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Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition)

Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition)

Titel: Ein Jahr im Frühling (Cappuccino-Romane) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Nohl
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Ihres Arbeitgebers
dabei? Ich würde mich gerne als Stadtführerin bewerben“, fragte sie ihn mutig
mit einem tiefen Atemzug aus dem Bauch heraus.
    Kurz schien er verwirrt, dann gab er sich einen Ruck, kramte
in seiner abgewetzten Tasche aus dickem Rindsleder und zog ein Smartphone
heraus. „Haben Sie etwas zu schreiben dabei?“
    Emily zückte ihr allgegenwärtiges Notizbüchlein und notierte
sich die Nummer.
    „Und mit wem habe ich die Ehre?“
    „Ich bin Emily.“
    „Angenehm, David“, entgegnete er mit einer angedeuteten
Verbeugung. Sie ging kurz in die Knie und stellte sich vor, das wäre ein
Knicks.
    „Herzlichen Dank, David, das war richtig klasse.“
    „Dann freue ich mich, dich bald als Kollegin begrüßen zu
dürfen“. Wie elegant er auf das Du umgeschwenkt war. Er lächelte unergründlich,
zwinkerte ihr noch einmal zu und lief leichtfüßig Richtung Heiliggeistkirche
davon. Emily schaute ihm nach, sah, wie der verfilzte Schopf die Sonne einfing
und sich manche Touristen nach dem Bürgersohn umwandten, der seine Kleidung so
selbstverständlich trug, als wäre er einer anderen Zeit entsprungen.
     
     
     
     

Erinnerung an Fred, Clara, der Sommerwind und die
alte Liebe wird versenkt
     
    Es war Markt
vor dem Rathaus. Tief einatmend schlenderte Emily zwischen den Ständen
hindurch, genoss die Vielfalt der Gerüche und lauschte dem ureigenen Dialekt,
an den sie sich wirklich erst gewöhnen musste. Ihre Wirtin hatte damals im
Herbst bei ihrem ersten Besuch in Heidelberg stolz auf ihre Frage geantwortet,
man spräche hier „Kurpfälzisch“ und das hätte weder was mit „Badensisch“ noch
mit „Schwäbisch“ zu tun, es sei eben etwas ganz Eigenes. Sie betrat die
Heiliggeistkirche und schlagartig verstummte der Trubel der Straße. Sie setzte
sich auf einen der Holzstühle im Chor und wäre gerne zur Ruhe gekommen. Es war
einfach zu viel passiert. Das war sie nicht gewohnt nach ihrem eher eintönigen
Arbeitsleben in Hamburg.
    Wieder stieg die Erinnerung an Fred in ihr auf. Jetzt
wünschte sie sich, sie würde mehr an Gott glauben, vielleicht hätte es sie
getröstet. Aber das Einzige, was sie innerlich hören konnte, waren Vorwürfe
wie: Du bist so ungerecht und lässt die Menschen grundlos leiden!, Das hätte
ich nicht von dir erwartet, dass du der Menschheit einen so tollen Mann wie
Fred wegnimmst. Und während sie innerlich vor sich hin polterte, kam sie doch
nicht darum herum zu spüren, dass da etwas war. Eine Präsenz, wie jemand, der
neben ihr saß und einfach nur still ihrer Wut zuhörte, oder jemand, der sie
behutsam auf dem Schoß hielt und wiegte, während sie wie ein kleines Kind um sich
schlug. Immer noch ungläubig verstummte sie nach und nach und ergab sich widerstrebend diesem Gefühl von Ruhe und
Geborgenheit. Sie sah die Staubkörnchen im Sonnenlicht tanzen und die
auf den Steinboden geworfenen Lichter der Kirchenfenster, die leicht an den
Rändern flackerten. Ein tiefer Seufzer schüttelte sie ein wenig, sie rieb sich
die Augen, erhob sich langsam aus dem knirschenden Geflecht des Stuhls und
schlenderte durch die Kirche, um einige Hinweistafeln zu den außergewöhnlichen
Kirchenfenstern, den Grabmälern und der Trennmauer zu lesen.
    Jetzt hätte sie sich den jungen Stadtführer an ihre Seite
gewünscht, damit er ihr die ersten Fragen beantworten konnte. So langsam
dämmerte ihr, dass die Stadtgeschichte wohl etwas komplexer war, als sie sich
das vorgestellt hatte. Bei ihm war alles so schlüssig und einleuchtend
erschienen. Aber Emily, du wirst doch jetzt nicht schon gleich wieder aufgeben,
mahnte sie sich. Dennoch schien ihr das Projekt „Stadtführerin“ nun doch etwas
größer als erwartet. Vielleicht sollte sie nochmal eben bei der Jobbörse in der
Triplex-Mensa nach einem anderen Job schauen – nur übergangsweise, bis sie ihr
Wissen über Heidelberg aufgebaut hätte?
    Als sie die alte Kirchentür öffnete, schlug ihr erneut der
Lärm der Hauptstraße ins Gesicht. Während sie zur Mensa schlenderte, dachte
Emily an ihre erste Begegnung mit Heidelberg im letzten Oktober zurück.
     
    Sie sah sich wieder auf der alten Brücke stehen und die Nase
hochziehen. Ihre Taschentücher waren nur noch nasse Fetzen. Sie war gestrandet.
Sie hatte sich von den zwei Kerlen ihrer Mitfahrgelegenheit am Heidelberger
Bahnhof absetzen lassen, weil sie deren Weibergeschichten und grässliche Musik
einfach nicht länger ertragen konnte. Nie wieder Mitfahrzentrale! Sie hätte
sich doch ein

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