Ein Kampf um Rom
Bädern von Epidaurus. Eile dich. In fünfzehn Tagen mußt du zurück sein, nicht einen
halben später. Italiens Schicksal harrt auf deine Wiederkunft.«
Sowie Prokop mündlich die Antwort Belisars dem Gotenkönig überbracht, berief dieser in seinen Palast die Führer des Heeres,
die vornehmsten Goten und eine Anzahl von vertrauten einfach Freien, teilte ihnen das Geschehene mit und forderte ihre Zustimmung.
Wohl waren sie anfangs mächtig überrascht: und ein Schweigen des Staunens folgte auf seine Worte. Endlich sprach Herzog Guntharis,
mit Rührung auf den König blickend: »Die letzte deiner Königstaten, Witichis, ist so edel, ja edler als alle deine früheren.
Dich bekämpft zu haben, werd’ ich ewig bereuen. Ich habe mir lange geschworen, es zu sühnen, indem ich dir blindlings folge.
Und wahrlich: in diesem Fall hast du zu entscheiden: denn du opferst das Höchste: eine Krone. Soll aber ein andrer als du
König sein,– leichter mögen die Wölsungen einem Fremden, einem Belisar, als einem Goten nachstehn. Und so folg’ ich dir und
sage: ja, du hast gut und groß gehandelt.«
»Und ich sage nein! und tausendmal nein!« rief Hildebad. »Bedenkt, was ihr tut! Ein Fremder an der Spitze der Goten!«
»Was ist das andres, als was andre Germanen vor uns getan, Quaden und Heruler und Markomannen?« sagte Witichis ruhig, »ja,
was andres, als was unsre glorreichsten Könige und selbst Theoderich getan? Sie leisteten dem Kaiser Waffendienst und erhielten
dafür Land. So lautet der Vertrag, nach dem Theoderich Italien von Kaiser Zeno nahm. Ich erachte Belisar nicht geringer als
Zeno und mich wahrlich nicht besser als Theoderich.«
»Ja, wenn es Justinian wäre«, fügte Guntharis bei. »Nie unterwerf ’ ich mich dem feigen und falschen Tyrannen. AberBelisarius ist ein Held.– Kannst du das leugnen, Hildebad? Hast du vergessen, wie er dich vom Gaul gerannt?«
»Schlag mich der Donner, wenn ich’s ihm vergesse. Es ist das einzige, was mir an ihm gefallen hat.«
»Und das Glück ist mit ihm, wie mit mir das Unglück war. Und wir bleiben frei wie bisher und schlagen nur seine Schlachten
gegen Byzanz. Er wird uns Rache schaffen an dem gemeinsamen Feind.«
Und fast alle Versammelten stimmten bei.
»Nun, ich kann euch nicht in Worten widerlegen«, rief Hildebad.– »Von je hab’ ich die Zunge ungefüger, als die Axt geführt.–
Aber ich fühl’ es deutlich: ihr habt unrecht.– Hätten wir nur den schwarzen Grafen hier: der würde sagen können, was ich nur
spüre. Mögt ihr’s nie bereuen! Mir aber sei’s vergönnt, aus diesem ungeheuerlichen Mischreich davonzugehn. Ich will nicht
leben unter Belisar. Ich zieh’ auf Abenteuer in die Welt: mit Schild und Speer und groben Hieben kommt man weit.«
Witichis hoffte, den treuen Gesellen in vertrautem Gespräch wohl noch umzustimmen. Er fuhr jetzt in der Sache fort, die ihm
so sehr am Herzen lag.
»Vor allem hat sich Belisar Schweigen ausbedungen, bis er Ravenna besetzt hat. Es steht zu fürchten, daß einige seiner Heerführer
mit ihren Truppen von einer Empörung gegen Justinian nichts wissen wollen. Diese, sowie die verdächtigen Quartiere von Ravenna,
müssen von den Goten und den verlässigen Anhängern Belisars umstellt sein, ehe die Entscheidung fällt.«
»Hütet euch«, warnte Hildebad, »daß ihr nicht selbst in diese Grube fallt! Wir Goten sollen uns nicht aufs Feinspinnen verlegen.
’s ist, wie wenn der Waldbär auf das Seil steigt – er fällt doch über kurz oder lang. Lebt wohl – mög’ es besser ausfallen,
als ich ahne.
Ich gehe, von meinem Bruder Abschied zu nehmen. Der, wie ich ihn kenne, wird wohl mit diesem Römer-Goten-Staate sich versöhnen.
Der schwarze Teja aber, denk’ ich, zieht mit mir davon.« –
Am Abend durchlief die Stadt das Gerücht von einer Kapitulation. Die Bedingungen waren ungewiß. Aber gewiß war, daß Belisar
auf Verlangen des Königs große Vorräte von Brot, Fleisch und Wein in die Stadt schickte, welche an die Armen verteilt wurden.
»Er hat Wort gehalten!« sagten diese und segneten den König.
Dieser erkundigte sich nun nach dem Befinden der Königin und erfuhr, daß sie sich langsam wieder beruhige und erhole.
»Geduld«: – sprach Witichis aufatmend – »auch sie wird bald frei und meiner ledig.«
Es dunkelte bereits, als eine starke Schar berittner Goten sich aus der innern Stadt nach der Mauerlücke am Turm des Aëtius
wandte.– Ein langer
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