Ein Hologramm für den König
jenem Tag in den See watete. Da fuhr Alan gerade los, er wollte zum Steinbruch. Irgendwie war es nicht normal, dass ein Mann wie Charlie Fallon im September in den schimmernden schwarzen See watete, aber extrem ungewöhnlich war es auch nicht.
Charlie Fallon hatte Alan ständig irgendwelche Seiten aus Büchern geschickt. Zwei Jahre lang. Charlie hatte im fortgeschrittenen Alter die Transzendentalisten für sich entdeckt und eine Verbundenheit zu ihnen verspürt. Er hatte festgestellt, dass die Brook Farm nicht weit von seinem und Alans Wohnort lag, und glaubte, das hätte etwas zu bedeuten. Er erforschte seine Bostoner Herkunft in der Hoffnung, auf irgendeine Verbindung zu stoßen, fand aber keine. Trotzdem schickte er Alan Buchseiten mit markierten Passagen.
Ein privilegiertes Gehirn bei der Arbeit, dachte Alan. Hör auf, mir noch mehr von dem Mist zu schicken, sagte er zu Charlie. Aber Charlie grinste und schickte noch mehr.
Als Alan also sah, wie Charlie an einem Samstagmittag in den See watete, hielt er das für eine logische Erweiterung der neuen Leidenschaft des Mannes für das Land. Er war erst bis zu den Knöcheln im Wasser, als Alan an dem Tag an ihm vorbeifuhr.
II.
ALS ALAN IM DSCHIDDA-HILTON ERWACHTE, war er schon zu spät dran. Es war 8.15 Uhr. Er war kurz nach fünf eingeschlafen.
Er wurde um acht in der King Abdullah Economic City erwartet. Die Fahrt dahin würde mindestens eine Stunde dauern. Er musste duschen, sich anziehen und ein Auto besorgen, konnte also frühestens um zehn da sein. Er würde am ersten Tag seines Einsatzes hier zwei Stunden zu spät kommen. Er war ein Idiot. Er wurde mit jedem Jahr idiotischer.
Er wählte Cayleys Handynummer. Sie meldete sich mit ihrer heiseren Stimme. In einem anderen Leben, einer anderen Drehung des Rades, wo er jünger und sie älter und sie beide dumm genug wären, es zu versuchen, wären er und Cayley etwas Erstaunliches gewesen.
– Hallo, Alan! Es ist wunderschön hier. Na ja, vielleicht nicht wunderschön. Aber Sie sind nicht da.
Er erklärte es. Er log nicht. Dafür hatte er nicht mehr die Energie, die nötige Kreativität.
– Ach, keine Sorge, sagte sie mit einem kleinen Lachen – ihre Stimme barg die Möglichkeit, zelebrierte die Existenz eines fantastischen Lebens beständiger Sinnlichkeit –, wir bauen gerade erst auf. Aber Sie werden sich selbst eine Transportmöglichkeit besorgen müssen. Weiß einer von euch, wie Alan herkommen kann?
Offenbar rief sie das dem übrigen Team zu. Der Raum klang riesig. Er stellte sich einen dunklen und leeren Ort vor, drei junge Leute mit Kerzen in Händen, die auf ihn und seine Laterne warteten.
– Er kann kein Auto mieten, sagte sie zu ihnen.
Und dann zu ihm. – Können Sie ein Auto mieten, Alan?
– Ich regele das, sagte er.
Er rief in der Lobby an.
– Hallo. Alan Clay hier. Wie ist Ihr Name?
Er fragte nach Namen. Eine Angewohnheit, die Joe Trivole ihm eingeschärft hatte, als sie zusammen für Fuller-Brush-Produkte unterwegs waren. Frag nach Namen, wiederhole Namen. Wenn du dich an die Namen von Leuten erinnerst, erinnern sie sich an dich.
Der Mann an der Rezeption sagte, sein Name sei Edward.
– Edward?
– Ja, Sir. Mein Name ist Edward. Was kann ich für Sie tun?
– Wo kommen Sie her, Edward?
– Jakarta, Indonesien, Sir.
– Ah, Jakarta, sagte Alan. Dann merkte er, dass er nichts zu Jakarta sagen konnte. Er wusste nichts über Jakarta.
– Edward, meinen Sie, ich könnte über das Hotel einen Wagen mieten?
– Haben Sie einen internationalen Führerschein?
– Nein.
– Dann sollten Sie das lieber nicht tun.
Alan rief den Hotelportier an. Er erklärte, er brauche einen Fahrer zur King Abdullah Economic City.
– Das wird ein paar Minuten dauern, sagte der Portier. Sein Akzent klang nicht saudisch. Anscheinend arbeiteten keine Saudis in diesem saudischen Hotel. Alan hatte sich das schon gedacht. Ihm war gesagt worden, dass überall nur wenige Saudis arbeiteten. Sie importierten Arbeitskräfte für alle Bereiche. Wir müssen jemanden Geeigneten finden, der Sie fahren kann, sagte der Portier.
– Können Sie nicht einfach ein Taxi rufen?
– Nicht direkt, Sir.
Alan wurde sauer, aber dieses Problem hatte er sich selbst eingebrockt. Er dankte dem Mann und legte auf. Er wusste, dass er in Dschidda oder Riad nicht einfach ein Taxi rufen konnte – so stand es jedenfalls in den Reiseführern, die allesamt hysterisch auf die Gefahren hinwiesen, die ausländische Reisende im
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