Ein himmlischer Gärtner in Hamburg 2.Michael
dass wir in einer Jugendherberge mit Vier-Bett-Zimmern landen würden. Plön ist eine entzückende Stadt mit zahlreichen Ausflugsmöglichkeiten und einem riesigen See, so dass sogar ein Segelkurs angeboten wird. Na, das klingt doch toll.
Plön, die Sonne scheint
Warum ich mich habe überreden lassen, an dieser blöden Freizeit teilzunehmen? Es ist wohl die Langeweile, denn die drei Wochen Zwangsurlaub hätte ich sonst in meiner Wohnung auf dem Balkon verbracht. Nun würde so mancher sagen: Das ist doch auch sehr schön. Leider liegt dieser jedoch im Norden, weshalb es nur notorische Schattensucher dort bibbernd aushalten.
Es war jedenfalls verlockender, dieses Angebot anzunehmen, als daheim herumzusitzen. Meine Hobbys füllen mich zwar aus, aber die sozialen Kontakte, die ich sonst tagsüber auf der Arbeit habe, würden mir fehlen. Tja, ich bin eben auch nur ein Mensch. Außerdem sieht das Hotel verlockend aus und als ich von den Einzelzimmern las, war die Entscheidung gefallen.
Daher sitze ich nun in dem Bus, der mich und die Kollegen zu dem Ferienort bringen wird. Zu allerletzt ist noch der Gärtner eingestiegen, den ich heimlich bewundert hatte. Dieser Engel mit den blonden Haaren, der zwischen den Grabsteinen umhergelaufen war. Ich ducke mich unwillkürlich, als er durch den Gang kommt. Der Platz neben mir ist zum Glück besetzt von Patricia, einer Kollegin, die mit schwärmerischer Liebe an mir hängt. Patricia leidet unter dem Down Syndrom, weshalb mich ihre Anhänglichkeit nicht so sehr stört. Sie ist ganz süß auf ihre Art.
Der blonde Engel findet ganz hinten einen freien Platz und ich atme aus. Weshalb ich so angespannt bin? Der Mann bringt in mir eine Seite zum Klingen, die ich seit Ewigkeiten nicht gespürt habe und auch schon dachte, nicht mehr zu besitzen. Jedoch ist das Gefühl nicht tot und verursacht mir Magenschmerzen und ein sehnsüchtiges Ziehen im Schoss. Fühlt sich nach leichter Schwärmerei an.
Natürlich habe ich in den letzten Jahren immer mal wieder für den einen oder anderen Mann geschwärmt. Meist für Filmstars, manchmal auch für einen der vielen Therapeuten, die mich behandelt haben. Jedoch war das alles harmlos, gemessen an dem Gefühl, dass dieser Engel in mir auslöst.
„Joschi, ich hab dich so lieb“, gurrt Patricia und reibt den Kopf an meiner Schulter.
Das bringt mich zum Lachen und für eine Weile ist der Gärtner vergessen.
Knapp eine Stunde später verlassen wir den Bus, der vor einem großen, modernen Gebäude gehalten hat. Ich warte, bis der Engel den Wagen verlassen hat, bevor ich mich zu den anderen geselle. Joachim, mein Vorarbeiter, der bei dieser Reise als Betreuer fungiert, erklärt uns, was jetzt passieren wird. Ich lausche und versuche, mir alles zu merken.
Doch schon, als wir uns wie eine Schulklasse in Zweierreihen an der Rezeption aufgestellt haben, verwirrt mich der Anblick des blonden Gärtners dermaßen, dass Patricia mich am Arm ziehen muss, um mich zurück ins Hier und Jetzt zu befördern.
„Wir sind dran“, nuschelt sie schüchtern.
Tatsächlich stehen wir jetzt direkt vor dem Empfangstresen und eine freundlich lächelnde Dame händigt uns Keycards aus, mit denen wir, ihnen Worten zufolge, durch fast jede Tür kommen. Ein Kollege probiert das gerade an der Tür des Direktors aus und wird von dem Blonden davon vehement abgehalten. Der Gärtner packt den Verwirrten am Arm und bringt ihn zurück zu der Gruppe, die wie eine Horde belämmerter Esel inmitten der Empfangshalle steht.
Ich wünsche mich an die Stelle des Kollegen und überlege, ob ich auch irgendetwas Dummes anstellen soll, damit der Engel mich bemerkt. Jedoch ist mir das viel zu peinlich und so schiebe ich den Gedanken beiseite.
Joachim führt die Gruppe zum Fahrstuhl und achtet darauf, dass jeder in sein Zimmer findet.
„Treffen in einer Stunde in der Empfangshalle“, instruiert er uns eindringlich und lässt jeden einzelnen diese Ankündigung wiederholen.
Da ich solche Maßnahmen von der täglichen Arbeit her gewohnt bin, störe ich mich nicht daran, genauso wenig wie an ein paar Hotelgästen, die die Prozedur stirnrunzelnd verfolgen. Ablehnung oder sogar offen gezeigter Ekel ist völlig normal, vor allem aufgrund der vielen Mongol oiden, die in der Gruppe sind. So sind die Menschen eben: Alles, was nicht der Norm entspricht, wird mit großem Misstrauen beobachtet.
„Joschi, wiederholst du bitte die Instruktion?“, fragt mich der Gärtner, der
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