Ein Hauch von Schnee und Asche
war ein ungeduldiges Tier, das nicht davor zurückschreckte, das Haus zu erobern und sich zu holen, was ihr zustand, wenn es nicht schnell genug serviert wurde.
Auch wenn ein Teil meiner Gedanken mit dem Schwein beschäftigt war, hatte ich die Frage nach Bobby Higgins’ Heiratsantrag und seinen möglichen Komplikationen nicht vergessen. Ganz zu schweigen von Malva. Zugegeben, sie war zweifellos empfänglich für Bobbys blaue Augen; er war ein sehr gut aussehender junger Mann. Aber sie war auch Ians Reizen gegenüber nicht abgeneigt, auch wenn diese nicht so ins Auge stachen.
Und was würde Tom Christie von Ian als Schwiegersohn halten, fragte ich mich. Er war nicht völlig mittellos; er besaß zehn Acres Land, das zum Großteil ungerodet war, allerdings kein ernsthaftes Einkommen. Waren Stammestätowierungen gesellschaftlich akzeptabler als ein Mörderbrandzeichen? Wahrscheinlich – andererseits war Bobby Protestant, und Ian war zumindest nominell katholisch.
Dennoch, er war Jamies Neffe – eine Tatsache die genauso für ihn sprechen konnte wie gegen ihn. Christie war furchtbar eifersüchtig auf Jamie; das wusste ich. Würde er eine Verbindung zwischen seiner und unserer Familie als vorteilhaft betrachten oder als etwas, das um jeden Preis zu vermeiden war?
Falls es Roger natürlich gelang, ihn mit Amy McCallum zu verheiraten, war es möglich, dass ihn dies auf andere Gedanken brachte. Brianna hatte
die Witwe mir gegenüber nicht erwähnt – doch wenn ich jetzt darüber nachdachte, begriff ich, dass die Tatsache, dass sie nicht das Geringste gesagt hatte, auch auf unterdrückte Empfindungen hinweisen konnte.
Ich konnte Stimmen und Gelächter aus der Küche hören; offenbar hatten alle ihren Spaß. Ich dachte kurz daran, zu ihnen zu gehen, doch als ich einen Blick in Jamies Studierzimmer warf, sah ich, dass er an seinem Schreibtisch stand, die Hände hinter dem Rücken gefaltet, und mit einem geistesabwesenden Stirnrunzeln auf Lord Johns Brief hinunterblickte.
Seine Gedanken waren nicht bei seiner Tochter, dachte ich mit einem leisen, merkwürdigen Stich – sondern bei seinem Sohn.
Ich trat in das Studierzimmer, schlang den Arm um seinen Rücken und legte den Kopf an seine Schulter.
»Hast du schon einmal daran gedacht zu versuchen, Lord John zu überzeugen?«, sagte ich ein wenig zögernd. »Dass die Amerikaner möglicherweise nicht ganz Unrecht haben, meine ich – ihn von deiner Denkweise zu überzeugen.« Lord John selbst würde in dem kommenden Konflikt nicht zur Waffe greifen; Willie höchstwahrscheinlich schon, und zwar auf der falschen Seite. Zugegeben, die Kampfhandlungen würden auf beiden Seiten gleich gefährlich sein – doch das änderte nichts daran, dass die Amerikaner siegen würden, und der einzige Weg, Willie zu beeinflussen, führte über seinen vermeintlichen Vater, dessen Ansichten er respektierte.
Jamie prustete, legte aber den Arm um mich.
»John? Kannst du dich noch erinnern, was ich dir über die Highlander gesagt habe, als Arch Bug mit seiner Axt zu mir gekommen ist?«
Sie leben gemäß ihres Eides, und sie sterben auch dafür.
Ich erschauerte sacht und schmiegte mich enger an ihn, um mich an seiner Nähe zu trösten. Er hatte Recht; ich hatte sie selbst mit angesehen, diese brutale Verschworenheit der Clans – und doch war sie schwer nachzuvollziehen, selbst wenn man sie dicht vor Augen hatte.
»Ich erinnere mich«, sagte ich.
Er wies kopfnickend auf den Brief, den er unverwandt studierte.
»Er ist genauso. Nicht alle Engländer sind so – aber er schon.« Er sah mich mit einer Miene an, in der sich Reumut mit widerstrebendem Respekt vermischte.
»Er ist königstreu. Es würde keine Rolle spielen, wenn ihm der Engel Gabriel erschiene und ihm sagen würde, was geschehen wird; er würde seinen Eid nicht brechen.«
»Meinst du wirklich?«, sagte ich, diesmal mutiger. »Ich bin mir da nicht so sicher.«
Seine Augenbrauen hoben sich überrascht, und ich fuhr fort, stockend, weil ich nach den richtigen Worten suchte.
»Es ist – ich weiß, was du meinst; er ist ein Ehrenmann. Aber genau das ist es ja. Ich glaube gar nicht, dass er auf den König eingeschworen ist – nicht
so, wie Colums Männer ihren Eid auf Colum geleistet haben oder die Männer aus Lallybroch auf dich. Was für ihn zählt – wofür er sein Leben geben würde – ist Ehre.«
»Nun, aye – so ist es«, erwiderte er langsam und runzelte konzentriert die Stirn. »Aber für einen Soldaten wie ihn ist
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