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Ein Herz bricht selten allein

Ein Herz bricht selten allein

Titel: Ein Herz bricht selten allein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gitta von Cetto
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mache ihn selbst. Ich besitze ein kleines podere bei Lucca, das heißt, es gehört eigentlich meinen Kindern. Mein Vater hat es ihnen gekauft. Sie wissen doch, daß ich zwei Kinder habe?«
    »Ja, ich habe es mir zusammengereimt. Aus Adrianas Erzählung.«
    »Sie wissen vielleicht, daß ich Witwer bin«, sagte er. »Ich erwarte eine junge Dame aus Genf. Bekannte wollen sie mit dem Wagen hierherbringen. Ich brauche jemanden, der für die Kinder sorgt. Adriana ist nicht die Richtige dafür.«
    Bettina hörte Seggelins Stimme ganz fern. Sie war schläfrig und gähnte verstohlen hinter der Hand. Sie hatte zu rasch und zu viel getrunken.
    »Sie sind müde. Ich bringe Sie in Ihr Hotel. Wo sind Sie abgestiegen?« fragte er.
    »Nirgends.«
    Seggelins nahezu erloschene Pfeife glimmte erneut auf. Er dachte angestrengt nach. Schließlich meinte er: »Adriana hat das Gästezimmer für Fräulein Bartisse hergerichtet. Aber nachdem sie nicht erschienen ist... Wo haben Sie Ihr Gepäck?«
    »Auf dem Bahnhof.« Bettinas Augen leuchteten.
    »Das könnte ich holen.«
    »Das wäre reizend von Ihnen.«
    Er legte die Pfeife weg und stand auf. »Man sollte Sie wirklich nicht allein in der Welt herumreisen lassen«, sagte er, ergriff ihre Hände und zog sie aus dem Schaukelstuhl hoch in seine Arme. Sie hielten sich umschlungen, Seggelin küßte sie stürmisch. Aber in diesem Augenblick klingelte es, und dann wurde es lebhaft in der Wohnung.
    Seggelin, der Bettina umfangen hielt, murmelte: »Das ist Fräulein Bartisse. In letzter Sekunde. Kinder und Narren haben eben einen Schutzengel.« Er strich Bettina zärtlich über das Haar. »Du bist das Kind, ich der Narr.«
    Dann knipste er einen der beiden Kandelaber an. Das Licht flutete über die Terrasse, und in den hellen Schein trat Adriana mit einem blonden, sehr gut angezogenen Mädchen.
    »Je suis Hélène Bartisse«, sagte sie und schickte einen Blick ihrer hübschen braunen Augen zu Seggelin. »Ich muß mich entschuldigen, wir hatten eine Panne.«
    Er ging zu ihr hin und reichte ihr die Hand. »Ich freue mich, daß Sie dennoch angekommen sind.« Er stellte Bettina und Fräulein Bartisse einander vor. »Adriana wird Ihnen Ihr Zimmer zeigen. Sie entschuldigen mich bitte für heute. Wir sind eben im Aufbrechen.« Dann, Bettinas Arm leicht berührend, sagte er: »Ich bringe Sie in Ihr Hotel. Ich werde gleich telefonieren, wo Sie gut unterkommen.«
    Bettina war um jeden Schluck Wein froh, den sie getrunken hatte. Sie fühlte sich gelöst, beinahe heiter. Während sie mit Hélène Bartisse nichtssagende Worte über die Fahrt von Genf, über die Panne und über das wunderbare Wetter wechselte, hörte sie Seggelin mit einem Hotel telefonieren und ein Zimmer mit Bad bestellen.
    Kurz darauf saß sie neben ihm in seinem Auto, und diesmal war es nicht mehr der schwarze Gangsterwagen, sondern ein Luxusschlitten. Bettina erlebte die Fahrt wie durch eine besänftigende Nebelwand.
    Schließlich fand sie sich in einer Hotelhalle wieder, sie reichte Herrn Seggelin formell die Hand, sie lächelte, unterdrückte den jäh aufkommenden Wunsch, Hélène Bartisse möge sich in diesem Augenblick zu unvorsichtig über das Geländer von Seggelins Terrasse beugen und in die Tiefe stürzen, und vernahm, wie Herr Seggelin ihr alles Glück auf Erden, vor allem alles Glück für ihre Heimkehr zu Mann und Kind wünschte. Auch jetzt lächelte sie noch, etwas steif, so als sei ihr Mund vom Zahnarzt vereist worden, und kurz darauf stand sie schon in einem feudalen Zimmer mit Mahagoni, mit faustdickem Fußbodenbelag und Prismengläsern. Jetzt erst taute das eingefrorene Lächeln auf, es zerlief in Tränen, Tränen des Zorns und der Enttäuschung. Das Schicksal hatte sie genarrt.
    Sie hätte diesen Schweizer Querkopf lieben können, wenn sich nicht alles gegen sie verschworen hätte. Die aus Genf angereiste Dame, unverheiratet, kinderbetreuend, das blonde Haar nicht künstlich verfärbt, in klaren Verhältnissen lebend, adrett innerlich und äußerlich, dieses wunderbare Wesen, eine erstrebenswerte Zweitmutter für Herrn Seggelins Kinder, würde das Rennen machen. Nicht zu vergessen, daß sie wahrscheinlich auch keinen Bruder hatte, der stahl. Die Tränen flössen.
    Als Bettina ihr Taschentuch aus der braunen Wildledertasche holte, stieß sie auf einen Umschlag mit der Aufschrift >Gute Nacht und gute Heimfahrt«. Der Inhalt reichte, um das Hotel zu bezahlen und sorglos nach Deutschland zu fahren. Seggelin mußte den Umschlag

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