Ein Grieche im 7. Himmel
„Morgen. Du hast Penny nicht irgendwo gesehen, oder?“
„Du meinst nach gestern Abend? Nein. Sollte ich das?“ Sophias Augen funkelten. „Sie ist also über Nacht geblieben, wie?“
„Ja.“
Aber jetzt war sie weg. Warum war sie gegangen, ohne ihm Bescheid zu geben? Überraschung und Ärger kamen in ihm hoch. Warum sollte sie sich einfach davonschleichen? War es ihr peinlich, was zwischen ihnen passiert war? Lächerlich! Und außerdem, wenn sich jemand nach mehreren Stunden von fantastischem Sex am Morgen danach davonschleichen würde, dann wäre das er! Nicht die Frau.
Frauen rannten ihm nicht davon. Er rannte davon. Was war nur mit dieser Frau los? Warum würde sie ihn einfach so abservieren?
„Entschuldige mich, Sophia, ich muss . . . “
Nun ja, er wusste nicht, was er tun musste. Vielleicht seine Gedanken sammeln. Seinen Kopf wieder klar bekommen. Die Enttäuschung darin zerquetschen. Vielleicht sollte er nur raus und einen langen Spaziergang am Meer entlang machen, in seinem Kopf Klarheit schaffen. Genau. Das musste er tun.
Er ging schon in Richtung Treppe zum Erdgeschoss, als er seine nackten Füße wieder bemerkte. Richtig, er brauchte ja noch seine Sandalen!
Hermes eilte nach oben und öffnete die Tür zu seinem Zimmer. Seine Augen fielen sofort auf die Stelle neben dem Bett, wo er immer seine Sandalen hinstellte, doch diesmal war diese Stelle leer. Vielleicht hatte er die Sandalen versehentlich unters Bett geschubst. Er bückte sich, um darunter nachzuschauen, sah aber nichts außer einer Staubschicht, die sich dort angesammelt hatte.
Hermes erhob sich und durchsuchte das Zimmer jetzt gründlicher. Seine Sandalen mussten doch irgendwo sein. Er erinnerte sich daran, dass er sie noch angehabt hatte, als er und Penny draußen am Brunnen gewesen waren. Sie war die Einzige, die dort ihre Schuhe ausgezogen hatte. Er war nicht ins Wasser gestiegen; da war er sich sicher.
Nichtsdestotrotz ging er auf den Balkon und sah zum Brunnen hinunter. Dann sah er sich auf dem Balkon um. Nichts!
Seine Sandalen waren verschwunden.
13
Pennys Herz pochte, und in ihrem Kopf drehte sich alles. Was hatte sie nur getan? Sie konnte es immer noch nicht glauben, aber sie hatte Hermes‘ Sandalen gestohlen.
Nein, nicht gestohlen. Nur geborgt, korrigierte sie sich.
Als sie aufgewacht war, um auf die Toilette zu gehen, war sie über die Schuhe gestolpert – sie wäre fast deswegen hingefallen. Sie hatte sie aufgehoben und mit ins Badezimmer genommen, um sie im Licht zu begutachten. Sie waren prachtvoll. Sie wollte sie nur etwas genauer ansehen. Viel genauer, wie etwa unter einem Mikroskop. Doch ihr Büro lag am anderen Ende der Stadt, und sie hatte länger gebraucht, um dorthin zu gelangen, als sie gedacht hatte. Sie hatte gehofft, einen kurzen Blick auf die Sandalen werfen zu können, und sie dann zurückbringen wollen, bevor Hermes überhaupt bemerkt hätte, dass sie weg waren.
Aber das war nicht so aufgegangen. Die Sandalen zu begutachten, hatte viel länger gedauert, als sie gedacht hatte. Und sie war immer noch nicht fertig.
Sie redete sich ein, dass selbst wenn Hermes aufwachte, während sie weg war, die Chance bestand, dass er erst duschen und vielleicht sogar frühstücken würde, bevor er überhaupt bemerkte, dass seine Schuhe verschwunden waren. Sie hätte genügend Zeit, um sie wieder zurückzubringen. Richtig?
Falsch. Sie war eine Idiotin. Ein Trottel!
Denn als sie erst einmal angefangen hatte, die Sandalen näher zu inspizieren, war sie sofort von ihnen fasziniert. Ein Gedanke kam ihr: Was wäre, wenn diese Sandalen die Antwort auf ihre Gebete waren? Was wäre, wenn sie ihr helfen könnten, die Festanstellung zu bekommen, und so ihren Job retteten?
Die Sandalen waren sehr viel mehr als überwältigend. Sie schienen echt alt zu sein. Das Leder war abgetragen und trotzdem fest. Und die Flügel sahen aus, als wären sie nicht nur golden lackiert, sondern mit Blattgold überzogen, wenn nicht sogar aus massivem Gold gegossen. Wenn das wirklich der Fall wäre, wären sie Tausende wert. Sie wusste nicht einmal, warum Hermes so wertvolle Dinge trug, ohne sich dauernd darüber zu sorgen, dass sie Schaden nehmen könnten.
Es schien, als wären die Flügel aus echten Federn gemacht, die in flüssiges Gold getaucht worden waren. Jede einzelne zarte Faser bewegte sich individuell. Sie hatte Angst, sie zu zerbrechen. Wie konnte Hermes sie tagein tagaus und bei jedem Wetter tragen, ohne sie zu
Weitere Kostenlose Bücher