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Ein Hologramm für den König

Ein Hologramm für den König

Titel: Ein Hologramm für den König Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Eggers
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Edward. Wie viel später kommt der Wagen denn?
    – In zwanzig Minuten. Darf ich Ihnen vielleicht etwas zu essen aufs Zimmer schicken?
    Alan trat ans Fenster und schaute hinaus. Das Rote Meer war ruhig, unscheinbar aus dieser Höhe. Eine sechsspurige Schnellstraße führte direkt an ihm entlang. Ein Trio Männer in Weiß angelte am Pier.
    Alan blickte auf den Balkon neben seinem. Er betrachtete sein Spiegelbild in der Scheibe. Er sah durchschnittlich aus. Wenn er rasiert und ordentlich gekleidet war, ging er als seriös durch. Aber unter seiner Stirn hatte sich irgendwas verdunkelt. Seine Augen waren eingesunken, und das fiel den Leuten auf. Bei seinem letzten Highschool-Klassentreffen sagte ein ehemaliger Footballspieler, den Alan nicht hatte ausstehen können: Alan Clay, du hast einen leeren Blick. Was ist los mit dir?
    Eine Windböe wehte vom Meer heran. In der Ferne schob sich ein Containerschiff übers Wasser. Hier und da ein paar andere Schiffe, winzig wie Spielzeug.
    Auf dem Flug von Boston nach London hatte ein Mann neben ihm gesessen. Er trank Gin Tonic und hielt Monologe.
    Eine ganze Weile war’s gut, oder?, hatte er gesagt. So etwa dreißig Jahre oder so? Vielleicht auch nur zwanzig, zweiundzwanzig? Aber es war vorbei, keine Frage, das war es, und jetzt mussten wir uns genau wie Westeuropa auf eine Ära gefasst machen, die von Tourismus und Krämerseelen geprägt sein würde. Das hatte der Mann im Flugzeug doch sinngemäß gesagt, oder? So was in der Art.
    Er konnte einfach nicht den Mund halten und ließ sich einen Drink nach dem anderen bringen.
    Wir sind eine Nation von Stubenhockern geworden, hatte er gesagt. Eine Nation von Zweiflern, Bedenkenträgern, Grüblern. Gott sei Dank waren die Amerikaner, die dieses Land besiedelt haben, nicht so. Die hatten ein ganz anderes Format! Die haben das Land in Planwagen mit Holzrädern durchquert! Die haben kaum angehalten, wenn unterwegs einer den Löffel abgab. Damals wurden die Toten beerdigt, und weiter ging’s.
    Der Mann, der betrunken war und vielleicht auch gestört, war wie Alan in die Produktion hineingeboren worden und hatte sich irgendwann später in Welten verirrt, die nur am Rande mit der Herstellung von Dingen zu tun hatten. Er ließ sich mit Gin Tonic volllaufen und war mit allem fertig. Er war auf dem Weg nach Frankreich, wo er sich in der Nähe von Nizza zur Ruhe setzen wollte, in einem Häuschen, das sein Vater nach dem Zweiten Weltkrieg gebaut hatte. Das war’s.
    Alan hatte den Mann reden lassen, und sie hatten ein paar Gedanken ausgetauscht über China, Korea, über die Herstellung von Kleidung in Vietnam, über den Aufstieg und Untergang der Bekleidungsindustrie auf Haiti, den Preis für ein gutes Zimmer in Hyderabad. Alan hatte ein paar Jahrzehnte mit Fahrrädern zu tun gehabt, sich dann in rund einem Dutzend anderen Bereichen versucht, Consulting, Unternehmen dabei helfen, durch schonungslose Effizienz wettbewerbsfähig zu werden, Roboter, Schlanke Produktion, und so weiter. Und doch gab es von Jahr zu Jahr immer weniger Arbeit für einen Mann wie ihn. Keiner wollte mehr auf amerikanischem Boden produzieren. Mit welchen Argumenten sollte er oder sonst wer dafür plädieren, fünf- bis zehnmal höhere Produktionskosten als in Asien in Kauf zu nehmen? Und falls die asiatischen Löhne auf ein unhaltbares Niveau anstiegen – zum Beispiel auf 5 Dollar die Stunde –, war da Afrika. Die Chinesen produzierten bereits Sportschuhe in Nigeria. Jack Welch hatte gesagt, die Produktion von Waren sollte am besten auf einem Schiff stattfinden, das auf der Suche nach möglichst billigen Bedingungen ständig den Globus umkreist, und anscheinend hatte die Welt ihn beim Wort genommen. Der Mann im Flugzeug jammerte empört: Es sollte eine Rolle spielen, wo etwas hergestellt wird!
    Aber Alan wollte nicht verzweifeln und wollte sich nicht von der Malaise seines Sitznachbarn runterziehen lassen. Alan war schließlich optimistisch, oder? Er sagte es jedenfalls. Malaise . Das war das Wort, das der Mann wieder und wieder benutzte. Der schwarze Humor macht dich erst richtig fertig. Die Witze!, jammerte der Mann. Ich hab sie in Frankreich, England, Spanien gehört. Und in Russland! Leute, die über ihre miserablen Regierungen gemeckert haben, über die elementare und irreparable Dysfunktion ihrer Länder. Und in Italien! Die Verbitterung, die Erwartungshaltung, dass es bergab geht. Das war überall spürbar und jetzt auch bei uns. Dieser düstere Sarkasmus. Das ist

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