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Ein Geschenk der Kultur

Ein Geschenk der Kultur

Titel: Ein Geschenk der Kultur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Banks
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V-Bahn klettern und auf einem Zauberfahrrad zur Sonne fliegen?« Er lächelte nachsichtig, erheitert. Ich legte die Hände auf die seinen und entfernte sie sanft von meinen Schultern.
    »Nein; ich brauche nur das Schiff kaputtzuschießen, das ist alles. Sie haben mir eine Pistole gegeben, mit der das geht.« Ich zog die Waffe aus der Jackentasche. Er runzelte die Stirn, schüttelte den Kopf, machte kurz ein verdutztes Gesicht und lachte dann wieder.
    »Damit, mein Schatz? Ich bezweifle, daß du eine motorisierte Sprungstelze mit diesem kleinen Ding aufhalten…«
    »Maust, bitte glaube mir. Es geht damit. Meine Leute haben es hergestellt, und das Schiff… Der Staat hat keine Abwehrwaffe dagegen.«
    Maust schnaubte durch die Nase, dann nahm er mir die Pistole aus der Hand. Ihre Lämpchen erloschen flackernd. »Wie schaltet man sie an?« Er drehte sie in alle Richtungen um.
    »Durch Berührung; aber nur ich kann das machen. Sie liest die genetischen Merkmale meiner Haut und erkennt, daß ich zur Kultur gehöre. Sieh mich nicht so an, es stimmt. Schau mal.« Ich zeigte es ihm. Ich ließ die Waffe den ersten Teil ihres Monologs aufsagen und schaltete den kleinen Bildschirm auf Holo. Maust untersuchte die Pistole, während ich sie in der Hand hielt.
    »Weißt du«, sagte er nach einer Weile. »Vielleicht ist dieses Ding ziemlich wertvoll.«
    »Nein, für jeden anderen ist es vollkommen wertlos. Es funktioniert nur bei mir, und man kann seine Pflichttreue nicht austricksen; es wäre sofort nicht mehr betriebsbereit.«
    »Welche erstaunliche… Treue!« sagte Maust, während er sich setzte und mich unverwandt ansah. »Wie hübsch in eurer ›Kultur‹ alles geordnet sein muß. Ich habe dir nicht so richtig geglaubt, als du mir diese Geschichte erzählt hast, wußtest du das, mein Schatz? Ich dachte, du wollest lediglich Eindruck auf mich machen. Jetzt habe ich das Gefühl, daß ich dir glaube.«
    Ich kauerte mich vor ihn hin, legte die Pistole auf den Tisch und die Hände in seinen Schoß. »Dann glaube mir auch, daß ich nicht tun kann, was sie von mir verlangen, und daß ich in Gefahr bin; vielleicht gilt das für uns beide. Wir müssen weg. Sofort. Heute oder morgen. Bevor sie sich etwas anderes ausdenken, um mich dazu zu bringen, diese Tat auszuführen.«
    Maust lächelte und zerzauste mir sanft die Haare. »So ängstlich, was? So verzweifelt?« Er beugte sich vor und küßte mich auf die Stirn. »Wrobbie, Wrobbie; ich kann nicht mit dir kommen. Geh, wenn du das Gefühl hast, daß es sein muß; aber ich kann nicht mitkommen. Begreifst du nicht, was diese Chance für mich bedeutet? Mein ganzes Leben lang habe ich mir so etwas gewünscht; vielleicht bekomme ich nie wieder eine solche Gelegenheit. Ich muß bleiben, was auch geschieht. Geh du nur; bleibe so lange weg, wie du es für nötig hältst, und sage mir nicht, wohin du gegangen bist. Dann können sie mich nicht aushorchen, nicht wahr? Laß über einen Freund etwas von dir hören, wenn erst mal Gras über die Sache gewachsen ist. Dann werden wir weitersehen. Vielleicht kannst du zurückkommen; vielleicht habe ich meine große Chance sowieso verpaßt, dann komme ich zu dir. Es wird schon alles gutgehen. Wir werden uns etwas einfallen lassen.«
    Ich ließ den Kopf in seinen Schoß fallen und hätte am liebsten geweint. »Ich kann dich nicht verlassen.«
    Er legte die Arme um mich, wiegte mich. »Oh, wahrscheinlich wirst du feststellen, daß dir eine Veränderung guttut. Du wirst überall großen Anklang finden, wohin du auch gehst, mein Schöner. Ich muß vermutlich einen Messerkämpfer umbringen, um dich zurückzugewinnen.«
    »Bitte, bitte komm mit mir!« Ich schluchzte in seinen Morgenmantel.
    »Ich kann nicht, mein Schatz, es geht einfach nicht. Ich werde dir zum Abschied winken, aber ich kann nicht mitkommen.«
    Er hielt mich fest, während ich weinte; die Pistole lag schweigend und gleichgültig auf dem Tisch neben ihm, umgeben von den Resten unserer Mahlzeit.
     
    Ich brach auf. Kurz vor dem Morgengrauen kletterte ich über die Feuerleiter der Wohnung und über zwei Mauern, wobei ich meine Reisetasche fest umklammerte, und fuhr dann mit einem Taxi vom General-Thetropsis-Boulevard zum Bahnhof Intercontinental… Anschließend mußte ich einen Schienengleiter nach Bryme und dort die V-Bahn nehmen, in der Hoffnung, einen Platz in irgendeinem Gefährt in Richtung Außerwelt zu bekommen, entweder im Trans- oder Inter-Verkehr. Maust hatte mir einiges von seinen

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