stadt.
Sie erstreckte sich am Horizont des Hochmoors, ein verschwommenes Schimmern. Der größte der Teil der sagenhaften Megapolis lag noch tiefer als der Horizont, doch ihre scharf umrissenen, glitzernden Türme waren unverkennbar, selbst durch den wabernden blauen Dunst. Mc9 grinste bei diesem Anblick, dann beobachtete er das still kämpfende pferdähnliche Wesen, das auf der Straße dahinstolperte und rutschte; es schwitzte heftig und war von einem Schwarm Fliegen umschwirrt, die um seinen schlappohrigen Kopf summten wie lästige Elektronen um einen widerwilligen Kern.
Der alte Kutscher wachte auf und versetzte dem Gaul zwischen den Deichseln einen schlecht gezielten Peitschenhieb, dann versank er wieder in seinem Schlummer. Mc9 wandte den Blick ab und ließ ihn über das Moor schweifen.
Normalerweise war das Moor ein kalter und öder Ort, eingehüllt in Wind und Regen, doch heute war es sengend heiß; die Luft stank nach Sumpfgasen, und die Hitze war mit kleinen leuchtenden Blumen gesprenkelt. Mc9 sank wieder in das Stroh zurück; er kratzte sich und rutschte hin und her, während der Karren unter ihm bockte und ruckweise weiterpolterte. Er versuchte, die Strohbündel und die Haufen getrockneten Dungs in eine für ihn bequemere Anordnung zu verschieben, was ihm jedoch mißlang. Er war gerade mit dem Gedanken beschäftigt, daß ihm diese Reise sehr lang vorkommen würde und in der Tat höchst ungemütlich wäre, wenn dieses Holpern anhielte, als die Stöße aufhörten und der Karren sein normales Rattern und Quietschen wieder aufnahm. »Gott sei Dank haben sie nicht allzulange durchgehalten«, murmelte Mc9 vor sich hin, legte sich wieder zurück und schloß die Augen.
… er fuhr mit einem Heuwagen über eine laubreiche Landstraße. Vögel zwitscherten, der Wein war kühl, Geld wog schwer in seiner Tasche…
Er schlief nicht richtig, als sein Gefährte – dessen Namen herauszufinden sich Mc9 nie die Mühe gemacht hatte, trotz ihrer langen Bekanntschaft – aus dem Stroh und Dung neben ihm auftauchte und sagte: »Vergeltung?«
»Hä? Was?« sagte Mc9 verdutzt.
»Erklär Vergeltung.«
»Oh«, antwortete Mc9, rieb sich das Gesicht und verzog es zu einer Grimasse, während er in die hoch am blaugrünen Himmel stehende Sonne blinzelte. »Die Vergeltung, die den Untertanen des Königreichs von den geschlagenen Feinden des Geliebten Imperiums auferlegt wurde.«
Der kleine Gefährte, dessen auffällige Schmuddeligkeit nur teilweise durch eine Schicht unmaßgeblich wenig schmutzigen Strohs verdeckt war, blinzelte wütend und schüttelte den Kopf. »Nein… ich meinen, was bedeuten ›Vergeltung‹?«
»Das habe ich dir doch gerade gesagt«, erwiderte Mc9 mißmutig. »Jemanden für etwas dranzukriegen.«
»Oh«, sagte der Gefährte und ließ sich diese Auskunft durch den Kopf gehen, während Mc9 wieder in den Schlaf hinüberdämmerte.
… drei junge Mägde gingen vor seinem Heuwagen her; er holte sie ein, und sie nahmen
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