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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diana Gabaldon
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Zugegeben, Tom war wahrscheinlich fünfundzwanzig Jahre älter als Amy McCallum, aber er war gesund und kräftig genug, um für sie und ihre Söhne zu sorgen. Und sie brauchte eindeutig jemanden, der für sie sorgte. Ob sie und Malva es unter einem Dach aushalten würden, war eine andere Frage. Malva hatte ihrem Vater den Haushalt geführt, seit sie dazu in der Lage war. Sie war sicherlich ein liebenswerter Mensch, aber ich hatte auch den Eindruck, dass sie nicht
minder stolz war als ihr Vater und es nicht sehr freundlich aufnehmen würde, wenn man sie ersetzte.
    »Mmm«, sagte ich skeptisch. »Vielleicht. Aber was meinst du denn mit Rogers eigenem Wohlergehen?«
    Jamie zog die Augenbrauen hoch.
    »Ist dir noch nicht aufgefallen, wie ihn die Witwe McCallum ansieht?«
    »Nein«, sagte ich völlig verblüfft. »Dir denn?«
    Er nickte.
    »Ja, mir und Brianna ebenso. Im Moment wartet sie noch ab – aber glaube mir Sassenach: Wenn der gute Roger nicht dafür sorgt, dass die Witwe bald in feste Hände kommt, wird seine Frau ihm die Hölle heiß machen.«
    »Oh, bitte. Roger erwidert Mrs. McCallums Anbetung doch nicht, oder?«, wollte ich wissen.
    »Nein, das tut er nicht«, räumte Jamie ein, »und deswegen hat er auch seine Kronjuwelen noch. Aber wenn du glaubst, meine Tochter lässt sich so etwas bieten -«
    Wir hatten leise gesprochen, und als wir jetzt hörten, wie sich die Sprechzimmertür öffnete, verstummten wir abrupt. Malva steckte den Kopf in das Studierzimmer. Ihre Wangen waren errötet, und dunkle Haarsträhnchen umschwebten ihr Gesicht. Sie sah aus wie ein Dresdner Porzellanpüppchen, trotz der Flecken auf ihrer Schürze, und ich sah, wie Jamie über ihren Eifer lächelte.
    »Bitte, Mrs. Fraser, ich habe die Flüssigkeit abgeseiht und in Flaschen gefüllt – Ihr habt gesagt, die Reste müssen wir sofort an das Schwein verfüttern … habt Ihr die große weiße Sau gemeint, die unter dem Haus wohnt?« Ihre Miene war skeptisch, was ja auch kein Wunder war.
    »Ich mache das schon«, sagte ich und stand auf. »Danke, Malva. Wollt Ihr nicht in die Küche gehen und Mrs. Bug um ein Honigbrot bitten, bevor Ihr heimgeht?«
    Sie machte einen Knicks und entfernte sich in Richtung der Küche; ich konnte Ians Stimme hören, die Mrs. Bug neckte, und sah, wie Malva kurz stehen blieb, um ihre Haube zu drücken, sich eine Haarsträhne um den Finger zu wickeln, damit sie sich an ihrer Wange ringelte, und ihren schlanken Rücken aufrichtete, bevor sie eintrat.
    »Nun, Tom Christie kann Pläne schmieden, so viel er will«, murmelte ich Jamie zu, der mit mir in den Flur getreten war und ihr nachgesehen hatte, »aber du bist nicht der Einzige, der eine Tochter mit einem eigenen Kopf und festen Ansichten hat.«
    Er grunzte leise und ging zurück in sein Studierzimmer, während ich meinen Weg fortsetzte und eine große Schüssel mit nassen, ordentlich zusammengeschütteten Abfällen, den Überbleibseln unserer jüngsten Penizillinfabrikation, auf der Arbeitsfläche vorfand.

    Ich öffnete das Fenster an der seitlichen Hauswand und spähte draußen zu Boden. Knapp anderthalb Meter unter mir befand sich der Erdhügel, der die Höhle der weißen Sau unter dem Fundament kennzeichnete.
    »Schwein?«, sagte ich und beugte mich hinaus. »Bist du zu Hause?« Die ersten Kastanien waren jetzt reif und fielen von den Bäumen; es war gut möglich, dass sie im Wald war und sich an Kastanien fett fraß. Aber nein; Hufspuren im weichen Boden führten in die Höhle hinein, und unter mir konnte ich röchelnde Atemgeräusche hören.
    »Schwein!«, sagte ich, diesmal lauter und entschlossener. Als ich hörte, wie sich eine enorme Masse unter den Bodendielen regte, lehnte ich mich aus dem Fenster und ließ die Holzschüssel gezielt auf den weichen Boden fallen, ohne allzu viel ihres Inhalts zu verschütten.
    Dem Plop! ihrer Landung folgte schlagartig das Erscheinen eines immensen Kopfes mit weißen Borsten und einer großen rosa Schnüffelnase, der auf Schultern von der Breite eines Tabaksfasses saßen. Unter gierigem Grunzen folgte der restliche gewaltige Körper der Sau, und sie fiel unverzüglich über die Delikatesse her, den Schwanz vor Entzücken fest zusammengeringelt.
    »Denk nur fleißig daran, wer die Quelle dieses Segens ist«, ermahnte ich sie, zog mich zurück und schloss sorgfältig das Fenster. Die Fensterbank war ziemlich mitgenommen – das kam davon, wenn man die Abfallschüssel zu lange auf der Arbeitsfläche stehen ließ. Die Sau

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