Ein Haus für vier Schwestern
Ginger Reynolds sei.
Ginger drehte ihre Runden völlig in Gedanken. Die Frau, für die dieser Brief bestimmt war, beschäftigte sie. Sie fragte sich, wer sie wohl war und warum sie denselben Namen trugen. Als sie wieder nach Hause kam, klingelte das Telefon.
Sie hob in der Küche ab und meldete sich.
»Ich habe angefangen, mir Sorgen zu machen«, sagte Marc.
Der Anrufbeantworter blinkte, wie sie mit einem Blick feststellte. »Ich war im Park.« Früher waren sie zusammen laufen gegangen – bevor die gemeinsame Zeit zu knapp wurde, um sie mit etwas so Alltäglichem zu verschwenden. »Ist das Konzert schon vorbei?«
Er stöhnte. »Nicht mal annähernd. Wir sind noch auf der ersten Seite des Programms, und Jenny steht auf der dritten. Ich habe mich davongeschlichen, um dich anzurufen. Ich wollte deine Stimme hören und fragen, ob alles in Ordnung ist.«
Sie lehnte sich gegen die Küchentheke und sah auf die Uhr. Halb neun. Kein Überraschungsbesuch heute Abend. Es war bescheuert, sich ständig solche Hoffnungen zu machen. »Mir geht’s gut.« Sie bemühte sich, ihre Enttäuschung zu verbergen. »Du musst stolz auf Jenny sein. Die Besten kommen am Ende.«
»Und dir fällt immer etwas ein, damit es mir gleich besser geht. Du bist eine wunderbare Frau. Ich muss in meinem vergangenen Leben ein ziemlich toller Hecht gewesen sein, dass ich dich diesmal abbekommen habe.« Er machte eine Pause. »Es tut mir leid, Ginger. Ich weiß, wie viel dir der heutige Abend bedeutet«, flüsterte er gequält.
Sie ließ sich ein wenig erweichen. Hätte er gesagt, wie viel dieser Abend für sie beide bedeutet, würde sie ihm sofort vergeben. So musste er warten, bis sie sich trafen. »Es werden noch andere Jahrestage kommen.«
»Du bist zu gut für mich.«
Ja, das war sie. Aber vielleicht würde sich das eines Tages ändern. »Ich habe heute einen total seltsamen Brief bekommen. Von einer Anwältin aus Sacramento.«
»Davon wirst du mir ein anderes Mal erzählen müssen, Schätzchen. Ich muss zurück, bevor Judy mich sucht. Morgen zum Beispiel, okay?«
»Ist nicht so wichtig.«
»Ist es doch. Sonst hättest du nichts gesagt. Geh nach oben, nimm ein schönes Bad und bedauere mich, dass ich hier festsitze und nicht bei dir sein kann.«
Er hätte den Brief morgen vergessen, und sie würde ihn nicht daran erinnern. Ihn ständig an etwas zu erinnern war typisch für Judy Osborne. Und Ginger mied jede Ähnlichkeit in den Beziehungsmustern wie der Teufel das Weihwasser. »Mache ich.«
Sie verabschiedete sich, behielt jedoch den Hörer in der Hand. In Denver war es jetzt halb zehn Uhr abends. Ihr Vater würde sicher schon im Bett sein, aber ihre Mutter blieb in der Regel bis Mitternacht auf. Der Brief war eine der seltenen Gelegenheiten, sie an ihrem Leben teilhaben zu lassen, und hatte nichts mit Marc zu tun. Ginger wählte ihre Nummer.
Bevor sie überhaupt zum Grund ihres späten Anrufs kommen konnte, musste sie Delores davon überzeugen, dass nichts Schlimmes passiert war. »Mom, du musst dir keine Sorgen machen. Ich wollte dir nur von einem seltsamen Brief erzählen, den ich heute bekommen habe.«
»Belästigt dich jemand?«
Ginger lachte. »Nein, überhaupt nicht.«
»Ich habe nur gerade gelesen, wie gefährdet Singlefrauen durch Stalker sind.«
»Mich belästigt niemand, Mom. Der Brief ist von einer Anwältin. Sie vertritt einen Mann, der denkt, er sei mein Vater.«
Schweigen am anderen Ende der Leitung. »Mom?«, fragte Ginger.
Es vergingen weitere Sekunden, bevor Delores antwortete. »Ja?«
»Findest du das nicht lustig?«
»Was steht noch in dem Brief?«
Diese Reaktion hatte Ginger nicht erwartet. »Er wird bald sterben und will mich treffen. Nein, nicht mich. Seine Tochter.«
»Steht ein Name im Brief?«
Sie langte nach dem Schreiben. »James Reed. Nein, nicht James. Jessie.«
Erneutes Schweigen. »Was wirst du machen?«
Verwirrt wünschte sich Ginger, sie hätte nicht angerufen. Sie hatte auf ein bisschen Unterhaltung gehofft, nicht auf eine inquisitorische Befragung. »Ich denke, ich werde dort anrufen und der Anwältin sagen, dass ich die Falsche bin. Dann kann sie weitersuchen.«
»Du musst da nicht anrufen. Dazu bist du nicht verpflichtet. Sie weiß sowieso, was los ist, wenn du dich nicht meldest.«
»Der Typ wird sterben, Mom. Ich möchte nicht schuld daran sein, sollte seine Tochter nicht rechtzeitig gefunden werden.«
»Misch dich da nicht ein, Ginger.« Das klang nicht nach einem Vorschlag,
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