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Ein Geschenk der Kultur

Ein Geschenk der Kultur

Titel: Ein Geschenk der Kultur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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sein, sondern lediglich ehrgeizig.
    Aber ich habe hier nicht anders gelebt als dort, indem ich stets versuchte, anderen nicht weh zu tun, und mich bemühte, einfach nur ich selbst zu sein; und ich kann nicht ich selbst sein, wenn ich ein Schiff voller Leute zerstöre, selbst wenn es sich dabei um einige der Herrscher dieser grausamen und gefühllosen Gesellschaft handelt. Ich kann die Pistole nicht benutzen; ich muß verhindern, daß Kaddus und Cruizell mich finden. Und ich werde auch nicht mit gesenktem Kopf zur Kultur zurückschleichen.
    Ich leerte das Glas Jahl.
    Ich mußte mich aus dem Staub machen. Es gab andere Städte, andere Planeten außer Vreccis; ich mußte nur weglaufen, weglaufen und mich verstecken. Ob Maust jedoch mit mir kommen würde? Ich sah wieder auf die Uhr; er war schon eine halbe Stunde überfällig. Das war überhaupt nicht seine Art. Warum verspätete er sich? Ich ging zum Fenster, sah auf die Straße hinunter, hielt nach ihm Ausschau.
    Ein Patrouillenfahrzeug der Polizei ratterte durch den Verkehr. Es handelte sich nur um eine Routinefahrt; die Sirenen waren abgeschaltet, die Kanonen eingefahren. Es war unterwegs zum Viertel der Fremdweltler, wo die Polizei in letzter Zeit immer wieder ihre Kraft zur Schau stellte. Nirgends eine Spur von Mausts anmutiger Gestalt, die sich graziös durch die Menge zu bewegen pflegte.
    Immer diese Sorgen! Daß er überfahren worden sein könnte, daß die Polizei ihn im Club festgenommen haben könnte (wegen anstößigen Verhaltens, Erregung öffentlichen Ärgernisses, Homosexualität – welches schwerwiegende Verbrechen; schlimmer noch, als seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachzukommen!) und natürlich die Sorge, daß er jemand anderes kennenlernen könnte.
    Maust. Kehre wohlbehalten heim, bitte, komm zu mir nach Hause!
    Ich erinnere mich, daß ich mir betrogen vorkam, als ich gegen Ende meiner Umwandlung mich immer noch zu Männern hingezogen fühlte. Das war lange her, als ich in der Kultur noch glücklich war, und wie viele andere Leute hatte ich mich gefragt, wie es wohl sein mochte, jemanden meines eigenen ursprünglichen Geschlechtes zu lieben; es erschien mir schrecklich ungerecht, daß sich mein Verlangen nicht entsprechend meiner neuen Physiologie veränderte. Es bedurfte einer Person wie Maust, um mir das Gefühl zu geben, daß ich nicht betrogen worden war. Maust machte alles besser, Maust war der Odem, den ich zum Leben brauchte.
    Jedenfalls hätte ich in dieser Gesellschaft keine Frau sein wollen.
    Ich beschloß, daß ich noch etwas zu trinken nötig hatte. Ich ging am Tisch vorbei.
    »…beeinflußt die Zielstabilität der Waffe in keiner Weise, obwohl der Rückstoß sich analog zur Kraftsteigerung oder Kraftverminderung verhält…«
    »Halt die Schnauze!« brüllte ich die Waffe an und unternahm einen linkischen Versuch, auf ihren Aus-Knopf zu schlagen; statt dessen stieß meine Hand gegen den gedrungenen Lauf der Pistole. Die Waffe rutschte über den Tisch und fiel zu Boden.
    »Warnung!« schrie die Pistole. »Ich habe im Innern keine vom Benutzer bedienbaren Teile eingebaut! Nicht rückgängig zu machende Unbrauchbarkeit wäre die Folge jedes Versuchs der Demontage oder…«
    »Schweig, du kleines Miststück«, sagte ich (und es schwieg). Ich nahm es auf und steckte es in die Tasche einer Jacke, die über einem Stuhl hing. Verdammt sollte die Kultur sein; verdammt sollten alle Waffen sein! Ich goß mir noch einen Drink ein und spürte eine innere Schwere, als ich erneut auf die Uhr sah. Komm nach Hause, bitte, komm nach Hause… Und dann komm mit mir, geh weg mit mir…
    Ich schlief vor dem Bildschirm ein; ein Klumpen dumpfer Angst in meinem Bauch befand sich im Wettstreit mit dem Empfinden, daß sich alles um mich herum drehte, während ich die Nachrichten ansah und mir Sorgen wegen Maust machte und versuchte, nicht an zuviel zu denken. Die Nachrichten handelten hauptsächlich von hingerichteten Terroristen und ruhmreichen Siegen in kleinen, fernen Kriegen gegen Andersrassige, Fremdweltler, Untermenschen. Im letzten Bericht, an den ich mich erinnere, ging es um einen Aufstand in einer Stadt auf einem anderen Planeten; es wurde nichts von Toten unter der Zivilbevölkerung erwähnt, doch ich erinnere mich an die Aufnahme einer breiten Straße, auf der jede Menge verschrumpelter Schuhe herumlagen. Die Reportage endete mit dem Interview eines verletzten Polizisten im Krankenhaus.
    Ich hatte meinen immer wiederkehrenden Alptraum und

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