Ein Hauch von Moder
aus dem Weg schleudern, aber die kalten Totenhände griffen auch bei mir zu. Wie Krallen schlugen sie in meinen Rücken. Mit einer Hand versuchte ich, sie wegzudrücken. Mit der anderen Hand tastete ich nach dem Silberdolch, bekam den Griff auch zwischen die Finger und riß die Waffe hervor. Bevor ich zustach, hörte ich Glenda schreien. Dann wuchtete ich die Rechte nach vorn, der Dolch traf, die Krallen lösten sich von meinem Rücken, ich schleuderte den Körper zur Seite und mußte erkennen, daß ich nicht schnell genug gewesen war.
Den anderen Wesen war es gelungen, Glenda zu packen. Und mit ihr zu verschwinden.
Ich sah noch ihre Gestalt wie durch einen dünnen Nebel. Sie klemmte fest, hatte keine Chance, sich zu befreien, und ich erkannte auch das Entsetzen auf ihrem Gesicht.
Dann war sie verschwunden.
Entführt von Wesen, die existent waren, sich aber gleichzeitig auflösen konnten.
Zurück blieb ich - und eine Gestalt, die von der Klinge meines geweihten Dolchs getroffen worden war.
Sie stand nicht mehr auf den Beinen, war zusammengesunken, hockte jetzt vor der Badewanne auf dem Boden und lehnte sich mit dem Rücken dagegen. Vorhin hatte ich in ein entstelltes und geschwärztes Gesicht geschaut. Das war nicht mehr der Fall.
Dieses Wesen veränderte sich. Die Schwärze verschwand, es wurde grau und schließlich weiß. Das Gesicht und der ganze Körper bekamen eine bleiche Farbe und zerrieselten vor meinen Augen. Es blieb der weiße Staub zurück, bedeckt von einem Netz aus dünnen Spinnweben. Das war alles.
Der Hauch von Moder war noch vorhanden. Er würde auch so schnell nicht verschwinden. Ich verließ das Bad mit zitternden Beinen und dachte an Glenda, die es auf so teuflische Art und Weise erwischt hatte. Sie war schon vorbereitet gewesen, die anderen hatten nur mehr zuzugreifen brauchen. Wo sie sich befand, darüber konnte ich nur mehr spekulieren. Möglicherweise irgendwo in einer anderen Dimension. Sie hatte eine Reise durch Raum und Zeit hinter sich. Vielleicht befand sie sich schon in der Totengruft, aus der auch die unheimlichen Gestalten gekommen sein mußten.
Glenda hatte es nicht geschafft. Was aber war mit Sir James?
Auch um ihn hatte ich Angst, wählte die Nummer seiner Wohnung und bekam keine Verbindung. Niemand hob ab.
Ich holte tief Luft, rief Suko an, aber auch da klappte die Verbindung nicht. Mir kam es vor, als wollte mich jemand bewußt von allem isolieren. Stand ich tatsächlich allein gegen diesen mächtigen Gegner? Ich drückte mich aus dem Sessel und verließ die Wohnung. Hier konnte ich nichts mehr ausrichten.
Hartford war die entscheidende Person. Ihn galt es zu finden. Ich lief durch das Treppenhaus, begegnete einem älteren Mann, der mich scharf musterte, und grüßte knapp.
Draußen empfing mich der kühler gewordene Tag. Die Sonne versteckte sich hinter feinen Nebelwolken. Sie besaß längst nicht mehr die Kraft der Sommermonate.
Ich ging mit schleppenden Schritten zu meinem Wagen. Es war bei mir zu einer Angewohnheit geworden, vor dem Einsteigen noch einen schnellen Blick in die Runde zu werfen.
Das tat ich auch jetzt.
Mein Blick glitt über das Dach hinweg zur anderen Straßenseite. Dort stand jemand!
Schwarze Hose, ein modern geschnittenes Jackett. Streifenhemd und Seidenkrawatte. Schwarzes Haar, ein etwas bleiches Gesicht und ein wissendes Lächeln auf den Lippen.
Basil Hartford!
Mich hielt nichts mehr. Daß ich nicht über die Motorhaube sprang, war schon ein kleines Wunder. Ich rannte, ohne mich umzuschauen, über die Fahrbahn, hörte ein schrilles Hupsignal und wich dem Wagen mit einem Sprung aus.
Nach diesem Hindernisrennen erreichte ich mein Ziel zwar gesund und munter, Basil Hartford war jedoch verschwunden!
Es gab ihn einfach nicht mehr. Er mußte sich buchstäblich in Luft aufgelöst haben. Daß so etwas möglich war, hatte ich bei seinen makabren Helfershelfern erlebt.
Dieser Mann wurde für mich allmählich zu einem gefährlichen Alptraum. Er war immer einen Schritt schneller als ich und mir stets einen voraus. Mein Blick durchstreifte noch einmal die unmittelbare Umgebung, ohne etwas Verdächtiges entdecken zu können.
Klar, Typen wie Hartford hinterließen keine Spuren, die auf die Person selbst hindeuteten. Wenn man von ihnen ein Erbe fand, bestand es aus Tränen, Leid und Tod.
Diesmal überquerte ich die Fahnbahn normal und setzte mich, in den Rover. Zwei gegenüberliegende Fenster ließ ich offen, weil ich den Geruch aus dem Wagen haben
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