Ein heißer Plan
sich einen Augenblick Zeit, um über die Antwort nachzudenken. Sie versuchte, das warme Gefühl, das sie bei Macs Namen durchströmte, richtig einzuschätzen. „Wir haben keine Beziehung“, sagte sie schließlich.
„Ach, und vorhin auf der Veranda …“
„Da sind die Gefühle mit uns durchgegangen. Das war ein Moment der geistigen Unzurechnungsfähigkeit.“
Louise seufzte. „Gott, diese Momente liebe ich.“
Gegen ihren Willen musste Olivia lachen. „Mac und ich … das ist eine komplizierte Geschichte.“
„Dann machen Sie es sich doch einfach nicht so schwer. So wie Sie mir ganz unkompliziert erklärt haben, wie man diesen Vogel zubereitet. Ausnehmen, gut würzen, bei der richtigen Temperatur in den Ofen schieben und zwischendurch begießen, begießen, begießen.“
Olivia nickte ihr zu. „Sie kennen sich gut aus, Louise.“
„Ich mag Sie – Sie beide“, entgegnete sie. Versonnen salzte und pfefferte sie den Truthahn von allen Seiten. „Es wäre doch toll, wenn es wieder passieren würde … wenn Sie wieder Ihrem Gefühl folgen würden.“
„Ja. Aber vielleicht wäre es beim zweiten Mal etwas ganz anderes. Mac ist ein erstaunliches Finanzgenie, aber mit Beziehungen hat er nichts am Hut.“
„Das kann man nie wissen, Liv.“ Sie hielt inne und sah auf. „Darf ich Sie so nennen?“
Olivia lächelte. „Natürlich.“
„Harold war der totale Frauenheld, als wir uns trafen“, erzählte Louise. Vorsichtig löste sie die Haut des Truthahns vom Fleisch.
„Wirklich?“
„Ja.“
„Das kann ich mir gar nicht vorstellen.“
Sie schob Salbei- und Thymianblätter unter die Haut des Truthahns und bestrich ihn anschließend mit Butter. „Es stimmt aber. Jede Nacht hatte er eine andere Frau. Und sehen Sie ihn sich jetzt an. Heute hat er wundervolles Holz mit nach Hause gebracht. Er will eine Babywiege bauen. Ganz allein.“
„Babywiege? Sind Sie …“
Lächelnd ging Louise zur Spüle, um sich die Hände zu waschen. „Was ich sagen will, ist: Man weiß nie, was in einem Menschen steckt, wenn man ihm nicht die Möglichkeit gibt, sich zu beweisen. Und jetzt lassen Sie uns diesen Vogel in den Ofen schieben und uns an die Füllung machen.“
Als Mac zwei Stunden später mit Harold im Schlepptau die Küche betrat, duftete es bereits verführerisch nach dem Thanksgiving-Truthahn. Mac beobachtete Olivia, die neben Louise an der Spüle stand und zusah, wie sie die gekochten Kartoffeln abgoss, um sie zu pürieren. Die beiden Frauen wirkten so vertraut miteinander, fast wie Freundinnen.
Harold stieß ihm den Ellbogen in die Rippen und flüsterte: „Ich weiß, dass es sexistisch klingen mag, aber sehen Sie sich nur unsere Frauen an. In ihren Schürzen stehen sie am Herd und kochen ihren Männern das Essen. Da möchte man als Mann beinahe zufrieden grunzen.“
Mac lachte leise. „Ja, beinahe.“ Doch eigentlich war ihm nicht nach Lachen zumute. Seine Reaktion auf Harolds Worte machte ihm Sorgen. Unsere Frauen. Diese Worte hätten ihn kaltlassen müssen, hätten ihm nichts bedeuten sollen. Aber die Vorstellung, dass Olivia wirklich zu ihm gehören könnte, berührte ihn.
Als Kind war er von Pflegeeltern zu Pflegeeltern weitergereicht worden, bis er ungefähr vierzehn gewesen war. „Thanksgiving“ oder „Familie“ waren damals für ihn nichts weiter als leere Worte gewesen. Irgendetwas hatte Empfindungen in ihm ausgelöst, die er bisher nicht kannte. Vielleicht waren es Olivia und Louise, die in der Küche standen und so heimelig und zufrieden wirkten. Oder es waren die Düfte, die das Haus erfüllten und die so etwas wie Glück und Wohlbehagen zu versprechen schienen. Das alles entfachte in Mac etwas – eine Sehnsucht, der er vielleicht irgendwann einmal nachgeben wollte.
Irgendwann einmal, aber nicht jetzt …
„Diesen Teil liebe ich“, sagte Louise, während sie mit Schwung die Kartoffeln stampfte. „Man kann so schön seine Aggressionen abbauen.“
Bisher hatten die beiden Frauen Mac und Harold noch nicht bemerkt und fühlten sich unbeobachtet.
„Wusste ich es doch.“ Lachend gab Olivia die heiße Preiselbeersoße in eine Schüssel. „Das Geheimnis beim Kochen ist es, einfache Rezepte mit wirklich frischen und guten Zutaten zuzubereiten.“
„Irgendetwas duftet hier ganz hervorragend“, sagte Harold. Er ging an Mac vorbei und schlang seine Arme um die Taille seiner Frau. Louise stampfte weiter mit Hingabe die Kartoffeln.
Sie warf einen Blick über die Schulter und lächelte.
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