Ein kalter Hauch im Untergrund - Neal Carey 1
Kitteredge«, sagte Ed. »Er ist der falsche Mann für diesen Job.«
»Es tut mir leid, Sie aus Ihrem Kurs holen zu müssen, aber Ihr Professor hat Verständnis dafür«, sagte Kitteredge. »Er ist ein Freund der Familie.«
Das war’s dann also, dachte Neal. Ihr habt mich gekauft, also gehöre ich euch auch.
»Es tut mir leid, Neal, aber diese Sache ist wichtig… lebenswichtig.«
Neal klappte die Akte zu und legte sie in seinen Schoß. Er erkannte, wann ein Schlußsatz gesprochen war. »Ich muß so bald wie möglich mit dem Senator und Mrs. Chase sprechen.«
Denn wenn jemand von zu Hause wegläuft, muß man dort mit der Suche beginnen.
»Das ist ein Fall für die New York Rangers«, sagte Neal zu Graham, als sie draußen waren.
»Er stinkt, das stimmt«, gab Graham zu. »Aber so ist das, mein Sohn. Irgendwie muß man halt die Miete zahlen.«
Sie folgten Levine.
»Nur, weil sie vor drei Wochen in London war, muß sie doch jetzt nicht mehr dort sein. Ein Kind mit so viel Geld könnte überall sein. Und selbst wenn sie noch in London wäre, gibt es da ja auch noch zwölf oder dreizehn Millionen andere Leute. Die Chance, sie zu finden…«
»Ist beschissen, ich weiß.«
Levine brachte sie ins Parkhaus.
Neal hatte sich festgebissen. »Was ist dann der Sinn dabei?«
»Der Sinn ist…. daß es dein Job ist. Du gibst dein Bestes, kassierst dein Geld und vergißt die ganze Sache.«
»Cool.«
»Hey.«
Sie marschierten die Auffahrt hoch. Was hat Ed nur gegen Fahrstühle, fragte Graham sich.
»Und warum wollen sie urplötzlich das Kind zurückhaben? Warum jetzt, warum nicht schon vor drei Monaten, als es abgehauen ist?«
»Frag sie das doch selbst.«
Sie hatten die dritte Ebene – orange – erreicht, als Ed sich umdrehte.
»Weißer Porsche. Der Mann heißt Rich Lombardi«, sagte er zu Neal. »Er ist Chases rechte Hand. Er brieft dich und bringt dich zu Chase.«
Graham versuchte ernst zu bleiben. Neal gab sich keine Mühe. »Was soll denn diese James-Bond-Nummer, Ed?«
»Das ist professionell.«
»A-ha.«
»Alles, was du wissen mußt, steht in der Akte.«
»Auch Allies Adresse in London?«
»Arschloch.«
»Ich brauche noch etwas Zeit in den Staaten.«
»Wozu?«
»Um etwas über das Mädchen herauszufinden. Um mit dem Jungen zu reden, der sie gesehen hat. Kleinscheiß eben.«
»Lies die Akte. Ich hab schon mit ihm geredet.«
»Dann such sie doch selbst.«
»Du hast nicht besonders viel Zeit diesmal.«
»Ach was.«
»Also mach dich auf die Socken.«
Graham legte seinen Gummiarm um Neals Schultern und zog ihn beiseite. »Du kennst doch Billy Connor, den Stadtrat. Weißt du, wieviel Schwarzgeld der verdient? Und jetzt denk dran, wieviel ein Vizepräsident kassiert. Vermassel es nicht, mein Sohn. Wir sehn uns in der Stadt.«
»Take it easy, Dad.«
Neal war ungefähr fünf Schritte weit gegangen, als er Eds freundliche Stimme hörte.
»Hey, Neal, versuch doch bitte, diese wenigstens am Leben zu lassen, okay?!«
Der Mann auf dem Fahrersitz des weißen Porsche las im Providence Journal, als Neal ans Fenster klopfte. Er mußte so um die Dreißig sein. Dichtes, welliges, schwarzes Haar, durch einen Kurzhaarschnitt gebändigt. Braune Augen, Bügelfaltenjeans, roter Sweater, Joggingschuhe. Weiße Socken. Er wirkte zuversichtlich und motiviert und gehörte vermutlich zu den Typen, die in den Spiegel sahen und sagten: »Zuversichtlich und motiviert.«
Der Mann lächelte, als er das Fenster runterkurbelte. »Sie sind Neal Carey, stimmt’s?«
»Wenn Sie wissen, daß ich Neal Carey bin, müssen Sie Rich Lombardi sein.«
»Hey, wir haben beide recht.«
Neal trat einen Schritt zurück, damit Lombardi die Tür öffnen und aussteigen konnte. Lombardi schüttelte Neals Hand, als wäre sie der Schwengel einer Geldpumpe.
»Ich muß sagen, ich bin froh, daß Sie an Bord sind, Neal.«
Muß er mir das sagen?
Er nahm Neals Tasche und warf sie auf den Rücksitz. »Springen Sie rein.«
Neal sprang rein. Genaugenommen sank er tief in das Polster des Beifahrersitzes. Wenn Chases Helferlein schon einen Porsche fuhr…
»Wir haben gehört, daß Sie der Beste sind.«
»Hey, Rich?«
»Ja, Neal?«
»Können Sie mir einen Gefallen tun?«
»Klar, Sie tun uns schließlich auch einen, nicht wahr?«
»Dann hören Sie auf, mir Honig um den Bart zu schmieren.«
»Kein Problem, geht klar.« Er ließ den Wagen an, warf einen flüchtigen Blick in den Rückspiegel und setzte zurück.
»Wohin fahren wir,
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