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Ein Kampf um Rom

Ein Kampf um Rom

Titel: Ein Kampf um Rom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felix Dahn
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Hildebrand die Kette der Hände
     und sprach: »Und auf daß ihr’s wißt, welche Weihe diese Stätte hat für mich,– jetzt auch für euch,– warum ich euch zu solchem
     Tun gerade hierher beschieden und zu dieser Nacht – kommt und sehet.«
    Und also sprechend erhob er die Fackel und schritt voran hinter den mächtigen Stamm der Eiche, vor der sie geschworen. Schweigend
     folgten die Freunde, bis sie an der Kehrseite des alten Baumes hielten und hier mit Staunen grade gegenüber der Rasengrube,
     in welcher sie gestanden, ein breites offenes Grab gähnen sahen, von welchem die deckende Felsplatte hinweggewälzt war: da
     ruhten in der Tiefe, im Licht der Fackel geisterhaft erglänzend, drei weiße, lange Skelette, einzelne verrostete Waffenstücke,
     Lanzenspitzen, Schildbuckel lagen daneben. Die Männer blickten überrascht bald in die Grube, bald auf den Greis. Dieser leuchtete
     lange schweigend in die Tiefe. Endlich sagte er ruhig:
    »Meine drei Söhne. Sie liegen hier über dreißig Jahre. Sie fielen auf diesem Berg, in dem letzten Kampf um die Stadt Ravenna.
     Sie fielen in Einer Stunde, heute ist der Tag. Sie sprangen jubelnd in die Speere – – für ihr Volk.«
    Er hielt inne. Mit Rührung sahen die Männer vor sich hin. Endlich richtete sich der Alte hoch auf und sah gen Himmel.
    »Es ist genug«, sagte er, »die Sterne bleichen. Mitternacht ist längst vorüber. Geht, ihr andern, in die Stadt zurück. Du,
     Teja, bleibst wohl bei mir – dir ist ja vor andern, wie des Liedes, der Trauer Gabe gegeben – und hältst mit mir die Ehrenwacht
     bei diesen Toten.«
    Teja nickte und setzte sich, ohne ein Wort, zu Füßen des Grabes, wo er stand, nieder. Der Alte reichte Totila die Fackel undlehnte sich Teja gegenüber auf die Felsplatte. Die andern drei winkten ihm scheidend zu. Und ernst und in schweigende Gedanken
     versunken stiegen sie hinunter zur Stadt.

Drittes Kapitel
    Wenige Wochen nach jener nächtlichen Zusammenkunft bei Ravenna fand zu Rom eine Vereinigung statt, ebenfalls heimlich, ebenfalls
     unter dem Schutze der Nacht, aber von ganz andern Männern zu ganz andern Zwecken. Das geschah an der appischen Straße nahe
     dem Coemeterium des heiligen Calixtus in einem halbverschütteten Gang der Katakomben, jener rätselhaften unterirdischen Wege,
     welche unter den Straßen und Plätzen Roms fast eine zweite Stadt bildeten. Es sind diese geheimnisvollen Räume – ursprünglich
     alte Begräbnisplätze, oft die Zuflucht der jungen Christengemeinde – so vielfach verschlungen und ihre Kreuzungen, Endpunkte,
     Aus- und Eingänge so schwierig zu finden, daß nur unter ortvertrautester Führung ihre inneren Tiefen betreten werden können.
    Aber die Männer, deren geheimen Verkehr wir diesmal belauschen, fürchteten keine Gefahr. Sie waren gut geführt. Denn es war
     Silverius, der katholische Archidiakonus der alten Kirche des heiligen Sebastian, welcher unmittelbar von der Krypta seiner
     Basilika aus die Freunde auf steilen Stufen in diesen Zweigarm der Gewölbe geführt hatte, und die römischen Priester standen
     in dem Rufe, seit den Tagen der ersten Bekenner Kenntnis jener Labyrinthe fortgepflanzt zu haben.
    Die Versammelten schienen auch sich hier nicht zum ersten Mal einzufinden: die Schauer des Ortes machten wenig Eindruck auf
     sie. Gleichgültig lehnten sie an den Wänden des unheimlichen Halbrunds, welches, von einer bronzenen Hänglampe spärlich beleuchtet,
     den Schluß des niedrigen Ganges bildete, gleichgültig hörten sie die feuchten Tropfen von der Decke zur Erde fallen, und wenn
     ihr Fuß hie und da an weiße, halbvermoderte Knochen stieß, schoben sie auch diese gleichgültig auf die Seite.
    Es waren außer Silverius noch einige andere rechtgläubige Priester und eine Mehrzahl vornehmer Römer aus den Adelsgeschlechtern
     des westlichen Kaiserreichs anwesend, welche seit Jahrhunderten in fast erblichem Besitz der höheren Würden des Staates und
     der Stadt geblieben. Schweigend und aufmerksam beobachteten sie die Bewegungen des Archidiakons, welcher sich, nachdem er
     die Erschienenen gemustert und in einige der einmündenden Gänge, in deren Dunkel man junge Leute in priesterlichen Kleidern
     Wache halten sah, prüfende Blicke geworfen hatte, jetzt offenbar anschickte, die Versammlung in aller Form zu eröffnen. Noch
     einmal trat er auf einen hochgewachsenen Mann zu, der ihm gegenüber regungslos an der Mauer lehnte, und mit welchem er wiederholt
     Blicke getauscht hatte:

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