Ein Grieche zum Heiraten (Jenseits des Olymps - Buch 2) (German Edition)
bereit bist, einen Mann zu heiraten, der dir nicht einmal gesagt hat, wo er herkommt?“
Ari suchte hektisch nach einer glaubwürdigen Antwort. „Nein, nein, natürlich nicht.“
„Du meinst, du bist nicht bereit, mich zu heiraten?“
Irritiert zog sie ihre Hand aus seinem Griff. Gott, wie sie es hasste, ihn ständig zu belügen. „Versuche nicht, mich zu verwirren!“
„Wie verwirre ich dich denn?“
„Mit all deiner Fragerei.“
Er stieß einen Atemzug aus und fuhr sich mit der Hand durch sein volles Haar. „Aber ich muss doch Fragen stellen. Wie soll ich sonst herausfinden, wer ich bin?“ Dann sah er sie mitleiderregend an, und seine Augen baten um Verständnis.
Reue stieg in ihr hoch. „Es tut mir leid. Ich habe es nicht so gemeint. Es ist einfach … all das, es ist ... es ist sehr anstrengend!“ Das war die Lösung: Eine plausible Erklärung für ihr Verhalten, und sie lag auch gar nicht so arg weit von der Wahrheit entfernt. Wie hätte sie wissen sollen, dass ständig lügen zu müssen stressig war? „Ich weiß nicht, wie ich mit all dem umgehen soll. Damit, dass du dein Gedächtnis verloren hast.“ Damit, dass ich dir was vormache , wollte sie schreien.
Dio ergriff ihre Hand und brachte sie an seine Lippen. Sanft drückte er einen Kuss darauf. „Ich verstehe. Aber ich will nicht, dass du dich darum sorgst. Ich werde mich schon wieder erinnern, da bin ich mir sicher.“
Das war genau das, worüber sich Ari Sorgen machte: Wenn er sein Gedächtnis zu früh wiedererlangte, wäre das katastrophal. Und was, wenn sein Gedächtnis ganz weg bliebe? Würde ihre Beziehung wieder so ausgehen wie zuvor? Würde sie sich noch mehr in ihn verlieben? Doch worüber sie sich am meisten sorgte war dies: Wenn er sich wieder erinnern würde, wer er war, und herausfände, was sie getan hatte, würde er sie dann hassen?
„Schau nicht so düster drein! Es wird sich schon alles wieder einrenken.“
Dio warf Ariadne einen prüfenden Blick zu. Etwas war nicht in Ordnung. Immer wenn er sie über seine Vergangenheit ausfragte, wurde sie nervös. Gab es etwas in seiner Vergangenheit, das sie ihm nicht mitteilen wollte? Der Gedanke bereitete ihm Unbehagen und kroch wie eine Schlange über seinen Rücken. Vielleicht war es besser, wenn er versuchte, auf eigene Faust zu ermitteln um die Wahrheit herauszufinden.
Später würde er da weitermachen, wo er aufgehört hatte und zu den nächsten Adressen gehen, die er in seiner Wohnung gefunden hatte. Er hoffte, dass eine davon eine Erinnerung in ihm auslösen würde. Doch während er mit Ariadne zusammen war, sollte er die Zeit besser nutzen, zum Beispiel, indem er versuchte ihr näher zu kommen. Da er nachgegeben hatte, um sich seinem sogenannten Alkoholproblem zu stellen, war es nun an der Zeit, dass sie etwas tat, was er wollte. Quid pro quo.
Als Ariadne plötzlich vor einem Laden stehen blieb, las Dio das Schild über der Tür. In Vino Veritas stand dort. Sofort übersetzte er die Worte im Kopf: Im Wein liegt die Wahrheit. Ja, er sprach Latein, aber er war sich instinktiv bewusst, dass es nicht seine Muttersprache war. Genauso wenig wie Englisch. Er hatte offenbar eine klassische Ausbildung genossen.
Dio folgte Ariadne in den Laden, schloss die Tür hinter sich und sperrte damit den Verkehrslärm aus. Hunderte von Flaschen lagen übersichtlich angeordnet in verschiedenen Regalen oder waren in Vitrinen ausgestellt. Sie griffen nach ihm, um ihn wie einen verlorenen Sohn zu begrüßen. Ein Gefühl des Erkennens durchflutete ihn und hüllte ihn wie ein warmes Handtuch nach einer kalten Dusche ein.
Sein Blick wanderte über die Flaschen, und seine Augen streichelten ihren Inhalt durch das dunkle Glas, das die kostbare Flüssigkeit enthielt. Zum ersten Mal, seit er von Amnesie leidend aufgewacht war, fühlte er sich entspannt und zufrieden. Die Weinflaschen sprachen ihn fast in Ehrfurcht an, als ob sie seine Untertanen wären und er ihr König. Dio schüttelte bei dieser dummen Vorstellung seinen Kopf. Offensichtlich hatte das Treffen mit den Anonymen Alkoholikern sein Gehirn durcheinander gebracht. Er würde auf keinen Fall zu einem weiteren Treffen gehen.
Dort hatte er sich so unwohl wie noch nie in seinem ganzen Leben gefühlt – das hieß für ihn: seit der kurzen Zeit, an die er sich erinnern konnte. Der Gedanke, den Wein für immer aufzugeben, war für ihn unerträglich. Warum sollte jemand so etwas tun wollen? Wein war Leben, Wein war Spaß und sogar gesund.
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