Ein Kampf um Rom
geducktkauernder Stellung aufschnellend wie ein Panther, der Maure an den Hals, mit der Linken seine Gurgel umkrallend, in der Rechten
blitzte das Messer. Aber der Gote ließ die Axt fallen: ein Ruck seiner Rechten, und wie eine fortgeschleuderte Kugel flog
der Angreifer zur Seite, die Türe hinaus, und rollte die Stufen hinab auf die Straße.
»Wo bist du, Cethegus?« scholl nun Tejas Stimme, näher und näher dringend im Atrium, Vestibulum.
Einige Türen, welche der Schreibsklave Fidus verriegelt hatte, sprengte rasch sein Beil. Nur wenige Schritte trennten die
beiden Männer. Mühsam hatte sich Cethegus bis in die Mitte des Zeussaals geschleppt. Er hoffte, immer noch das Schreibgemach
erreichen und aus der Cäsarstatue die anvertrauten Schriften und Schätze nehmen zu können. Da krachte nochmals eine gesprengte
Tür, und Cethegus hörte Tejas Stimme aus dem Schreibgemach.
»Wo bist du, Cethegus, Hausherr?«
Atemlos lauschte Cethegus. Er hörte, wie in der Bibliothek der Teja nachdringende Haufe die Ahnenbilder und die Büsten zerschlug.
»Wo ist dein Herr, Alter?« rief Tejas Stimme.
Der Sklave hatte sich in das Schreibgemach geflüchtet.
»Ich weiß es nicht, bei meiner Seele.«
»Auch hier nicht? Cethegus, Feigling! Wo steckst du?«
Da hatte auch die Menge offenbar das Schreibgemach erreicht. Cethegus vermochte nicht mehr zu stehen. Er lehnte sich an den
marmornen Jupiter.
»Was wird mit dem Hause?«
»Verbrannt wird es!« antwortete Teja.
»Der König hat das Brennen verboten«, mahnte Thorismuth.
»Ja! dies Haus aber hab’ ich mir vom König erbeten. Es wird verbrannt und der Erde gleichgemacht. Nieder mit dem Tempel des
Teufels! Nieder mit seinem Allerheiligsten – – dem Götzen hier!«
Und ein furchtbarer Schlag erscholl. Krachend, schmetternd stürzte die Cäsarstatue in vielen Trümmern auf den Mosaikboden.
Goldstücke, Kästchen, Kapseln rollten umher.
»Ah, der Barbar!« schrie Cethegus außer sich.
Und alles vergessend, wollte er mit dem Schwert in das Schreibgemach stürmen. Da fiel er bewußtlos auf das Antlitz nieder
zu Füßen der Jupiterstatue.
»Horch, was war das?« fragte eine Knabenstimme.
»Die Stimme des Präfecten!« rief Teja und riß die Türe auf, welche das Schreibgemach von dem Zeussaal trennte.
Mit dem Brande vorleuchtend und hoch die Streitaxt schwingend sprang er in den Saal. Aber der Saal war leer. Eine Blutlache
lag zu den Füßen des Jupiter, und eine breite Blutspur führte von da an das Fenster, welches in den Hofraum blickte. Der Hof
war leer. Nacheilende Goten aber fanden die kleine Hofpforte geschlossen, und zwar von außen. Der Schlüssel steckte auf der
Straßenseite im Schloß. Als man mit Mühe nach langer Arbeit auch diese Türe gesprengt – gleichzeitig fast hatten andre Goten,
aus dem Haupteingang auf die Straße und um die Ecke des Hauses eilend, die schmale Seitengasse erreicht – und die Gasse mit
deren Gebäuden absuchte, fand man nur an der Ecke das Schwert des Präfecten, welches Fidus, der Schreibsklave, erkannte. Finster
blickend nahm es Teja und kehrte in das Schreibgemach zurück.
»Lest alles sorgsam auf, was des Präfecten Götzenstatue barg. Hört ihr, alles. Schreibereien zumal, und bringt sie dem König
– wo ist der König?«
»Aus dem Capitol zog er mit Römern und Goten in das Heiligtum Sanct Peters, dort mit allem Volk das Dankgebet zu sprechen.«
–
»Gut, sucht ihn in der Kirche und bringt ihm alles. Dazu des Entflohnen Schwert. Sagt: Teja schickt ihm das.«
»Soll geschehn. Du aber – gehst du nicht mit zum König und in die Kirche?«
»Nein.«
»Wo verbringst du die Siegesnacht und den Dankgottesdienst?«
»Auf den Trümmern dieses Hauses!« sprach Teja.
Und er stieß den Brand in die Purpurteppiche des Lagers.
Zweite Abteilung
Erstes Kapitel
Und fortan hielt König Totila Hof zu Rom herrlich und in Freuden. Des Krieges schwerste Aufgabe schien getan. Nach dem Falle
von Rom öffneten die meisten kleinen Festungen an der Küste oder im Gebirg des Apennin die Tore, nur wenige mußten belagert
und erobert werden. Dazu sandte der König seine Feldherrn aus: Teja, Guntharis, Grippa, Markja, Aligern: während er selbst
zu Rom die schwere, die staatsmännische Aufgabe übernahm, das durch langjährigen Krieg und Aufstand zerrüttete Reich zu beruhigen,
neu zu ordnen, beinahe neu zu gründen. In alle Landschaften und Städte sandte er seine Herzöge und Grafen, in allen
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