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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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Götter,
     an deren Altären wir gemeinsam in den ersten Träumen der Jugend geopfert, sind auch diese Götter mit mir selbst gereift.
    Du wichest vom italischen Boden, als Bosheit, Gewalt, Verrat, als alle dunkeln Mächte darauf wüteten. Siehe: sie sind verschwunden,
     hinweggehaucht, hinweggesonnt: fernab ziehen grollend die besiegten Dämonen: ein Regenbogen wölbt sich schimmernd über diesem
     Reich. Mich aber hat, nachdem bessere Kräfte glücklos, sieglos erlegen, mich hat der Himmel begnadigt, das Ende des furchtbaren
     Gewittersturms zu schauen und die Saat zu streuen einer neuen Zeit.
    Komm nun, mein Julius: hilf mir jene Träume erfüllen, die du dereinst als Träume belächelt. Hilf mir, aus Goten und Italiern
     ein neues Mischvolk schaffen, das beider Vorzüge vereint, das beider Fehler ausschließt. Hilf mir erbauen ein Reich des Rechtsund des Friedens, der Freiheit und der Schönheit, geadelt durch italische Anmut, getragen durch germanische Kraft.
    Du hast, mein Julius, der Kirche ein Kloster gebaut:– hilf mir nun, der Menschheit einen Tempel bauen. Einsam bin ich, Freund,
     auf der Höhe des Glücks. Einsam harrt die Braut der vollen Lösung des Gelübdes entgegen. Den treuen Bruder hat mir der Krieg
     geraubt. Willst du nicht kommen, mein dioskurischer Bruder? In zwei Monaten warte ich dein im Kloster zu Taginä mit Valeria.«
    Und Julius las: und mit gerührter Seele sprach er vor sich hin:
    »Mein Freund, ich komme.«
     
    Ehe König Totila von Rom nach Taginä aufbrach, beschloß er, eine Schuld tiefen Dankes abzutragen und ein Verhältnis würdig,
     das heißt schön, zu gestalten, das bisher seiner nach Harmonie verlangenden Seele nicht entsprach: sein Verhältnis zu dem
     ersten Helden seines Volks, zu Teja. Sie waren seit früher Knabenzeit befreundet. Obwohl Teja um mehrere Jahre älter, hatte
     er doch die Tiefe des Jüngern unter der glänzenden Hülle des Frohsinns von je erkannt und geehrt. Und ein gemeinsamer Zug
     zum Schwungvollen und Idealen, ja ein gewisser Stolz und Hochsinn hatte sie früh zueinander gezogen.
    Später freilich hatte entgegengesetztes Geschick die von Anfang verschieden angelegten Naturen weit auseinander geführt. Die
     sonnenhelle Art des Einen war wie blendende Verletzung grell in das nächtige Dunkel des andern gefallen. Und Totila hatte
     in rascher Jugendlust das Düster des Schweigsamen, das er in seinem Wesen nicht begriff, in seinen Ursachen nicht kannte,
     nach wiederholten warmen Versuchen der Umstimmung als krankhaft von sich ferngehalten.
    Des mildren Julius, obzwar auch ernste, aber sanftre Weise, dann die Liebe, hatte den Freund aus der Knabenzeit zurückgedrängt.
     Aber die letzten reifenden Jahre seit dem nächtigen Blut- und Bruderbund, die Leiden und Gefahren seit dem Tod des Valerius
     und Miriams, dem Brand von Neapolis, der Not vor Rom, dem Frevel zu Ravenna und Castra Nova und zuletztdie Pflichten und Sorgen des Königtums hatten den Jüngling, den ungeduldig fröhlichen, so voll gereift, daß er dem dunklern
     Freunde voll gerecht werden konnte.
    Und was hatte dieser Freund geleistet, seit jener Bundesnacht! Wenn die andern alle müde erlahmten: Hildebads Ungestüm, Totilas
     Schwung, Witichis’ ruhige Stete, selbst des alten Hildebrand eisige Ruhe   – Teja hatte nie geseufzt und immer gehandelt, nie gehoft und immer gewagt. Zu Regeta, vor Rom, nach Ravennas Fall und wieder
     vor Rom – was hatte er nicht geleistet! Was schuldete ihm das Reich! Und er nahm keinen Dank.
    Wie eine Kränkung hatte er es abgewiesen, als ihm schon Witichis die Herzogswürde, Gold und Land bot. Einsam, schweigend schritt
     er melancholisch durch die Straßen Roms, im Sonnenschein von Totilas Nähe der letzte Schatten. Die schwarzen Augen tief gesenkt,
     stand er zunächst an des Königs Thron. Wortlos stahl er sich von des Königs Festen.– Nie kamen Rüstung und Waffen von seinem
     Leibe. Nur im Kampfe lachte er manchmal, wenn er mit den Tod verachtender oder den Tod suchender Kühnheit in die Speere der
     Byzantiner sprang: dann schien ihm wohl zu sein: dann war alles an ihm Leben, Raschheit und Feuer.
    Man wußte im Gotenvolk, zumal Totila wußte es noch aus frühester Jünglingszeit, daß die Gabe des Gesanges in Lied und Wort
     dem schwermutvollen Helden eigen war. Aber seit er aus seiner Gefangenschaft in Griechenland zurückgekehrt war, hatte man
     nie ihn bewegen können, eines seiner glühenden, tief verhaltnen Lieder anzustimmen vor andern:

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